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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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Bauunternehmens Easton unscheinbar. Im Hauptraum beugten sich die Köpfe der Angestellten tief über Schreib- und Zeichentische. Weder Marmor noch Mahagoni: nur ein hoher Empfangstresen. Dahinter betrachtete sie ein dünner bebrillter Mann argwöhnisch. Nach einer Weile öffnete er den abweisend geschlossenen Mund und stieß ein trockenes »Ja?« hervor.
    »Ich möchte zu Mr Easton.«
    »Ihr Name, Miss?«
    »Geben Sie ihm das.« Sie schob den zerknitterten Umschlag über den Tresen.
    Er rümpfte leicht die Nase und zögerte, schließlich nahm er den Umschlag mit zwei spitzen Fingern auf. »Warten Sie hier.« Nach einer halben Minute kam er zurück. Er wirkte starr vor Missbilligung. »Folgen Sie mir bitte, Miss.«
    Unter den neugierigen Blicken der Angestellten folgte ihm Mary bis ans Ende des Raumes und durch eine schwere Holztür. James’ Büro war ebenso funktional wie der große Raum. Er saß hinter einem unglaublichunaufgeräumten Schreibtisch: Papierstapel, Rollen technischer Zeichnungen und Dutzende kleiner Skizzenblätter lagen auf der Tischplatte. Auf einer Ecke stand eine leere Kaffeetasse, an deren Untertasse ein angebissener Muffin lehnte. James war in Hemdsärmeln.
    Er blickte kurz auf, als sie den Raum betrat, erhob sich jedoch nicht. »Keine Unterbrechung, Crombie«, sagte er zu dem dürren Mann. »Vor allem nicht von George.« Der alte Angestellte grunzte etwas und schloss die Tür fest hinter sich. James legte seinen Stift nieder. »Sie können Ihren Schleier zurückschlagen; ich sehe meinem Gegenüber gerne ins Gesicht.«
    Sie nahm ihren Hut lieber ganz ab und legte ihn auf eine Ecke des Schreibtischs. »Sie sind heute wohl besonders guter Laune.«
    Er sah den Hut stirnrunzelnd an. »Es ist fast zehn. Warum haben Sie so lange gebraucht?«
    »Ich kann nicht aus dem Haus, ehe Thorold und Gray gehen.«
    Sie zog die Handschuhe aus.
    Er grunzte, dann musterte er sie mit kritischem Blick. »Sie sehen ja furchtbar aus. Haben Sie letzte Nacht überhaupt geschlafen?«
    »Danke, ganz ausreichend.«
    »Hm. Dann muss es an dem Kleid liegen. Was soll denn das für eine Farbe sein?«
    »Es ist senffarben. War vor drei oder vier Jahren sehr in Mode.«
    »Sie sehen darin fast grün aus.«
    »Danke.«
    Der gefährlich sanfte Ton gewann endlich die Oberhand über seine schlechte Laune. »Was ist denn los? Warum sind Sie so höflich?«
    Sie riss theatralisch die Augen auf. »Ich bin immer höflich, Mr Easton. Sie sind derjenige, der mit schlechten Manieren seine übergroße Bedeutung betont.«
    »Blödsinn. Warum setzen Sie sich nicht?«
    »Weil Sie mich noch nicht dazu aufgefordert haben.«
    Ziemlich verärgert kam er um den Schreibtisch und rückte ihr den Stuhl davor zurecht. »Meine liebe Miss Quinn, warum setzen Sie sich nicht?« Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
    Sie kam der Bitte gnädig nach.
    Er ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen und schlug ein Bein über das andere. »Also: Haben Sie seit unserem letzten Treffen etwas herausgefunden?«
    Sie beschrieb kurz, was sich am Abend zuvor während des Essens zugetragen hatte. »Da der Aufenthalt in Brighton abgelehnt worden ist, können wir den Aspekt vielleicht fallen lassen?«
    Er nickte. »Mein Anwalt untersucht gerade alle Gerichtsverfahren, in die Thorold in den letzten zwanzig Jahren verwickelt gewesen ist. Bisher ohne Erfolg.«
    Mary biss sich auf die Lippe. Sie hätte ihm von Thorolds Verstrickungen erzählen sollen: von dem Verdacht auf Steuerhinterziehung und Versicherungsbetrug, der allerdings auch nicht bewiesen worden war. Aber konnte sie ihm davon erzählen, ohne die Arbeit der Agentur aufzudecken?
    »Ich habe auch sein Testament beim Staatsnotariat überprüfen lassen.«
    »Weil Liebe nicht ohne Geld zu haben ist«, spottete sie.
    Er war kein bisschen beleidigt. »Es ist ganz gewöhnlich und vernünftig: alles an seine Frau, wenn sie ihn überlebt. Andernfalls ein großzügiger lebenslanger Zinsanteil an Miss Thorold und das Gesamtvermögen an ihre Erben.«
    »Die klassische Methode, um Mitgiftjäger abzuschrecken.«
    »Genau.«
    »Nichts an alte Freunde, Geschäftspartner, keine Zuwendungen an die Wohlfahrt?«
    »Nichts Außergewöhnliches   – ein paar Tausend hier und dort. Ich erinnere mich an eine Missionarsgesellschaft und ein Heim für betagte Seeleute   – genauer gesagt Laskaren, also asiatische Matrosen.«
    Mary zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Er hinterlässt Geld für asiatische Seeleute, aber nicht für englische?«
    »Ich

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