Ein verhängnisvoller Auftrag Meisterspionin Mary Quinn I
Piratenmannschaft angeheuert, die die Schiffe meines Mannes angreift und plündert. Eine perfekte Lösung. Weniger Kapitaleinsatz und Betriebskosten, und wenn ich den Profit zwischen mir und meinem Partner aufgeteilt habe, gehört der Rest mir allein.«
»Sie teilen also nicht mit Ihrem Mann?«
Sie lachte. »Sagen Sie mir einen Grund, warum ich das tun sollte.«
Er blinzelte verwirrt. Eine gute Frage – und eine, die er völlig außer Acht gelassen hatte. Warum sollte Mrs Thorold zugunsten ihrer Familie arbeiten, wo sie sich doch nur für sich selbst interessierte?
Sie beobachtete ihn mit einem sinnierenden Lächeln. »Sehen Sie?«
Er versuchte sich zu sammeln. »Wie bringen Sie die laskarische Besatzung der Schiffe, die Sie überfallen lassen, zum Schweigen?«
Sie zuckte die Schultern. »Piraten sind geldgierig. Ich nehme an, die Überlebenden werden als Sklaven in den Fernen Osten verkauft.«
James nickte, auch wenn sich ihm der Kopf drehte. Das war alles zu viel, um es zu verarbeiten. Aber er musste sie dazu bringen, weiterzureden … und zumindest musste er herausfinden, ob Mary in Gefahr war.
»Genug geplappert. Hände auf den Rücken.« Ihre Stimme war wieder knapp und geschäftlich.
»Das Haus in Pimlico«, sagte er hastig. »Ihr Hauptquartier?«
Sie lächelte nur und zog ein zweites Stück Hanfseil hervor.
»Und Ihr Mitarbeiter – dieser Mr Samuels. Er kümmert sich um die Piraten?«
»Ich bin es leid, mit Ihnen zu reden. Das Spiel ist aus, James.«
Zu seiner Schande geriet er in Panik und schlug um sich und trat mit den gefesselten Füßen nach ihr. Ein paar gut platzierte Tritte in die Rippen setzten dem ein Ende. Unbarmherzig kniete sie sich auf seinen Rücken. Rasch und schmerzlich fest band sie ihm die Handgelenke zusammen.
»Eine letzte Frage«, keuchte er, als sie aufstand, um ihr Werk zu betrachten. »Haben Sie keine Angst, dass mich meine Verbündeten suchen?«
Sie lachte nur. »Das war schwach und Ihrer nicht würdig, muss ich sagen.«
»Warum? Sie glauben nicht, dass ich einen Mitwisser habe?«
»Wer würde schon mit Ihnen zusammenarbeiten wollen?«
James entspannte sich vor Erleichterung. Er sah noch ein hämisches Grinsen auf sich zukommen. Dann wurde alles schwarz.
Sechsundzwanzig
M ary packte ihre Truhe, als eine Handvoll Kiesel an ihr Fenster geworfen wurde. So dumm es auch war, sie hielt den Atem an. James hatte eindeutig klargemacht, was er von ihr hielt. Sie zögerte und wusste nicht recht, wie sie reagieren sollte. Nach ein paar Sekunden flogen wieder kleine Steine an die Scheibe. Sie riss das Fenster auf und sah hinunter auf den Gehweg. Aber statt eines großen jungen Mannes stand da ein dünnes Kind. Das mausbraune Haar verdeckte fast das ganze Gesicht. Das musste doch ein Irrtum gewesen sein. Doch die kleine Gestalt winkte eifrig. Nach einem Augenblick nickte Mary und deutete auf den Gesindeeingang.
Ein letzter Blick durch ihr Zimmer bestätigte ihr, dass alles in Ordnung war. Ihre Truhe war ordentlich verschnürt, und einer der Hausdiener hatte den Auftrag, sie zu transportieren. Als Mary ein letztes Mal durch das Treppenhaus der Thorolds ging, verfolgte sie dieser ungute Tag: Thorolds empörtes Abstreiten jeglicher Schuld; James’ Verärgerung; AngelicasSchluchzen und Michaels Schmerz; Mrs Thorolds Schadenfreude. Mary konnte es kaum abwarten, in das ruhige Institut zurückzukehren.
Ohne ein Wort ging sie an der Köchin vorbei und öffnete die Gesindetür. Sie musste zweimal hinschauen. »Cass?« Ihre Blicke trafen sich nur kurz, dann sah Cass auf den Boden. Eine Menge Fragen gingen Mary schlagartig durch den Kopf.
Warum bist du hier? Bist du verletzt? Hast du es dir anders überlegt? Was ist los?
»Hallo«, sagte sie nur.
»Miss.« Cass’ Stimme war kaum hörbar.
Mary wartete, aber es kam nichts mehr. »Hier können wir nicht reden«, sagte sie leise. »Ich treffe dich hinten beim Pferdestall.« Sie wartete wieder. »In Ordnung?«
Ein stummes Kopfnicken zeigte, dass Cass verstanden hatte. Als Mary durchs Haus zurückging, merkte sie plötzlich, dass sie das Falsche vorgeschlagen hatte. Es war unwahrscheinlich, dass Cass zu den Stallungen gehen würde. Nicht nur, dass dort wahrscheinlich Brown und die Lakaien herumlungerten, um zu rauchen und zu tratschen. Nein, so hatte Cass auch wieder Zeit, es sich anders zu überlegen. Bestimmt würde sie abhauen, statt mit ihr zu reden.
Verdammt.
Nun hatte sie die zweite Chance, dem Mädchen zu helfen, auch
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