Ein Vampir und Gentleman: Argeneau Vampir 7
gedankenverloren und ging schneller. Sie hatte einen neuen Badezusatz mit Vanillearoma und eine Körperlotion, die nach Crème brûlée duftete. Der Gedanke daran bereitete ihr einen wohligen Schauer. Sie liebte es, Schaumbäder zu nehmen, und in der Vergangenheit war die Badewanne oft der einzige Ort gewesen, an dem sie wenigstens für kurze Zeit Ruhe fand. Als Mutter und Ehefrau hatte es ständig irgendwelche kleinen Tragödien oder Katastrophen gegeben, die es rechtfertigten, sie bei ihrem Bad zu stören, ob ihre Tochter nun ein ganz bestimmtes Kleid suchte, ohne dass sie nicht zu einer Party gehen konnte, oder ob ihr Ehemann nicht die Packung Cheddar fand, die doch irgendwo im Kühlschrank liegen musste. Diese Erinnerungen ließen sie traurig lächeln, denn wenn sie damals gewusst hätte, wie wenig Zeit ihr mit diesen geliebten Menschen bleiben würde, hätte sie auch jede dieser Störungen genossen.
Mit einem Schulterzucken verdrängte sie diese düsteren Gedanken, schloss die Badezimmertür hinter sich und ließ das Wasser ein. Als sie Badetuch und Waschlappen bereitgelegt und sich ausgezogen hatte, war die Wanne fast voll. Sie drehte den Hahn zu, stieg vorsichtig in die Wanne und setzte sich mit einem leisen Seufzer in das angenehm warme Wasser. Oh ja, das tat gut.
„Ich dachte, Elvi wollte die Tür aufschließen”, wunderte sich Allessandro, als er zur Gruppe zurückkehrte, die nach wie vor am Feuer versammelt war.
Victor sah Allessandro an und wurde aus seinen Gedanken gerissen. Die ganze Zeit über hatte er vorgegeben, Harper dabei zuzuhören, wie der DJ aufzumuntern versuchte, während er überlegte, wie er Elvi dazu bewegen konnte, über den Moment der Wandlung zu reden, die sich ihrer Meinung nach ganz ohne Schöpfer abgespielt hatte. Ihre Reaktion verriet sehr deutlich, dass sie nicht darüber reden wollte, doch genau deshalb war er hergekommen. Er wollte sie nicht unnötig aufregen, indem er diese offensichtlich unerfreulichen Erinnerungen ans Tageslicht holte, dennoch musste er der Sache auf den Grund gehen.
Er wusste, er hätte heute darauf bestehen sollen, sich mit ihr zusammenzusetzen und darüber zu reden, anstatt sie auf eine weitere Einkaufstour zu begleiten. Allerdings musste er auch zugeben, dass er sich von dieser Frau viel zu schnell ablenken ließ. Sie überraschte ihn immer wieder, indem sie mal hierhin, mal dorthin eilte, so wie ein Kolibri, der im Garten von Blüte zu Blüte schwirrte. Ständig war er auf Trab, um ihr nachzurennen, doch dabei unterstützte er nur bereitwillig ihr Tun, anstatt seine eigentliche Arbeit zu erledigen. Das war gar nicht seine Art, und es war auch schon lange her, dass eine Frau ihn so sehr fasziniert hatte. Dabei hatte er in den mehr als dreihundert Jahren, die er jetzt für den Rat tätig war, noch nie seine Arbeit als Vollstrecker vernachlässigt.
„Hat sie das nicht gemacht?”, wunderte sich DJ und lenkte Victors Aufmerksamkeit zurück auf die Unterhaltung, die sich um ihn herum abspielte.
Als Allessandro den Kopf schüttelte, stutzte Victor und sah nach oben zu den Fenstern im ersten Stock des Hauses. Das Licht in einem von Elvis Zimmern war vor gut einer Stunde angegangen und brannte jetzt immer noch. Wenn er es richtig in Erinnerung hatte, musste es sich dabei um das Badezimmer handeln. Gerade wollte er Allessandro vorschlagen, an der Tür zur Glasveranda anzuklopfen, doch in letzter Sekunde bremste er sich und stand auf. Wenn schon jemand Elvi behelligen musste, dann würde er derjenige sein. Außerdem war das ein guter Anlass, um sie noch einmal auf die Hintergründe ihrer Wandlung an-zusprechen.
„Ich kümmere mich darum”, erklärte er und entfernte sich vom Feuer.
Elvi hatte die Tür zur Glasveranda offen gelassen, als sie zuvor auf diesem Weg ins Haus gegangen war. Nur die Fliegengittertür war zugefallen, aber nicht abgeschlossen. Er spähte durch das Fliegengitter und durch die nächste offene Tür bis ins Schlafzimmer dahinter, doch das war in Dunkelheit getaucht. Erst klopfte er zaghaft, dann energischer, und als beim dritten Anlauf noch immer keine Reaktion kam, betrat er die Glasveranda. Offenbar war Elvi nicht in ihrem Zimmer. Dann würde er durchs Schlafzimmer in den Flur und dann nach unten gehen, um die Tür zur Küche von innen aufzuschließen. Danach konnte er nach Elvi suchen und das dringend erforderliche Gespräch mit ihr führen.
Er hatte das Schlafzimmer halb durchquert, als sich eine Tür rechts von ihm plötzlich
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