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Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I

Titel: Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y.S. Lee
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nehme an, weil für die englischen besser gesorgt wird. Zumindest haben sie Familien. Die Asiaten, die hier stranden, benötigen tatsächlich Hilfe.«
    Mary nickte. Als Kind in Poplar hatte sie einige laskarische Familien gekannt. Selbst die Matrosen, die sich in London niederließen und englische Frauen heirateten, waren meistens arm.
    »Laskaren könnten das Bindeglied zu meinen illegalen Frachtsendungen sein«, überlegte James.
    Dieses Thema wollte sie nicht eingehender verfolgen. »Alte, schlecht bezahlte Seeleute, die für Schmuggelware verantwortlich sein sollen?«, spottete sie. »Kommt mir unwahrscheinlich vor.«
    »Nein, keine alten Seeleute. Aber es muss doch auch jüngere geben, die Kontakt zu ihm haben   – Matrosen, die erst kürzlich aus dem Subkontinent gekommen sind.«
    Sie machte ein skeptisches Gesicht. »Warum sollte Thorold ausländischen Matrosen seine geschmuggelte Fracht anvertrauen?«
    »Wenn sie erwischt werden, kann er jede Beteiligung leugnen. Jeder glaubt doch nur zu gerne, dass Ausländer zu den schlimmsten Verbrechen fähig sind. Und die stereotype Verbindung zwischen Orientalen und Opium ist nützlich.«
    Sie stritten noch eine Weile über dies Thema, bis Mary sich schließlich geschlagen geben musste. Sie nickte langsam. »Ich nehme an, es kann nicht schaden, sich das mal anzusehen. Ich überlege mir inzwischen was anderes.«
    Er sah sie überrascht an. »Kommen Sie nicht mit?«
    Sie starrte ihn an. Ihr Magen krampfte sich zusammen. »Warum? Das ist doch wohl   – unnötig.«
    »Ich habe einen Plan. Ich erzähle Ihnen unterwegs davon.«

Vierzehn
    S ie nahmen einen Umweg über den Norden, statt den Fluss direkt zur Isle of Dogs zu überqueren. Er machte in einer zwielichtigen Gasse in Holborn halt, wo er aus der Kutsche sprang, sich leise mit einer dreckigen, einäugigen alten Frau unterhielt und wieder einstieg, den Arm voller schmutziger Sachen.
    Sie rümpfte die Nase. »Puh. Was zum Teufel ist denn das für Zeug?«
    »Das ist ein Kleid.«
    »Oh nein. Das zieh ich nicht an. Es stinkt ja nach dem Abwasch von letzter Woche.«
    »Es riecht nach Menschen.«
    »Und wie soll das eklige Ding uns bei den Ermittlungen helfen?«
    »Einer von uns lenkt den Heimleiter ab und der andere schlüpft durch den Hintereingang hinein.«
    Sie seufzte. »Ich vermute mal, dass Sie an die Haustür gehen und ich mich durch die Küchentür reinschleiche? Warum darf ich nicht die Lady spielen und Sie den müffelnden Diener?«
    »Ohne Begleitung einer Zofe können Sie nicht als Dame durchgehen.«
    Sie sah ihn einen Augenblick finster an, aber seine Logik war unbestreitbar. »Na gut. Machen Sie die Augen zu«, befahl sie und zog die Vorhänge der Kutschenfenster zu.
    »Als ob ich so was nicht schon mal gesehen hätte!«
    »Aber nicht von mir.«
    Er grinste, schloss jedoch folgsam die Augen. »Für eine Frau, die nachts in Hosen durch die Gegend schleicht, sind Sie ziemlich prüde.«
    Es war schwieriger als erwartet, in dem engen Kutschenraum das Kleid zu wechseln. Auch war es wenig hilfreich, dass sie praktisch dem Gefühl nach gehen musste und dass der Rock ihres eigenen Kleides so viele Meter Stoff hatte. Nach einem Kampf von mehreren Minuten hatte sie sich endlich aus dem senffarbenen Modell gepellt und warf es James zu. »Hier, halten Sie mal.«
    »Das hat aber lang gedauert«, prustete er.
    »Ich hab nicht gesagt, dass Sie gucken dürfen!«
    »Immer noch nicht angezogen?« Das war eine dumme Frage: Sie trug ein leichtes Korsett über ihrem dünnen Hemdchen und der Batistunterhose. Wenn sie so aus der Kutsche gestiegen wäre, hätte sie mit Sicherheit einen Aufruhr verursacht.
    »Nein!« Schützend verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Augen zu!«
    Es folgte ein Rascheln, das noch mal mehrere Minuten anhielt, dann sagte sie: »Jetzt.«
    Als er die Augen öffnete, probierte sie gerade die zerfledderte Haube auf. »Die Farbe steht Ihnen.«
    »Ich sehe also nicht mehr grün aus?« Obwohl sie beklommen war, grinste sie zurück.
    Sie hielten hinter der nächsten Ecke. »In einer halben Stunde treffen wir uns wieder hier.«
    ***
    Das Imperial Baptist East London Asyl für verarmte asiatische Seeleute lag im Bezirk Limehouse, in der Nähe des East India Hospitals. Es bestand aus zwei miteinander verbundenen schmutzigen Reihenhäusern aus rotem Backstein und war zu erkennen an einem großen angelaufenen Messingschild an der Haustür, neben dem sich eine gleichermaßen vernachlässigte Glocke befand. Nach

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