Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
Lichtung Fackeln aufgestellt und angezündet wurden. Kurz darauf brannte auch das Holz in den Feuerstellen. Nun waren die Leute auf der Lichtung besser zu sehen. Ich wurde schlagartig nervös, als ich Ben erkannte, noch bevor er ans Feuer trat. Die Vorstellung, dass Naomi und ihre Leute tatsächlich imstande waren, jemanden umzubringen, entsetzte mich natürlich, aber mir passte es absolut nicht, dass Ben dort unten herumlief, um David und seinen Leuten zu helfen.
Dir ist ja auch nichts Dümmeres eingefallen, als dich in ihn zu verlieben!, dachte ich und überprüfte rasch meine mentalen Schutzschilde, damit Ben nicht mitbekam, was in meinem Kopf vorging. Du redest die ganze Zeit davon, dass du wissen willst, ob er dich wirklich liebt oder nur darauf programmiert ist, dich haben zu wollen, aber was machst du? Du verliebst dich bis über beide Ohren in ihn. Toll, Fran, ganz große Klasse!
David drehte sich zu mir um. »Hast du was gesagt?«
»Nein, ich mache mir nur Vorwürfe.«
»Ah. Weswegen?«
»Wegen Ben.«
Er lachte leise. »Es mag komisch klingen, wenn ich sage, dass mich das freut, aber so ist es nun mal. Es zeigt, dass er dir viel bedeutet.«
»Das tut er.« Ich schaute zu der Gruppe zwischen den zwei Feuern. Ich konnte drei Frauen erkennen, darunter Naomi, sowie Ben und einen weiteren Mann, der sich mit Naomi zu streiten schien. Er zeigte immer wieder auf Ben. »Kennst du die anderen alle?«, raunte ich David zu.
»Wir kennen ihre Namen«, flüsterte er mir ins Ohr. Die zwei Frauen sind aus Österreich und der Schweiz. Eine ist mit Naomi verwandt. Der Mann ist Micah, ein Biologe aus England. Es fehlt nur noch Isaak, ein Däne. Er ist der Anführer. Wir glauben, dass er Luis hier irgendwo in der Nähe gefangen hält, aber wir konnten ihn nicht ausfindig machen.«
»Wollt ihr Luis befreien?«
»Natürlich. Aber zuerst wollen wir die Versammlung so lange wie möglich beobachten. Obwohl wir jetzt schon fast ein Jahrzehnt versuchen, die Wahrheit herauszufinden, sind wir immer noch nicht dahintergekommen, warum sie wahllos Therions umbringen.«
Ich ließ mich auf meinen vier Buchstaben nieder und stellte mich auf ein langes Warten ein. Und ich tat gut daran, wie sich herausstellte. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, Ben zu beobachten – nicht, weil ich ihm misstraute, sondern einfach, weil er meinen Blick auf sich zog. Er saß auf einer Kühlbox, etwas abgesondert von den anderen, die fast alle auf den Decken lagen, miteinander redeten, lachten und Bier tranken. Wie ich zu meinem Ärger feststellen musste, hatte Naomi Ben die Duscheskapade offensichtlich verziehen. Sie wich ihm nicht von der Seite und fasste ihn ständig an. Zweimal musste ich sogar zähneknirschend mit ansehen, wie sie ihn küsste.
Richtig eifersüchtig wurde ich dann, als sie ihn von der Kühlbox zog, sich ihm an den Hals warf und die Finger in seine Haare krallte, um ihre Lippen auf seine zu pressen. Als Ben locker die Arme um sie legte, ballte ich die Hände zu Fäusten und sprang wutentbrannt auf.
»Beruhige dich«, sagte David und fasste mich am Arm. »Ich weiß, es ist schwer für dich, Fran, aber sie küsst ihn doch nur.«
»Das ist ja wohl schlimm genug!«, knurrte ich und stellte überrascht fest, dass ich auf einmal das Vikingahärta in der Hand hielt. Ich beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie Naomi kichernd mit den Hüften wackelte und sich an Ben rieb. Das Vikingahärta hatte eine Menge Macht … Vielleicht konnte ich sie ja gegen Naomi einsetzen. Sie in etwas Fieses verwandeln, zum Beispiel in eine Schnecke. Oder in eine Jauchegrube. Oder in einen Schimmelfleck.
Ich schämte mich augenblicklich für meine Gedanken. Eins der Prinzipien, an die sich meine Mutter hielt und die ich von ihr übernommen hatte, war das Dreifach-Gesetz, das besagte, dass man alles, was man anderen antat, dreifach zurückbekam. Und obwohl mein Verlangen, mich mithilfe des Vikingahärta an Naomi zu rächen, fast genauso groß war wie meine Wut darüber, dass sie Ben anfasste und küsste und ihn beinahe vor aller Augen besprang, hielt ich an meiner Überzeugung fest, dass es verwerflich war, anderen mit Absicht Schaden zuzufügen.
Befriedigend zwar, aber verwerflich.
Es war fast eine Stunde vergangen, als wir ein Auto näher kommen hörten. Inzwischen hatten sich Naomis Leute lange wallende Gewänder übergeworfen, unter denen sich die Frauen aus ihrer Kleidung schälten. Die Männer auch, nur ließen sie dabei ihre Hüften nicht so
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