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Ein verfuehrerischer Tanz

Ein verfuehrerischer Tanz

Titel: Ein verfuehrerischer Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Dare
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bebten.
    »Ich verspreche Ihnen«, fuhr Bellamy leise fort, seine Stimme bebte, »ich finde die Halunken, die Leo auf dem Gewissen haben. Ganz gleich, wo sie sich versteckt halten, ich bringe sie zur Strecke und an den Galgen.«
    Lily fing an zu weinen.
    »Liebste Lily.« Bellamy nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Bitte, sagen Sie es mir. Was kann ich für Sie tun?«
    »Bringen Sie mich zu ihm«, schluchzte sie. »Damit ich Abschied von ihm nehmen kann.«

4
    A ls der Morgen dämmerte, lag Spencer immer noch nicht in seinem Bett. Er war zwar nicht entspannt, dafür hatte er reichlich Brandy intus, und das diffuse Schwindelgefühl in seinem Kopf verlor sich allmählich. Deswegen hatte er nur das Nötigste zu der nächtlichen Konversation beigesteuert, das machte es erträglicher. Als Lily weinend neben dem schwer entstellten Leichnam ihres Bruders zusammengebrochen war, hatte er sich stillschweigend mit Ashworth in Bellamys Garten zurückgezogen. Auf der Fahrt von und zu Lady Chatwicks Anwesen hatten alle in tiefer Anteilnahme geschwiegen.
    Er spähte aus dem Kutschenfenster in die diesig graue Dämmerung. Durch die Londoner Straßen schoben sich Obst- und Fischverkäufer, Bedienstete und Tagelöhner. Wegen des frühmorgendlichen Gedränges kam die Kutsche nur langsam voran.
    Kein Problem, er hatte es nicht eilig. Er hatte die beiden Gentlemen und Leos trauernde Schwester vorhin in Harcliffe Manor abgesetzt. Jetzt war er mit Lady Amelia allein, und der Kutscher konnte sich ruhig Zeit lassen. Zum ersten Mal war Spencer froh über Amelias Gesellschaft.
    »Was für eine Nacht«, sagte er leise.
    »In der Tat«, bekräftigte sie.
    Müdigkeit und tiefe Bestürzung über die schier unfassbare Tragödie der letzten Nacht versetzten Spencer in einen eigenartigen Trancezustand. Er hatte sich zu Herzen genommen, was Lily gesagt hatte. Harcliffes Schicksal machte überdeutlich klar, dass man jederzeit mit dem Tod rechnen musste. Falls ihm etwas zustieß, wollte er nicht, dass es Claudia wie Lily erging. Zum Glück konnte er Vorsorge treffen und beschloss, sich umgehend darum zu kümmern.
    »Es war für alle ein ungemein schwerer Schock«, bemerkte er. »Aber Lily scheint es ganz gut zu verkraften.«
    »Das meinen Sie vielleicht, aber ich weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, wie man sich in so einer Situation fühlt. Lily wurde noch nicht bewusst, dass Leo tot ist. Erst wenn der Schock nachlässt, realisiert sie das Unfassbare und wird von dem Schmerz der Trauer überwältigt. Ich schaue heute Nachmittag noch einmal bei ihr vorbei und biete ihr an, ein paar Tage bei ihr zu bleiben.« Sie warf ihm einen Blick zu. »Selbstverständlich nur so lange, bis die Vorkehrungen getroffen werden können.«
    Weswegen klang sie bloß so eingeschnappt?, überlegte er und fand keine Erklärung. Allmählich wurde es ihm lästig, dass er dauernd versuchte, sie zu verstehen.
    »Hoheit, darf ich ganz offen mit Ihnen sein?«
    »Nur zu, ich kann Sie nicht daran hindern.«
    »Ihr ›Angebot‹ an Lily letzte Nacht war der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Mir ist noch nie jemand untergekommen, der so arrogant, berechnend, selbstgefällig und herzlos ist.«
    Auch wenn Spencer verblüfft war, verletzte ihn ihre Tirade nicht übermäßig. Er sah es ihr nach, denn im Überschwang der Gefühle wurde häufig eine Menge Porzellan zerschlagen.
    Sie fuhr fort: »Ich habe den Eindruck, Sie interessieren sich mehr für Pferde als für Menschen.«
    »Ihr Eindruck ist falsch.«
    »So, so, mein Eindruck ist falsch«, wiederholte sie und imitierte seine tiefe Stimme. »Wie das?«
    »Es stimmt, dass ich mich zuweilen lieber mit Pferden umgebe als mit Menschen. Das geht allen Pferdeliebhabern so. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass ich Pferde mehr schätze als Menschen. Es mag für Außenstehende schwerlich zu begreifen sein, aber Osiris muss mir gehören – um jeden Preis.«
    »Genau das dachte ich mir«, fauchte sie. »Um den Preis der Freundschaft, der Würde, der Ehre.«
    Spencer schüttelte schweigend den Kopf. Zwecklos, ihr sein Motiv zu erklären. Sie würde ihn sowieso nicht verstehen.
    Sie saßen auf den vorderen Sitzen, und als die Kutsche abermals losfuhr, stießen ihre Ellbogen aneinander. Nachdem die anderen ausgestiegen waren, hätte er sich aus Anstand nach hinten setzen können, überlegte Spencer. Lady Amelia lehnte sich leicht an ihn, kein Wunder, sie war zweifellos erschöpft. Er ertappte sich dabei, dass es ihm gefiel, ihren

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