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Ein verfuehrerischer Handel

Titel: Ein verfuehrerischer Handel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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schwache Flackern des Feuers im Kamin erkennen.
    Ein unerwartetes Gefühl der Heimkehr überfiel ihn - eigenartig, denn er lebte doch schon so viele Jahre woanders. Er hob den schweren Türklopfer aus Messing und ließ ihn mehrere Male fallen, das Geräusch war ihm wohl bekannt. Man hörte schlurfende Schritte, dann schwang das Portal auf.
    Einen Moment erinnerte er sich nicht mehr an den alten, knochendürren Butler, der grinste wie ein Honigkuchenpferd.
    »Ich bin Sedgewick, Mylord. Wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben, Sir, und dachten, Ihr hättet Euch entschieden, nicht zu kommen.«
    »Ein Rad der Kutsche war gebrochen. Ein verflixtes Ärgernis, aber wir haben den Schaden behoben.« Er blickte sich um, als er eintrat und erwartete, Stimmen zu hören: die seines entfernten Cousins Maynard und seiner Frau Sarah, oder die von Phineas und Gerdie und ihrer wachsenden Kinderzahl von fünfen. Doch im Haus war es unheimlich still.
    »Hier entlang, Mylord ... Milady! Es ist sehr kalt draußen. Kommt und wärmt Euch am Kamin.«
    Er folgte dem alten Mann durch den Flur und betrat den Salon. Langsam begann er sich Sorgen zu machen um seine Großmutter; er fragte sich, wo sie wohl sein mochte - sie war doch nicht krank geworden?
    Sedgewick schien seine Gedanken erraten zu haben. »Sie ist nicht mehr jung. Es fällt ihr schwer, herumzugehen, darum sitzt sie im Speisezimmer. Sie weiß noch nicht, dass Ihr eingetroffen seid.«
    »Wo sind denn meine Cousins?«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf, seine wasserblauen Augen blickten traurig drein. »Sie nehmen es sich immer vor, zu kommen - aber die Reise ist weit und das Wetter um diese Jahreszeit scheußlich. Eure Großmutter hofft immer aufs Neue, aber am Ende ...« Er zuckte die knochigen Schultern. Sie waren gebeugt vom Alter, seine Wangen hohl und eingesunken. Ein bekümmerter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als er von seiner Herrin sprach, der er schon seit mehr als vierzig Jahren die Treue hielt.
    »Justin?« Ariels besorgtes Gesicht spiegelte seine eigenen Gedanken wider. »Glaubst du, es ist alles in Ordnung mit deiner Großmutter?«
    Seine Brust wurde ganz eng. »Ich weiß es nicht.«
    Hinter dem Butler durchquerte er den Raum, an dem gleichen Sofa vorbei, an das er sich aus seiner Jugend erinnerte: seine Lehnen schützten bestickte Bezüge, die seine Großmutter angefertigt hatte.
    An der Tür des Speisezimmers blieb er stehen. Der Tisch
    war nicht ganz so lang wie in seiner Erinnerung; aber er war glänzend poliert, und in der Mitte prangte eine Weihnachtsdekoration aus Pinienzweigen und Stechpalmen. Zwölf Stühle standen um den Tisch, elf davon waren unbesetzt; trotzdem befand sich vor jedem Stuhl ein Gedeck mit dem kostbaren Familiensilber, dem Porzellan und den zierlichen Kristallgläsern, die sein Großvater ihr zum ersten Hochzeitstag geschenkt hatte. Zwölf hohe weiße Kerzen auf dem Tisch brannten langsam herunter.
    »So ist es jedes Jahr«, flüsterte der Butler. »Sie deckt diesen wunderschönen Tisch, und die Köchin bereitet ein ganz besonderes Mahl vor - aber niemand kommt, um es mit ihr zu teilen.«
    Justin sah sich in dem leeren Raum um, und ein lange unterdrücktes, schmerzliches Gefühl stieg in ihm auf. Er blickte über den Tisch, der so festlich gedeckt war für eine Familie in der Ferne; dann schaute er zu der zerbrechlichen kleinen Gestalt, die ganz allein gebückt dasaß, und wehmütiges Bedauern stieg in ihm auf.
    Als sie die Stimme des Butlers vernahm, wandte sich die zierliche, weißhaarige Frau um. Und dann, angesichts ihres Enkels, begannen ihr die Tränen über die eingesunkenen, faltigen Wangen zu rinnen. »Justin ...?« Sie wollte aufstehen, zitterte, und Justin trat vor, um sie zu stützen. Er hielt ihr Handgelenk und bemerkte, wie fragil sich die alten Knochen in seiner Hand anfühlten.
    »Ich bin hier, Großmutter.«
    Sie lächelte entzückt, ein zärtliches, liebevolles Lächeln, das die letzte Barriere in seinem Inneren zum Schmelzen brachte. Es drang direkt in sein kaltes, leeres Herz, erfüllte es mit Wärme und brachte ihn zurück in die Vergangenheit, erinnerte ihn an die wenigen Jahre seiner Kindheit, in denen er glücklich gewesen war.
    »Ich bin so froh, dich zu sehen«, stammelte sie. »Zuletzt dachte ich, du würdest doch nicht kommen.«
    Sein Herz schlug hämmernd. Sein Gewissen schien sich schwer auf seine Schultern zu legen. »Ich hätte schon viel früher kommen sollen.«
    Sie streckte die Hand nach ihm aus und

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