Ein Vampir fuer alle Sinne
Erst heute Morgen hat er angerufen, der Mistkerl. Aber das ist gut für Sie. Jack nimmt auch Bargeld und vermietet Ihnen das Cottage.«
Jeanne Louise lächelte und nickte dem Mann zu, während Paul aufstand und ihm die Hand schüttelte, um ihm zu danken. Die beiden unterhielten sich noch eine Weile, doch darauf achtete sie kaum, da ihre ganze Konzentration nach wie vor Livy galt.
Schließlich setzte sich Paul wieder zu ihnen an den Tisch. »Wenn wir vor Mittag nicht in das Cottage können, sollten wir vielleicht versuchen, irgendwo noch ein paar Sachen zum Anziehen zu kaufen, damit wir was zum Wechseln haben. Und am besten auch noch ein paar Lebensmittel.«
»Ja«, murmelte sie nur.
Paul schwieg sekundenlang, und sie merkte, wie er sie aufmerksam musterte. »So schlimm?«, fragte er dann nur.
Jeanne Louise wusste, er meinte Livys Kopfschmerzen, die sie dem Mädchen wieder ersparte. Wenn er schon so fragte, dann musste ihr die Anstrengung anzusehen sein. Seufzend bestätigte sie: »Nach dem Aufwachen war es nur ein bisschen, aber es wird immer heftiger.«
»Charlie sagt, Badeanzüge und so weiter kann man am besten in London kaufen. Das ist eine Autostunde von hier entfernt. Unterwegs kann sie schlafen«, schlug er vor.
Sie nickte zustimmend. Dass mit Charlie der Motelbesitzer gemeint war, wusste sie, immerhin hatte sie seinen Namen gelesen, als sie nach ihrer Ankunft in seine Gedanken eingedrungen war, um ihn davon zu überzeugen, dass sie ihr Zimmer erst am Morgen bezahlen mussten.
»Fertig, Livy?«, fragte Paul und holte Jeanne Louise aus ihren Gedanken. Sie sah, dass die Kleine aufgegessen hatte.
»Ja, Daddy.« Sie lächelte ihn strahlend an. »Gehen wir jetzt zum See?«
»Bald, Knuffel. Aber erst mal müssen wir einen Badeanzug für dich kaufen.« Er zog einige Scheine aus der Brieftasche, um das Frühstück zu bezahlen, dann kam er um den Tisch herum und hob Livy hoch.
»Ich kann allein gehen, Daddy«, protestierte sie, als er sie auf den Arm nahm.
»Ich weiß. Aber bald bist du so groß, dass ich dich nicht mehr tragen kann. Darum trage ich dich jetzt noch so oft, wie es geht«, antwortete er, als wäre sie gar nicht todkrank. Mit einem Blick zu Jeanne Louise fügte er hinzu: »Außerdem wirst du bald schlafen.«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Ich bin überhaupt nicht müde. Ich …« Den Rest konnte sie nicht mehr aussprechen, da sie mit einem einzigen Gedanken schlafen geschickt worden war.
Leise seufzend zog Jeanne Louise sich aus dem Geist des Mädchens zurück, rieb sich den Kopf und stand auf. Es bereitete ihr ein schlechtes Gewissen, die Kleine immer wieder einschlafen zu lassen, aber Schlaf war in jedem Fall besser als die unerträglichen Schmerzen, die sie im wachen Zustand aushalten musste.
»Erinnere mich daran, dass ich auch Sonnenschutzcreme hole«, sagte Paul, als sie zur Tür gingen.
»Sonnenschutzcreme«, wiederholte sie reflexartig.
»Und Mückenschutz.«
»Mückenschutz«, sprach sie ihm nach.
»Und natürlich Handtücher«, ergänzte er und zog die Brauen zusammen. »Ich glaube, bevor wir losfahren, sollten wir erst mal einen Einkaufszettel schreiben.«
»Einkaufszettel.« Jeanne Louise seufzte frustriert. Sie waren noch nicht mal eine Stunde auf, und sie war bereits erschöpft. Eine Einkaufstour war nicht im Mindesten verlockend, doch sie besaßen kaum mehr als das, was sie am Leib trugen. Deswegen musste das erledigt werden, auch wenn sie unwillkürlich zusammenzuckte, als sie aus dem Diner in die grelle Morgensonne hinausgingen. Wenn er noch viel länger mit ihr in der Sonne spazieren gehen wollte, würde sie bald wieder trinken müssen, überlegte sie. Dann fiel ihr der Hund ein, den sie im Motelzimmer gelassen hatten. »Was machen wir mit Boomer?«, wollte sie wissen.
»Den können wir nicht gut zum Einkaufsbummel mitnehmen«, antwortete Paul. Dann sah er irritiert zum Himmel und merkte an: »Vielleicht solltest du hier unter der Markise warten, während ich Livy zum Wagen bringe. Ich komme dann rübergefahren, damit du einsteigen kannst. Du solltest nicht länger in der prallen Sonne unterwegs sein als unbedingt nötig.«
Sofort blieb sie erleichtert stehen, richtete ihre ganze Konzentration dennoch weiter auf Livy, damit sie nicht aufwachte, während Paul sie zum Wagen trug und in den Kindersitz setzte.
Als sie kurz darauf ebenfalls eingestiegen war, holte sie aus dem Handschuhfach einen kleinen Notizblock und einen Stift, und schrieb alles auf, was ihr und Paul an
Weitere Kostenlose Bücher