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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Schauspielern. Myron aß mit einem Mann, dessen Abscheu vor den Medien weltberühmt war. Er hatte Fotografen verprügelt und Boulevardzeitungen verklagt. Er hatte um seine Privatsphäre gekämpft. Aber jedes Mal, wenn Myron mit ihm essen ging, setzte dieser Schauspieler sich so mitten in den Raum, dass er von der Tür aus gesehen werden konnte, und prüfte jedes Mal, wenn jemand hereinkam, mit einem kurzen Blick, ob man ihn auch erkannt hatte.
    Mit immer noch unstetem Blick sagte Rex: »Ja, ja, ich versteh schon. Ich muss ein Kleid tragen.«
    »Für ein paar Szenen schon, ja.«
    »Das hab ich früher schon mal gemacht.«
    Myron zog eine Augenbraue hoch.
    »Beruflich, meine ich. Machen Sie jetzt keine Witze. Und das war geschmackvoll. Es muss ein geschmackvolles Kleid sein.«

    »Was soll das heißen? Das Dekolleté darf nicht so tief ausgeschnitten sein?«
    »Sehr witzig, Myron. Sie sind einfach zum Schreien komisch. Und wo wir gerade dabei sind, muss ich Probeaufnahmen machen?«
    »Ja.«
    »Scheiße, ich hab achtzig Filme gemacht.«
    »Ich weiß, Rex.«
    »Kann er sich nicht einen davon angucken?«
    Myron zuckte die Achseln. »Er hat das verlangt.«
    »Gefällt Ihnen das Drehbuch?«
    »Ja, mir gefällt’s, Rex.«
    »Wie alt ist dieser Regisseur?«
    »Zweiundzwanzig.«
    »Herrje. Ich war schon weg vom Fenster, als er auf die Welt gekommen ist.«
    »Die bezahlen den Flug nach L. A..«
    »Erster Klasse?«
    »Economy, aber ich glaube, ich kann das auf Business Class aufstocken.«
    »Ach, was soll’s. Ich würd mich nur mit einem Hüfthalter bekleidet auf den Flügel setzen, wenn die Rolle in Ordnung ist.«
    »Das ist die richtige Einstellung.«
    Eine Mutter kam mit ihrer Tochter an den Tisch und bat Rex um ein Autogramm. Er lächelte großmütig und streckte die Brust raus. Dann sah er die Mutter an und fragte: »Sind Sie Schwestern?«
    Sie kicherte noch, als sie ging.
    »Wieder ein zufriedener Kunde«, sagte Myron.
    »Ich bemühe mich, den Menschen eine Freude zu machen.«
    Eine dralle Blondine bat um ein Autogramm. Rex küsste sie etwas zu intensiv. Als sie wieder wegstolziert war, hielt Rex einen Zettel hoch. »Schauen Sie.«
    »Was ist das?«

    »Ihre Telefonnummer.«
    »Toll.«
    »Was soll ich sagen, Myron. Ich liebe Frauen.«
    Myron sah nach oben rechts in die Luft.
    »Was ist?«
    »Ich hab nur überschlagen«, sagte Myron, »was bei dem Ehevertrag rausspringt.«
    »Sehr komisch.«
    Sie aßen Hähnchen aus der Fritteuse. Es hätte auch Rind sein können. Oder Garnelen. Wenn es erst einmal in der Fritteuse gewesen war, schmeckte alles gleich. Myron spürte, dass Rex ihn ansah.
    »Was ist?«, fragte Myron.
    »Es fällt mir nicht leicht, das einzugestehen«, sagte Rex, »aber ich lebe erst dann richtig auf, wenn ich im Rampenlicht stehe. Ich war drei Mal verheiratet und habe vier Kinder. Ich liebe sie alle. Ich war gern mit ihnen zusammen, aber eigentlich fühle ich mich in meinem Körper nur dann wirklich zu Hause, wenn ich im Rampenlicht stehe.«
    Myron sagte nichts.
    »Finden Sie das armselig?«
    Myron zuckte die Achseln.
    »Soll ich Ihnen noch was sagen?«
    »Was?«
    »Ich glaube, tief im Innersten geht das den meisten Menschen so. Sie sehnen sich nach Ruhm. Sie wollen erkannt und auf der Straße angesprochen werden. In letzter Zeit habe ich oft gehört, dass das eine ganz neue Entwicklung sein soll, die erst mit diesem Reality-TV-Mist aufgekommen ist, ich glaub aber, dass das schon immer so war.«
    Myron betrachtete sein erbärmliches Mahl.
    »Sehen Sie das auch so?«
    »Ich weiß nicht, Rex.«
    »Für mich ist das Rampenlicht etwas schwächer geworden,
wenn Sie wissen, was ich meine. Ich bin langsam immer weiter aus der Bühnenmitte verschwunden und etwas mehr in den Schatten gerückt. Und das war mein Glück. Im Lauf der Jahrzehnte habe ich aber auch ein paar echte Eintagsfliegen kennen gelernt. Die sind ihr Leben lang nicht glücklich geworden. Hinterher jedenfalls nicht mehr. Ich hatte Zeit, mich daran zu gewöhnen, weil das Licht allmählich schwächer wurde. Und die Leute erkennen mich immer noch. Deshalb gehe ich auch jeden Abend im Restaurant essen. Ja, ein furchtbarer Gedanke, aber es ist wahr. Und selbst jetzt, mit über siebzig, träume ich noch davon, noch mal mitten auf einer großen Bühne zu stehen, da, wo das Licht am hellsten ist. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ja, verstehe ich«, sagte Myron. »Und deshalb mag ich Sie.«
    »Wieso?«
    »Weil Sie ehrlich damit umgehen. Die meisten

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