Ein verhaengnisvoller Winter
und dass der Erwin, das war ihr Mann, dass der alle Hände voll zu tun hatte mit der.“
„Pff“, schnaufte Josefine abfällig.
Richard sah sie ernst an. „Du brauchst gar nicht so überheblich zu gucken. Du warst damals nicht hier, oder?“ Als Josefine ihm das zugestand, nickte er grimmig. „Jedenfalls hat der Erwin meinem Vater oft genug erzählt, was für einen Ärger die Anneliese ihm macht.“
„Und der Erwin war ein Freund von deinem Vater?“
„Nein, sie haben sich nur oft unterhalten.“
„Wo mag die Unterhaltung nur stattgefunden haben? An der Theke?“
„Na und? Hörst du mir jetzt zu oder nicht?“
„Entschuldige.“
„Also, in der Zeit vor seinem Tod, da hatte der Erwin den Verdacht, dass die Anneliese die Beine für, äh, dass die Annelise ein Techtelmechtel mit einem anderen Kerl hat. Das hatte er meinem Vater selbst erzählt. Und als ich jetzt noch mal nachgefragt hab-.“
„Was hast du?“, stieß Josefine entsetzt aus.
„Ja, nun, ich hab Nachforschungen betrieben“, verteidigte Richard sich.
„Alte Geschichten über Annelieses angebliche Untreue wieder aufzuwärmen, das nennst du Nachforschungen!“
„Jetzt spar die mal deine Vorträge und hör zu! Auf jeden Fall gab es zu der Zeit im Ochsen auch einen heftigen Streit zwischen Erwin und dem Herbert. Ist sogar was zu Bruch gegangen, dabei. Da konnten sich die Leute in der Kneipe noch gut dran erinnern. Warum der Erwin auf den Herbert losgegangen ist, das brauchen wir uns ja jetzt nicht zu fragen, nicht wahr?“
Widerwillig nickte Josefine.
„Jetzt kommt es: In der Nacht seines Todes, da hat es sich beim abendlichen Kartenspiel so ergeben, dass das Gespräch auf die Diebe kam, die hier in der Gegend ihr Unwesen trieben und alles geplündert haben.“
„Wo du auch zugehört hast“, warf Josefine ein.
„Was?“ Aus dem Konzept gebracht, sah er sie fragend an.
„Zu den Dieben.“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Erzählt man sich so.“
„Ach ja? Nun, das ist Schnee von gestern. Jetzt lenk doch nicht immer ab, verdammt. Wo war ich?“
„Bei den Dieben.“
„Genau. Also haben sich einige der Skatbrüder, alles Bauern, kurzfristig entschlossen, an besagtem Abend ihre Gewohnheiten über den Haufen zu schmeißen, früh nach Hause zu gehen und sich auf die Lauer zu legen. Zu den fraglichen Bauern gehörte auch der Erwin. Der hat sich also auf den Weg gemacht und war deshalb viel früher zu Hause als sonst.
Und da kam er gerade richtig, um zu sehen, wie der ehemalige Kriegsgefangene der Anneliese das Bein zertrümmert hat. Ist dazwischen gegangen und dabei wurde ihm der Schädel eingeschlagen.“
„Wie schrecklich. Das ist in ein und derselben Nacht passiert? Das wusste ich gar nicht. Hat man den Mörder gefasst?“
„Nein, hat man nicht. Und danach hatten viele denselben Gedanken.“ Richard sah Josefine abwartend an.
„Also schön, ich gebe zu, ich brenne darauf, zu erfahren, was es für Gedanken waren.“
Befriedigt lehnte Richard sich zurück. „So mancher erzählte sich, dass dieser Dieb doch gerade recht kam, um der Anneliese ihre gewünschte Freiheit zu geben.“
„So ein Unsinn! Freiheit! Sie ist verkrüppelt und der Hof in den Ruin getrieben. Schöne Freiheit!“
„Ich sag dir jetzt mal, was ich denke. Mein Vater hat nämlich noch etwas angedeutet, was aber keiner offen ausspricht, wo man aber auch selbst drauf kommen könnte, wenn man, so wie ich, jede Menge Zeit zum Nachdenken hat. Was ist denn, wenn der Erwin nachts unerwartet nach Hause gekommen ist, hat sich heimlich auf die Lauer gelegt und hat dann ganz jemand anderen auf frischer Tat ertappt als die Diebe?“
„Du meinst, die Anneliese?“, fragte Josefine unbehaglich.
„Genau! Er ertappt also die eigene Alte beim Herumhuren im Heu mit dem guten Herbert. Er geht dazwischen, Anneliese wird verletzt und der Herbert macht ihn kalt.“ Richard haute auf die Tischplatte. „Mann, jetzt, wo ich es laut ausgesprochen habe, hört es sich noch wahrscheinlicher an.“
Josefine wischte ihre klammen Hände an ihrem Kittel ab. „Ich sag nicht, dass ich dir glaube, Richard. Ich geb zu, es ist möglich“, warf sie sch nell ein, als er empört Luft holte. „Aber es ist doch sehr unwahrscheinlich. Ich meine, wir reden hier von der Anneliese. Außerdem, selbst, wenn es so gewesen wäre, Richard, was hat das jetzt mit dem Tod deines Vaters zu tun?“
„Dazu komm ich jetzt. Was ist denn, wenn an meiner Geschichte was Wahres dran ist und es der
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