Ein Vampir fuer alle Sinne
ihr um. Das Rascheln der Einkaufstasche verriet ihm, dass sie die Sachen an sich nahm, gleich darauf war ein leises Klicken zu hören, als die Tür zwischen Schlafzimmer und Bad zugezogen wurde.
Seufzend strich er eine Strähne aus Livys Stirn. »Keine Angst, mein Schatz«, murmelte er und streichelte mit einem Finger ihre Wange. »Daddy ist bei dir. Er wird dich nicht sterben lassen.«
Paul sah aus dem Fenster hinaus auf den Parkplatz, als Jeanne Louise aus dem Badezimmer kam. Sie hatte ihren Slip im Waschbecken eingeweicht und ausgewrungen, so gut sie konnte. Während sie unter der Dusche stand, ließ sie den Slip ein wenig trocknen, aber das reichte natürlich nicht, und als sie mit dem Duschen fertig war, zog sie ihn wieder an. Dann würde er eben auf der Haut trocknen, wichtig war nur, dass sie ihn ausgewaschen hatte.
Das T-Shirt, das Paul für sie mitgebracht hatte, entpuppte sich zu ihrem Schrecken als etwas zu klein und spannte sich über ihre Brüste wie eine zweite Haut. Zudem war es so kurz, dass es kaum bis über den Bauchnabel reichte. Kopfschüttelnd betrachtete sie sich im Spiegel, bis sie sich mit einem Schulterzucken in ihr Schicksal fügte. Ein Badeanzug hätte schließlich weniger von ihrem Körper bedeckt als diese Kombination.
Sie zog die Jeans aus der Einkaufstasche, packte ihre schmutzigen Sachen hinein und verließ das Badezimmer. Die Tasche stellte sie am Fußende von Livys Bett ab und legte die Jeans darauf. Schließlich ging sie um das Bett herum und schlug die Decke auf ihrer Seite zurück.
»Jesus.«
Jeanne Louise hielt inne und drehte sich zu Paul um, von dem der Ausruf gekommen war. Er stand da und starrte sie mit großen Augen an, als wolle er sie bei lebendigem Leib verschlingen. Sie zwang sich, einfach weiterzumachen, und legte sich zu Livy ins Bett. Als sie sich zugedeckt hatte, kam Paul zu ihr.
»Du musst nicht bei Livy schlafen, das wollte ich machen«, flüsterte er und ließ seinen Blick über die Decke wandern, als könne er durch den Stoff hindurch immer noch ihren Körper sehen. »Sie tritt im Schlaf um sich.«
»Ist schon okay«, erwiderte sie und drehte sich auf die Seite. »Das Bett ist groß genug, das gibt keine Probleme.«
Nach kurzem Zögern wurde ihm klar, dass er gar keine andere Wahl hatte. Also machte er das Licht aus und ging ins Badezimmer, das noch erleuchtet war.
»Himmel«, murmelte er, als er die Tür hinter sich geschlossen und sich dagegengelehnt hatte. Offenbar hatte er das T-Shirt für Jeanne Louise in der falschen Größe erwischt. Oder genau in der richtigen, je nach Standpunkt, fügte er ironisch an. Dass er sie angestarrt hatte, wusste er nur zu gut. Aber ihr Anblick hatte ihm auch die Sprache verschlagen, als sie um das Bett herumgegangen war. Wenn er ehrlich war, dann hatte er insgeheim schon gehofft, sie würde vorschlagen, sich zu ihm ins Bett zu legen, wenn Livy im Schlaf tatsächlich so um sich trat. Zu seiner Enttäuschung war sie darauf nicht eingegangen.
Kopfschüttelnd stieß er sich von der Tür ab und ging zur Dusche. Er würde heute Abend kalt duschen, so viel stand fest. Schlaf würde er vermutlich keinen kriegen, sondern hellwach im Bett liegen und daran denken, dass Jeanne Louise Argeneau gleich nebenan halb nackt in ihrem Bett lag und schlief.
»Verdammt«, flüsterte er und begann sich auszuziehen.
»Guten Morgen, die Herrschaften.«
Jeanne Louise warf dem Motelbesitzer nur einen flüchtigen Blick zu und murmelte beiläufig ein »Guten Morgen«, da sie sich vor allem darauf konzentrierte, dass Livy ihr Frühstück aß. Als die Kleine am Morgen aufgewacht war, hatte sie sich als ungehalten und fahrig erwiesen. Sie hatte wieder Kopfschmerzen. Zwar zum Glück diesmal nur recht leichte, aber Jeanne Louise war erneut gezwungen gewesen, diese Schmerzen zu überdecken und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Livy etwas in den Magen bekam. Da blieb wenig Spielraum, um sich auch noch um die Anliegen des Motelbesitzers zu kümmern.
Zum Glück konnte sich Paul des Mannes annehmen, den er freundlich grüßte. Beide hatten sich erst vor Kurzem kennengelernt, als Paul vom Diner gleich nebenan in sein Büro gegangen war, um für das Zimmer zu bezahlen.
»Ich habe Jack angerufen, einen Freund von mir. Ihm gehören ein paar Cottages am Strand. Ich habe ihm erzählt, dass Sie gern eins mieten würden«, verkündete der Mann gut gelaunt. »Wie sich herausstellt, hat ein Gast abgesagt, der ein Cottage bis nächsten Samstag gebucht hatte.
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