Ein verhaengnisvoller Winter
natürlich. Und nur, um ganz sicher zu gehen.
Am Abend saß sie gemeinsam mit Margot im Wohnzimmer. Sie blätterte in der Zeitschrift, die sie sich am Bahnhof gekauft hatte, als sie vor zwei Wochen wieder nach Hause gekommen waren. Schließlich schlug sie sie wieder zu. „Die kann ich jetzt schon auswendig.“
„Sollen wir tauschen?
„Die kenn ich auch schon. Erzähl mir lieber mal was Interessantes.“
Margot legte ihre Zeitschrift ebenfalls weg. „Was soll ich schon wissen, was du nicht weißt. Hier passiert doch nichts.“
„Also, ich finde, seit ich hier bin, ist ganz schön viel passiert. Ein kranker Greis, ein prügelnder Ehemann , ein Nichtsnutz, und alle drei tot.“
„Naja, wenn du es so sagst…“
„Wenn ich so überlege“, begann Josefine und hoffte, ihre Absicht wäre nicht zu offensichtlich, „dann passiert hier auf dem Land doch jede Menge. So wie damals, als hier die ganzen Überfälle stattgefunden haben, nach dem Krieg.“
„Ja, und ich sag dir, da haben auch die Frachts zugehört. Die Lisbeth hat mir selbst erzählt, dass die beiden den Toni selber in Verdacht hatten, auch so einiges auf dem Schwarzmarkt zu verhökern.“
„Aber genau wussten sie es nicht?“
„Als wenn die sich gewagt hätten, den Toni so was zu fragen“, schnaufte Margot. „Außerdem war die Lisbeth damals, als die Plünderungen angefangen haben, noch nicht mit ihm verheiratet. Und später wird sie es sich zweimal überlegt haben, ihn auf so etwas anzusprechen.“
„Aber es waren doch andere Diebe hier in der Gegend, oder? Ich dachte, einer hätte damals der Anneliese das Bein zertrümmert?“, tastete Josefine sich langsam vor.
„Ja, sicher gab es hier mehrere. Das waren ganze Banden, das sag ich dir. Die haben ganze Felder leergeplündert, in einer Nacht. Man hatte ja die ehemaligen Kriegsgefangenen aus dem Russenlager in Verdacht, aber es werden auch noch andere auf dieselbe Idee gekommen sein. Haben ja alle gehungert, damals.“
„Und die Anneliese hat einen auf frischer Tat ertappt? Wie schrecklich.“
„Ja, nicht wahr? Und dann hat er auch noch den Erwin erschlagen.“ Margot schüttelte sich.
„Da hat die Anneliese ja Glück gehabt, dass sie mit dem Leben davongekommen ist.“
„Ja, aber vielleicht hat er ja gedacht, sie wäre tot. Sie war nämlich bewusstlos, die Arme. Konnte dem Erwin auch nicht helfen und Hilfe holen.“
„Ja, schlimm“, murmelte Josefine.
„Ja, die hat schon was mitgemacht, die Anneliese. Und jetzt hat sie auch noch Streit mit der Hedwig.“
„Ach!“
„Ja. Wegen dem verdammten Richard.“
„Jetzt bin ich aber gespannt.“
„Ich sollte dir das gar nicht erzählen, wo du es so gut kannst mit ihm.“
„Dann lässt du es halt sein“, schnaufte Josefine und griff wieder nach der Zeitung.
„Nun gut. Aber nur, damit du siehst, was er angerichtet hat.“ Margot setzte sich bequemer hin. „Gestern war wohl die alte Wirtz drüben bei der Hedwig.“
„Wer ist die alte Wirtz?“
„Vom Wirtzhof. Das ist der Hof hinter dem von den Schreiners. Ein Stück weiter die Straße hoch. Auf jeden Fall ist die gestern Abend zur Hedwig marschiert und hat erzählt, was ihrem Mann so zu Ohren gekommen ist. Und zwar, dass der Richard die Leute anspricht, ob die noch was wissen würden von damals, als der Erwin gestorben ist. Ob es da irgendwelche Verdächtigungen gab und ob die sich noch erinnern konnten, was es da für Gerüchte gab, wegen der Anneliese. Ob sie damals auch gehört hätten, dass da noch ein anderer Mann gewesen wäre. Ob sie den Streit damals mitbekommen hatten, mit dem Herbert. Tja, und da hat die Wirtz der Hedwig zu verstehen gegeben, dass es da wohl so einige gab, die sich da noch dran erinnern konnten und dass das natürlich alles Unsinn wäre und Hedwig solle doch nichts darum geben um dieses Geschwätz.“ Margot presste grimmig die Lippen zusammen. „Das hat die Alte doch mit Absicht getan, um der Hedwig eins auszuwischen. Und es hat auch funktioniert. Denn der Herbert war vorhin hier und hat der Anneliese Bescheid gegeben, dass die beiden jetzt erst mal nicht mehr gemeinsam ins Dorf fahren könnten. Die Hedwig fand es wohl gar nicht lustig, was die Wirtz da angedeutet hat. Natürlich glaubt die Hedwig kein Wort davon, das ist ja klar. Schließlich ist die Anneliese ihre beste Freundin. Aber man muss ja nicht noch Tratsch heraufbeschwören. Und so kann die Anneliese jetzt gucken, wie sie demnächst ihre Besorgungen machen kann. Die ist aber
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