Ein Vampir fuer alle Sinne
Besorgungen einfiel.
»Was macht Livys Kopf?«, fragte er, als sie auf den Parkplatz eines großen Einkaufszentrums einbogen.
Jeanne Louise riss den Zettel vom Block und steckte ihn ein, dann sah sie über die Schulter. Sie tauchte in die Gedanken des Mädchens ein, als würde sie den großen Zeh ins Badewasser tauchen, um die Temperatur zu prüfen. Erleichtert stellte sie fest, dass Livy momentan keine Schmerzen hatte.
»Im Augenblick geht’s ihr gut«, sagte sie und holte das Mädchen aus dem Schlaf.
Lily öffnete die Augen einen Spaltbreit, war aber sofort hellwach. »Sind wir schon da?«
»Ja«, antwortete Jeanne Louise lachend.
»Sieht ziemlich voll aus«, stellte Paul fest, als er auf der Suche nach einem freien Platz an Reihen von Autos vorbeifuhr.
»Wir haben ja auch Samstag«, machte sie ihm klar.
»Hmm. Ich schlage vor, ich setze euch beide am Eingang ab, dann suche ich weiter nach einem Parkplatz und komme zu euch, sobald ich fündig geworden bin.« Er sah sich um und entdeckte den nächstgelegenen Eingang.
»Ich muss aufs Klo«, verkündete Livy.
»Ich auch«, erklärte Jeanne Louise.
»Schön«, meinte Paul amüsiert. »Ich übrigens auch. Dann treffen wir uns vor den Toiletten, die sich am nächsten zu diesem Eingang da befinden.« Er wurde langsamer und brachte den Wagen vor den großen Türen zum Stehen.
Jeanne Louise nickte zur Bestätigung, stieg aus und schnappte gequält nach Luft, als sie sich mitten im Sonnenschein wiederfand. Sie löste den Gurt am Kindersitz und hob Livy aus ihrem Sitz. »Dann bis gleich«, sagte sie zu Paul, machte die Tür zu und ging mit dem Mädchen an der Hand zum Eingang.
Sie betraten das klimatisierte Einkaufszentrum, das nach der Hitze auf dem Parkplatz fast schon eiskalt wirkte. Jeanne Louise stieß einen leisen Seufzer aus, da sie glücklich darüber war, nicht länger der Sonne ausgesetzt zu sein. Paul hatte sie am Eingang zur Restaurantmeile abgesetzt, einem weitläufigen Bereich mit zahlreichen Tischen in der Mitte, die umgeben waren von Lokalen, die Essen aus aller Welt anboten. Zum Glück war die Frühstückszeit vorbei, und es dauerte noch eine Weile, ehe die ersten Gäste zum Mittagessen herkommen würden, weshalb es jetzt angenehm ruhig war und nur wenige Tische belegt waren. Hier und da saßen ein paar Leute und unterhielten sich bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wasser.
Ein Blick nach oben zeigte das international gebräuchliche Piktogramm, das den Weg zu den Toiletten wies. Jeanne Louise nahm Livys Hand, dann folgten sie den Pfeilen und mussten nur wenigen Leuten ausweichen, die ihnen in den Weg liefen. Auf den Toiletten herrschte um diese Zeit auch kein Ansturm, sodass sie unter mehreren Kabinen wählen konnten. Jeanne Louise dirigierte Livy in die mittlere Kabine.
»Soll ich mitkommen?«, fragte sie ein wenig unschlüssig.
»Nein danke. Ich bin schon ein großes Mädchen«, erwiderte Livy und schlug die Tür hinter sich zu.
Etwas an der Art, wie die Kleine das gesagt hatte, ließ Jeanne Louise grinsen. Kopfschüttelnd ging sie zu den Waschbecken und lehnte sich dagegen, während sie wartete. Im nächsten Augenblick kam eine Frau mittleren Alters herein und lächelte Jeanne Louise flüchtig an, die das Lächeln erwiderte. Dann aber erstarrte sie in ihrer Bewegung, als sie den Geruch wahrnahm, der ihr von der Frau entgegenschlug. Blut. Das Aroma hing intensiv in der Luft, nachdem die Frau vorbeigegangen war, dennoch war es mehr als zweifelhaft, dass es einem Sterblichen auffallen würde. Der Geruch verursachte ein Ziehen in ihren Fangzähnen. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, wie hungrig sie in Wahrheit war, hungrig nach der metallisch schmeckenden Flüssigkeit, deren Aroma die Luft um sie herum schwängerte. Entweder hatte die Frau eine Verletzung oder sie hatte ihre Tage.
Jeanne Louise atmete tief durch die Nase ein, ihr Blick folgte der Frau, die an den Kabinen entlangging. Als sie sich für die größere, eigentlich für Behinderte vorgesehene Kabine entschied, dachte Jeanne Louise gar nicht erst nach, sondern stieß sich vom Waschbecken ab und folgte der Frau in die Kabine, wobei sie gleichzeitig in deren Geist eindrang, um sie zu kontrollieren. Als sie die Tür schloss, stand die Frau da und starrte vor sich hin, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
Sie stellte sich vor die Frau und strich deren lange Haare nach hinten, damit der Hals freigelegt war, dann konzentrierte sie sich ganz auf deren Verstand, um den Schmerz zu
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