Ein verhaengnisvoller Winter
Richard. „Anneliese kannte meinen Vater. Der war nicht zu besänftigen. Außerdem war mir der Gedanke auch schon gekommen, abwegig wie er ist. Und deshalb hab ich sie vorhin danach gefragt.“
„Un d?“
Richard verzog das Gesicht. „ Sie ist wütend geworden und hat gesagt, ich solle verschwinden.
Josefine rieb sich die Stirne. „Ja, Richard, ich weiß einfach nicht, was das alles soll.“ Ratlos sah sie ihn an.
„Und wenn das mit meinem Vater kein Unfall war?“, sagte er ruhig und lehnte sich zurück.
Josefine lachte entsetzt auf. Dann stieß sie langsam die Luft aus. „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“, fragte sie dann leise.
Richard sah sie nur an.
„Richard-.“
„Ich sag ja nicht, dass es so war. Ich sag nur, es könnte sein.“
„Als wenn die Anneliese deinen Vater ermordet hätt! Richard, hör doch, was du da behauptest.“ Besorgt sah Josefine ihn an.
„Hast du mir überhaupt zugehört, die ganze Zeit? Warum ist das so abwegig?“
„Weil wir hier von der Anneliese reden. Außerdem ist das hier kein Film aus dem Lichtspielhaus, sondern ein Bauernkaff. Es werden nicht einfach so Leute umgebracht, schon gar nicht von Menschen, die man kennt und gut leiden kann.“
„Ja, genau. Das Böse existiert nicht. Darum hast du auch immer Alpträume. Weil es nichts Schreckliches gibt auf der Welt. Wo warst du denn die letzten zehn Jahre?“ Wütend stand Richard auf. Der Stuhl kratzte laut über den Boden und drohte umzufallen. Ungehalten schob er ihn an den Tisch.
„Richard, jetzt sei nicht beleidigt.“ Auch Josefine erhob sich.
„Ich bin nicht beleidigt.“ Richard zog seine Jacke an.
Josefine seufzte. „Ich will ja nur nicht, dass du dich da in was hineinsteigerst.“
„Ich steigere mich nirgendwo rein. Ich ziehe diese Möglichkeit lediglich in Betracht.“ Er holte tief Luft und fuhr sich dann mit den Fingern durch die Haare. „Ich geh jetzt. Sonst zanken wir uns nur wieder.“
„Du musst doch jetzt nicht schon wieder gehen“, protestierte Josefine enttäuscht. Einen Moment stand Richard unschlüssig da, doch dann öffnete sich die Haustüre. Richard schüttelte den Kopf. „Nein, ich geh. Da kommt die Margot. Ich hab keine Lust, mir von der anhören zu müssen, warum ich die arme Anneliese belästige. Tschö, Josefine. Danke für den Kuchen.“
„Tschüss, Richard. Bis die Tage.“ Josefine beobachtete, wie Margot mit der kleinen Gabi im Arm an Richard vorbeischritt, wä hrend beide ein „Auf Wiedersehen“ grummelten.
„Ja, da ist ja mein kleines Mädchen“, säuselte Josefine und nahm Margot d ie Kleine ab, sobald die beiden die Küche betreten hatten.
„Na, habt ihr schön Kaffee getrunken?“, fragte Margot wenig begeistert.
„Ja, haben wir“, säuselte Josefine, während sie Gabi am Kinn kitzelte.
„Da ss du dich immer mit dem abgibst. Der Mann ist einfach nur unmöglich. Den hättest du vorhin mal wieder hören müssen!“
„Mhh?“, fragte Josefine geistesabwesend, während sie Gabi anlächelte.
„Der Richard!“, keifte Margot. Als Josefine sich ihr schließlich zuwandte, fuhr Margot aufgebracht fort. „Wir sitzen da gemütlich, da kommt der rein, erzählt ein paar Minuten mit den Kindern und fängt dann an, die Anneliese zu fragen, ob die seinem Vater an seinem Todestag den Schnaps vorbeigebracht hat. Und so etwas in der Richtung hat er sie wohl schon öfters gefragt, hat mir die Anneliese vorhin erzählt. Als diese ihm dann gesagt hat, sie wüsste nicht, wovon er redet, hat er sie eine Lügnerin genannt.“ Margot schüttelte empört den Kopf. „Hat gefragt, warum sie leugnet, damals dort gewesen zu sein. Ob sie vielleicht was zu verbergen hätte. Da hat die Anneliese ihn rausgeschmissen.“ Margot nahm sich ein Stück Kuchen. „Jetzt sind die endlich den Toni los, jetzt haben die den Richard am Hals.“
„Also, jetzt willst du ja wohl nicht den Ri chard mit dem Toni vergleichen!“, rief Josefine empört, während sie das Kind auf ihrem Arm schaukelte.
„Nein, so hab ich es nicht gemeint. Du brauchst dich gar nicht so aufzuregen. Ich sag schon nichts mehr. Da ss du es ja dicke mit dem Richard hast, das hab ich auch schon mitbekommen.“
„Wie bitte?“
„Die Lisbeth und die Anneliese haben mir nochmals erzählt, dass er hier nicht nur zum Helfen hinkommt, sondern ein gern gesehener Gast ist. Und wenn ich mich hier so umsehe“, Margot starrte auf die beiden leeren Kuchenteller, „dann haben sie damit ja wohl recht.“
„Ja, die
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