Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
doch es war vermutlich eines, das ich niemals in den Mund nehmen würde. »Aber es ist sehr schwer, einen Dunklen zu verhexen, und solche Kräfte hat Naomi gar nicht, also kann das nicht der Grund sein. Fran, meine Liebe, ich weiß nicht, was ich sagen soll! Ich habe versagt. Ich fürchte, wir haben Benedikt verloren.«
Sie umarmte mich noch einmal. Ich klopfte ihr auf den Rücken und amüsierte mich insgeheim ein bisschen darüber, dass sie diejenige war, die getröstet werden musste. »Ist schon okay, Imogen. Du musst nicht weinen. Wenn wir Ben verloren haben, dann ist es meine Schuld, nicht deine.«
»Das glaube ich nicht«, sagte sie und zog ein Spitzentaschentuch aus ihrem Ärmel.
Imogen war die einzige Person, die ich kannte, die am liebsten ganze Nächte in der Disco verbrachte, aber immer noch Stofftaschentücher benutzte. Sie hatte mir einmal gesagt, dass sie in ihren gut dreihundert Lebensjahren schon viele Dinge hatte kommen und gehen sehen, Stofftaschentücher jedoch eine Konstante in ihrem Leben waren.
»Du bist seine Auserwählte! Es ist mir völlig unbegreiflich, wie er dich derart abservieren konnte. Kein Dunkler hat jemals so etwas getan. Nein, das ist gelogen. Es gibt da so einen Franzosen, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Er hat eine andere Frau anstelle der ihm zugedachten zu seiner Auserwählten gemacht.«
»Und ich hatte gedacht, mir könnte das Herz unmöglich noch mehr gebrochen werden«, entgegnete ich trocken. Der Schmerz, den mir ihre Worte bereiteten, war allmählich schon ein vertrautes Gefühl.
»Oh Fran, nein! Das wollte ich nicht!« Sie ergriff meine Hände und drückte sie so fest, dass ich zusammenzuckte, weil sich das Testfläschchen, das ich noch nicht weggestellt hatte, in meine Handfläche bohrte. »Diese Naomi ist nicht die Richtige für Benedikt! Seine Zuneigung zu dir ist so groß, dass er dich gar nicht durch sie ersetzen kann. Niemals!«
Es klang, als versuchte sie eher sich selbst zu überzeugen.
»Das spielt jetzt eigentlich keine Rolle mehr«, sagte ich und wollte mich ihr schon anvertrauen, doch in diesem Moment ballten sich die jämmerlichen Überreste meines Herzens zusammen und sprangen mir beinahe aus der Brust.
Imogen folgte meinem Blick und begann leise zu fluchen: Naomi und Ben kamen den Gang zwischen den Ständen heruntergeschlendert. Als Naomi uns sah, blieb sie stehen, strich Ben eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ ihre Hand über seine Brust gleiten. Dabei wackelte sie aufreizend mit den Hüften.
»Benedikt, möchtest du etwas vom Stand der kleinen Hexe haben? Du brauchst zwar keinen Liebestrank, aber vielleicht willst du etwas anderes? Sie sieht aus, als könnte sie das Geld brauchen.«
Bens Augen waren schwarz wie die Nacht, als er über Naomis Kopf hinweg in meine Richtung schaute. Ich setzte rasch eine gelassene Miene auf und tat so, als ließe mich der Umstand, dass Naomi ihm praktisch vor aller Augen an die Wäsche ging, völlig kalt. Er schüttelte den Kopf.
»Wirklich nicht?«, gurrte Naomi. »Du willst nichts von dem, was du siehst? Gar nichts?«
»Ich glaube, ich spinne!«, empörte sich Imogen angesichts der Show, die Naomi abzog. »Benedikt, unterbinde gefälligst dieses Theater! Du weißt ja nicht, was du tust!«
Ben schob den Unterkiefer vor und schüttelte abermals den Kopf.
Naomi lachte und warf das Haar zurück, bevor sie beide Hände auf Bens Hintern legte und an seinem Kinn leckte. »Ganz im Gegenteil – er weiß genau, was er tut! Liebling, bist du sicher, dass die Hexe wirklich nichts zu bieten hat, das du willst?«
»Nein«, antwortete er, und das Wort bohrte sich wie ein Pfeil in meine Brust. »Da ist nichts, was ich will.«
»Das dachte ich mir«, sagte Naomi lächelnd und streichelte seine Brust.
»Das … das … oh! Das kann ich nicht zulassen!«, rief Imogen, ballte die Hände zu Fäusten und ging auf die beiden zu.
»Kein Grund zur Aufregung!«, sagte ich so laut, dass es über das Stimmengewirr in der Budengasse hinweg zu hören war. Stolz, dass meine Stimme kein bisschen zitterte, sah ich Ben in die Augen. Ich war ziemlich wütend – auf mich wie auf ihn. Ich war zwar diejenige gewesen, die Schluss gemacht hatte, aber ich hatte mich nie mit einem anderen Mann vor Ben gezeigt. Ich hatte ihm nie von anderen Männern vorgeschwärmt. Und ich hatte mich nie vor Ben von einem anderen Mann begrapschen lassen.
Nein , sagte die innere Fran, du hast ihn nur glauben gemacht, dass du ihn nicht willst
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