Ein verführerischer Pakt
Geringste anmerken lassen. Guy war ungemein stolz darauf, wie gefasst sie selbst unter großem Druck sein konnte.
Sie zeigte keinerlei äußerliche Anzeichen des Unbehagens, als der Arzt eintraf, auch wenn immer noch Schatten der Erschöpfung unter ihren Augen zu sehen waren. Guy hatte die Nacht über bei ihr gesessen, für den Fall, dass sie aufwachte und ihn brauchte. Sie hatte wie eine Tote geschlafen, und er hatte ihr mehrmals die Hand auf die Brust gelegt, um sich zu vergewissern, dass sie noch atmete. Als sie dann am Morgen die Augen geöffnet und mit ihm gesprochen hatte, war er grenzenlos erleichtert gewesen.
Vielleicht hätte er da mit ihr besprechen sollen, was auf sie zukommen würde, wenn Dr. Ephriam eintraf. Guy wünschte, er hätte ihr dabei geholfen, sich darauf vorzubereiten. Jetzt lief er hier auf und ab, rang die Hände und dachte ernsthaft daran, einzuschreiten.
Genau in dem Moment jedoch betrat der Arzt die Bibliothek und schloss bedächtig die Tür hinter sich. "Ich habe meine Untersuchung beendet", verkündete er.
"Dann haben Sie auch gesehen, dass sich meine Frau gut erholt hat."
"Sie wirkt recht klar", stimmte Dr. Ephriam leicht verschnupft zu. Er war ein kleiner, rundlicher Mann von fast sechzig Jahren mit beginnender Glatze, und wie immer trug er einen schmallippigen, selbstgefälligen Gesichtsausdruck zur Schau.
Wie kann man klar wirken ? überlegte sich Guy. Entweder man war klar, oder man war es nicht. Auf Lily traf eindeutig Ersteres zu.
Obwohl Guy ihn schon fast sein ganzes Leben lang kannte, hatte er diesen Mann nie wirklich gemocht. Ihre Beziehung war rein zweckgebunden. Dr. Ephriam war der einzige Arzt in der Grafschaft, der bereit war, dem Earl regelmäßig Hausbesuche abzustatten. Das war eine Sache, die vielleicht noch einmal überdacht werden musste.
"Wo ist Lily?" fragte Guy.
"Sie hat sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Ich habe ihr etwas zur Beruhigung gegeben und ihr ansonsten viel Bettruhe verordnet." Er schüttelte seufzend den Kopf. "Ich vermute, in der Hinsicht ist es bei ihr in letzter Zeit wohl zu kurz gekommen."
Diese Bemerkung machte Guy stutzig, aber er schwieg.
Dr. Ephriam räusperte sich und wich Guys Blick aus. "Es wäre ratsam, wenn Sie sie in der nächsten Zeit nicht übermäßig mit ehelichen Ansprüchen belasten würden."
Duquesne unterdrückte den plötzlichen Impuls, diesen Zwerg aus dem Haus zu werfen. Der Grund für Lilys Schlafmangel hatte nichts mit der Ausübung ehelicher Pflichten zu tun. Außer diesem einen Mal war es zu keinem weiteren gekommen, und das hatte nicht lange genug gedauert, um sie zu ermüden. Trotzdem hinderte ein unterschwelliges Schuldgefühl Guy daran, auf den Mann loszugehen. "Sie glauben also, dadurch würde sich ihr Zustand verschlechtern?"
Dr. Ephriam nickte. "Ich fürchte, ja. Sie ist in einem Zustand höchster Erregbarkeit."
Kein Wunder, nachdem sie eine Entführung durchgestanden hatte, ständig um ihre und Beaus Sicherheit besorgt war und sich aus reiner Verzweiflung auf eine Ehe eingelassen hatte. Aber an diesem Morgen hatte sie sich von alldem nichts anmerken lassen. Oder sollte er sich getäuscht haben? Nein, sie war vollkommen ruhig und beherrscht gewesen, als er sie mit dem Doktor allein gelassen hatte.
"Sehen Sie", fuhr Dr. Ephriam fort. "Die Ausübung der ehelichen Pflichten erinnert sie höchstwahrscheinlich schmerzlich daran, dass sie nicht … in der Lage ist, Ihnen einen Erben zu schenken." Er sah Guy an, als fragte er ihn, ob er darüber Bescheid wüsste. "Schon allein dieses Defizit reicht aus, eine Frau hysterisch werden zu lassen."
"Defizit? So würde ich das kaum nennen", spottete Guy. "Lily braucht mir keinen Erben zu schenken. Sie ist sich vollkommen der Tatsache bewusst, dass ich längst einen habe."
Dr. Ephriam wirkte überrascht. "Wen?"
"Ihren Sohn."
"Aber … Der Junge kann Ihren Titel als Viscount oder Earl nicht erben, nachdem er von Ihrem Vater auf Sie übergegangen ist", gab der Arzt zu bedenken.
Guy zuckte die Achseln. "Die Titel werden nach meinem Tod verfallen, das ist wahr. Aber das gilt nicht für Edgefield als Besitz, und dadurch wird sich sein Eigentum einmal verdoppeln. Beau ist bereits selbst Baron, wie Sie sehr wohl wissen."
Eine Weile herrschte Stille, dann gab Dr. Ephriam zu verstehen: "Nun, nehmen Sie auf jeden Fall Rücksicht auf das Wohlbefinden Ihrer Frau."
"Jederzeit. Danke für Ihren Besuch." Guy entließ ihn.
Der Doktor ging zur Tür, blieb dann aber noch
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