Ein Vampir fuer alle Sinne
wenig beruhigt. Zwar würde sie noch mehr Blut benötigen, um wieder voll leistungsfähig zu sein, doch das konnte Paul ihr nicht geben.
Wieder sah sie ihn an, wie er zusammengesunken dasaß, den Kopf nach hinten gelehnt, die Augen geschlossen. Jeanne Louise vermutete, dass er ohnmächtig geworden war. Für den Moment konnte sie ihn hier allein zurücklassen. Sie stieg aus und ging zum Picknicktisch, um Boomer zu holen, als sie einen Mann dabei beobachtete, wie er die Hundeleine vom Tischbein löste. Mit der Geschwindigkeit einer Unsterblichen schoss sie auf den Fremden zu, der erschrocken zusammenzuckte, als sie plötzlich neben ihm stand.
»Oh.« Er kniff verwirrt die Augen zusammen und sah sich um. »Ist das Ihrer? Ich wollte gerade nachsehen, ob mit ihm alles in Ordnung ist.«
Jeanne Louise sah ihn argwöhnisch an. Er log, und in Wahrheit wollte er Boomer mitnehmen. Er war einer von diesen Mistkerlen, die Hunde und Katzen aus Gärten und von Spielplätzen mitnahmen, um sie an Versuchslabore zu verschachern. Er war mit einem Transporter voll mit gestohlenen Tieren unterwegs, aber der Anblick des angeleinten und scheinbar allein zurückgelassenen Hundes war einfach zu verlockend gewesen. Er hatte anhalten müssen, um dieses Tier auch noch mitzunehmen, wie Jeanne Louise in seinen Gedanken lesen konnte.
Sie übernahm die Kontrolle über ihn, damit er ihr Boomer aushändigte, dann ließ sie sich von ihm zu seinem Transporter führen, der nur ein paar Meter von ihnen entfernt stand. Er machte die hintere Tür des Wagens auf, und zum Vorschein kamen zwei Reihen mit je vier Käfigen, in denen jeweils mindestens zwei Tiere eingesperrt waren, vorwiegend Hunde, aber auch ein paar Katzen.
Wütend kniff Jeanne Louise die Lippen zusammen und veranlasste den Mann dazu, sein Handy aus der Tasche zu ziehen, um anonym bei der Polizei anzurufen und zu melden, dass er einen Mann entdeckt hatte, der mit einem Lieferwagen voll mit gestohlenen Tieren am Park stand. Dann musste sie erst noch einen Blick auf das Schild am Eingang zum Park werfen, damit sie ihn den richtigen Namen durchgeben lassen konnte.
Nachdem er sein Handy weggesteckt hatte, packte Jeanne Louise ihn am Kragen und zog ihn zu sich nach unten, damit sie ihre Zähne in seine Schlagader bohren konnte. Er stöhnte auf, als sie zubiss, aber das war kein lustvolles Stöhnen, da sie sich bei ihm nicht die Mühe machte, seinen Schmerz zu übertünchen. Allerdings würde er sich später nicht daran erinnern, da sie diese Begegnung aus seinem Gedächtnis löschen würde.
Diesmal trank sie ganz gezielt so viel Blut, dass der Mann vor Schwäche zusammenbrach und ohnmächtig wurde. Dann drehte sie sich mit ihm um und ließ sein Hemd los, sodass er rücklings zwischen den beiden Käfigreihen landete. Seine Füße ragten aus der offenen Tür heraus, aber das kümmerte sie nicht. Stattdessen ging sie mit Boomer zusammen zurück zu Pauls Wagen.
Der Hund gesellte sich zu seinem Herrchen auf der Rückbank, während Jeanne Louise auf dem Fahrersitz Platz nahm. Jetzt fühlte sie sich wieder richtig gut. Sie würde den Rest der Strecke bis nach Ipperwash fahren, während Paul schlief und sich erholte.
Als sie Augenblicke später den Parkplatz verließ, hielt gerade ein Polizeiwagen hinter dem Transporter mit den gestohlenen Tieren. Der Anblick ließ sie zufrieden lächeln, weil sie wusste, dass heute oder spätestens in den nächsten Tagen viele Leute glücklich darüber sein würden, dass ihnen ihr Haustier zurückgebracht wurde. Das ließ sie jeden Ansatz eines schlechten Gewissens ignorieren, das sich hätte regen können, weil sie diesen widerwärtigen Sterblichen gebissen hatte.
7
»Ich habe Durst, Jeanie.«
»Beim Einchecken habe ich ein paar Snacks und Getränke gekauft, Herzchen. Du bekommst was zu trinken, sobald ich dich und Boomer in unser Motelzimmer gebracht habe, okay?«
Paul schlug die Augen auf, als er ein Klicken hörte, das der sanften Stimme folgte. Das Geräusch war durch das Zudrücken der Wagentür entstanden, wie ihm jetzt klar wurde, als er den Kopf hob und sah, wie Jeanne Louise mit Livy und Boomer in ein flaches, längliches Gebäude entschwand, vor dem sein Wagen parkte.
Er schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen, dann setzte er sich gerade hin und rieb sich übers Gesicht. Er fühlte sich erschöpft, auch wenn er sich das im ersten Moment nicht erklären konnte. Aber dann erinnerte er sich allmählich an den Park, daran, dass er Jeanie
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