Ein verfuehrerischer Tanz
dass sie sich blendend als bezahlte Gesellschafterin eignen würde? Diese Art der Tätigkeit war etwas für Witwen und alte Jungfern. Für Frauen ohne Perspektive, ohne Familie oder eigenes Vermögen, aber doch nicht für sie!
Jedenfalls noch nicht.
Er lächelte süffisant, und sie konnte buchstäblich hören, was sich in seinem arroganten Aristokratenhirn abspielte: »Na, erlauben Sie mal, ich bin ein Herzog. Und ein Herzog weiß immer eine Alternative. Und Sie dürfen Ihre Zukunftsträume getrost vergessen und bezahlte Anstandsdame werden, denn einer wie ich würde Sie sowieso nicht nehmen.«
Er war nicht der Erste, der ihr das zu verstehen gab. Aber vorhin, als sie hartnäckig seine Hand umklammert und ihm ihre Meinung gesagt hatte, hatte sie einen Moment lang gedacht, sie sei mit ihm auf Augenhöhe.
Falsch gedacht. Schnell, bestimmt, mit gnadenloser Offenheit und einem vernichtenden Blick hatte er Amelia auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Was hatte dieser Mann bloß an sich, dass sie so stark auf ihn reagierte? Womöglich lag es an seinem fabelhaften Aussehen und seiner scharfen Intelligenz, dass sie sich verletzbar fühlte, minderwertig und zweifelsohne überflüssig.
Es fiel ihr verflixt schwer, Morland nicht länger in die Augen zu blicken. Trotzdem blieb ihr nichts anderes übrig, schon aus reinem Selbstschutz.
Oje, was war bloß los mit ihr?
An der Türschwelle stand Lily und räusperte sich unschlüssig.
»Sehen Sie es mir nach, wenn ich Sie habe warten lassen. Ich bin jetzt bereit.«
Erleichtert riss Amelia ihre Augen von Morland los und blickte zu ihrer Freundin. Lilys langes dunkles Haar war frisch frisiert und sie trug ein tiefblaues Tageskleid, das durch seine schlichte Eleganz bestach. Vielleicht war es schlicht elegant, weil Lily es trug. Mit fast dreißig hatte sie immer noch eine gertenschlanke jugendliche Figur. Um ihre sanften rehbraunen Augen hatte Amelia sie stets beneidet. Obwohl ihre Miene von tiefer Trauer gezeichnet war, war sie hinreißend schön. Bezaubernd und anmutig, dass sie, wenn sie gewollt hätte, bestimmt jeden Mann hätte haben können.
Als Lily eintrat, erhoben sich Lord Ashworth und Morland, wie es die Etikette vorsah. Und dann tat der Herzog etwas für alle Anwesenden Verblüffendes.
Er trat auf sie zu.
»Lady Lily«, begann er. »Ich darf Ihnen mein tief empfundenes Beileid ausdrücken.«
Dieser Schuft! Sein »tief empfundenes Beileid« war eine glatte Lüge.
»Als ein Freund Ihres Bruders«, fuhr Morland fort, »und als Mitglied in seinem Club bin ich es meinem Ruf als Ehrenmann schuldig, Ihnen Hilfe und Unterstützung anzubieten, wo ich nur kann.«
»Danke, Hoheit«, erwiderte Lily steif. Sie warf Amelia einen verzweifelten Blick zu, als sie merkte, dass er mit seiner hochtrabenden Rede noch nicht fertig war.
»Ungeachtet dessen ist es mir ein Herzensanliegen, Ihnen ein Angebot zu machen.«
Alle im Zimmer hielten den Atem an.
»Ich gedenke, Ihnen ein lukratives Angebot für den Anteil zu machen, den Ihr Bruder an dem Hengst Osiris hatte.«
Seine Worte schlugen ein wie eine Granate.
»Wie bitte?«, kam es von allen Seiten.
»Ich beabsichtige, seinen Anteil zu kaufen«, antwortete der Duke ungerührt.
Ashworth stampfte empört auf.
»Sie können seine Münze nicht kaufen. Die kann man ausschließlich beim Glücksspiel gewinnen. Das ist ein absoluter Zufallstreffer.«
Morland erwiderte kalt:
»Na und? War der Mord an ihm nicht auch ein Zufallstreffer? Ich nenne das Pech auf der ganzen Linie.«
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Amelias Urteil über Herzog Morland stand fest – unwiderruflich. Er war mit Abstand der arroganteste, selbstsüchtigste, emotionsloseste Mann, mit dem sie jemals hatte Walzer tanzen müssen.
»Es war ausgemacht, dass Sie um ihre Hand anhalten«, knurrte Bellamy.
»Laut Clubsatzung bin ich zu nichts weiter verpflichtet, als ihr Hilfe anzubieten. Und das habe ich eben getan.« Er wandte sich abermals an Lily. »Madam, ich werde morgen meinen Sekretär unterrichten. Er steht jederzeit zu Ihrer Verfügung, falls Sie Hilfe bei den Begräbnisvorbereitungen benötigen oder ein neues Haus suchen. Überdies wird er Ihnen einen Bankscheck mit meinem Angebot für Leos Anteil am Stud Club vorbeibringen.«
Bellamy stieß hervor:
»Sie Bastard. Das ist eine Sache der Ehre, und Sie denken bloß an den verfluchten Gaul.«
»Sie denken doch alle an nichts anderes als an dieses unsägliche Pferd!« Amelia trat zu Lily. »Lily
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