Ein verhaengnisvoller Winter
dreckige Dinge tut, dann ist das die liebe Anneliese.“
„Und du bist immer ein Ausbund an Tugend gewesen.“
„Es geht hier nicht um mich.“
„Aha.“
„Könntet ihr euch etwas leiser streiten? Die Gabi schläft.“ Margot betrat die Küche und schloss leise die Tür.
„Wir streiten ni cht“, stellte Josefine klar.
„Im Gegenteil. Ich wollte Josefine grade fragen, ob sie auch Altweiber ins Dorf kommt“, sagte Richard schlechtgelaunt.
„Karneval? Also, da hab ich gar nicht mehr dran gedacht.“
„Natürlich geht sie!“ Margot setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Altweiber sind wir immer alle Feiern gegangen. Natürlich kann ich dieses Jahr nicht. Aber die Lisbeth kommt bestimmt mit.“
„Ach ja? Früher sind die Frauen jahrelang in Trauer gewesen, wenn der Ehemann gestorben ist. Heutzutage geht man keine zweieinhalb Monate später feiern?“, ließ sich Richard wütend vernehmen.
Verlegen sah Margot kurz hilfesuchend zu ihrer Cousine hinüber, ehe sie erklärte: „Ich hab nicht nachgedacht, Richard. Wahrscheinlich wird sie ja auch zu Hause bleiben. Ich hab nur so daher geredet.“
„Eben“, eilte Josefine zu Hilfe. „Das ist der Margot nur so rausgerutscht, weil die Lisbeth ja sonst auch immer rausgegangen ist.“
Richard sah Josefine ungläubig an. „Als wenn mein Bruder die Lisbeth Altweiber hätte rausgehen lassen.“
„Ja, nun“, ließ Josefine die Angelegenheit fallen, „was war jetzt mit Karneval?“
„Ich wollte fragen, ob du Altweiber ins Dorf kommst.“
„Ja, also, Lust hätt ich schon. Aber alleine geh ich bestimmt nicht.“ Fragend sah Josefine ihre Cousine an.
„ Einer wird bestimmt mitkommen.“ Nach einem kurzen Blick auf Richard fügte sie hinzu: „Die Anneliese und die Hedwig lassen sich das doch nicht entgehen.
„Das glaub ich gern“, murmelte Richard.
„Bitte?“
„Nichts.“ Richard erhob sich. „Ich w erd dann mal rüber gehen. Danke für den Tee, Josi. Falls wir uns nicht mehr sehen, komm auf jeden Fall in den „Ochsen“ auf Altweiber. Dort spielt sogar dieses Jahr eine Musikgruppe“, erzählte er,seine Stimmung schon wieder etwas besser. „Mal gucken, ob ich dich als Alte erkenne.“ Er blinzelte ihr zu und zog seine Jacke wieder an. „Ich find schon selbst raus. Tschö zusammen.“ Damit war er verschwunden.
„Tja, dann werden wir nachher mal sehen, womit wir dich verkleiden auf Altweiber.“
„Hast du überhaupt was, das ich anziehen kann?“ Josefine freute sich. Endlich würde sie mal wieder unter Leute kommen. „Ist denn hier viel los auf Karneval?“
„Na, was denkst du denn? Was hab ich immer Spa ß gehabt, all die Jahre.“
„Bist du immer alleine gegangen?“
„Nein, mit der Anneliese. Am besten gehst du mit ihr. Und ich hatte ja gedacht, jetzt, wo sie endlich machen kann, was sie will, könnte die Lisbeth sich auch mal amüsieren, aber das sähe, glaub ich, wirklich nicht sehr gut aus, wenn die Feiern ginge, so frisch verwitwet, oder? Aber wahrscheinlich hätte die sowieso keine Lust gehabt. Die hat den Toni ja wirklich geliebt, so schwer es einem fällt, das zu verstehen.
Gut gelaunt trank Josefine noch eine Tasse Tee. „Also, ich freu mich jedenfalls. Ich geh nachher mal rüber und frag die Anneliese, ob sie mich Altweiber mitnimmt.
Josefine stapfte munter zwischen Hedwig und Anneliese die Straße entlang. In zwei Wirtschaften waren sie schon gewesen, und nun waren sie auf dem Weg zum Ochsen.
„Ich weiß nicht, warum wir nicht bei Meiss geblieben sind. Da war doch so eine gute Stimmung“, murrte Hedwig vor sich hin.
„Wenn die Josefine doch in den Ochsen möchte“, s agte Anneliese. „Wir können ja wieder zurückgehen, wenn da nichts los ist.“
Josefine ignorierte Hedwigs gemurre und zog die schwere Tür zur Gaststätte auf. Trotz der Kälte schwitzte sie unter ihrer Maske. Aus dem Inneren dröhnte ihnen Musik entgegen und sobald sie die Kneipe betraten, blieben sie auch schon wieder stehen. Josefine blinzelte. Dichte Rauchschwaden von unzähligen Zigaretten vernebelten ihr die Sicht, die stickige Luft raubte ihr den Atem und dank der lauten Musik und dem Gesang unzähliger Gäste konnte sie ihre eigenen Worte nicht verstehen. Josefine rückte ihre Maske zurecht und strich über ihren langen bunten Rock. Gutgelaunt drehte sie sich zu ihren Begleiterinnen um und bedeutete ihnen, ihr zu folgen. Sie versuchte, sich in der gerammelt vollen Wirtschaft zur Theke vorzukämpfen, blieb aber mitten im
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