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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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»Und worüber willst du mit mir reden?«
    »Nichts. Aber deine Mutter meinte, wir sollten mal ein offenes Gespräch unter Männern führen.«
    »Worüber?«
    »Die heutige Ausgabe der New York Times. «
    »Wie bitte?«
    »Da war heute ein Artikel drin, von dem deine Mutter meinte, dass du dich vielleicht darüber aufregst. Und deshalb sollte ich mit dir darüber sprechen. Aber das mach ich nicht. Ich geb dir einfach die Zeitung und lass dich eine Weile zufrieden, damit du den Artikel in Ruhe lesen kannst. Wenn du darüber reden willst, sagst du mir Bescheid, okay? Wenn nicht, lass ich dich in Ruhe.«
    Myron runzelte die Stirn. »Ein Artikel in der New York Times ?«
    »Im Sunday-Styles -Teil.« Dad stand auf und deutete mit dem Kinn auf den Zeitungsstapel. »Seite sechzehn. Gute Nacht, Myron.«

    »Gute Nacht, Dad.«
    Sein Vater ging den Flur hinunter. Er brauchte sich nicht zu bemühen, leise zu sein. Mom hätte auch bei einem Judas-Priest -Konzert direkt vor der Bühne schlafen können. Dad war der Nachtwächter, Mom Dornröschen. Myron stand auf. Er nahm den Sunday-Styles -Teil, schlug Seite sechzehn auf, sah das Foto und spürte, wie sich der Absatz eines Stöckelschuhs in sein Herz bohrte.
    Der Sunday-Styles- Teil der New York Times war gehobener Klatsch. Am meisten wurden die Heiratsanzeigen gelesen. Und da, oben links auf Seite sechzehn, war ein Foto von einem Mann, der an Barbies Ehemann Ken erinnerte und dessen Zähne zu gut aussahen, als dass es Jacketkronen sein konnten. Sein Kinngrübchen hätte einem republikanischen Senator gut gestanden, und er hieß Stone Norman. Im Artikel stand, dass Stone die BMV Investment Group leitete, ein extrem erfolgreiches Finanzunternehmen, das sich auf große Transaktionen institutioneller Anleger spezialisiert hatte.
    Schnarch.
    Die Anzeige verkündigte, dass Stone Norman und seine zukünftige Frau nächsten Samstag in der Tavern on the Green in Manhattan heiraten würden. Ein Geistlicher würde die Zeremonie vollziehen. Dann würden die frisch Vermählten ihr gemeinsames Leben in Scarsdale, New York, beginnen.
    Weiter schnarch.
    Aber das war es nicht, was ihm das Herz durchbohrt hatte. Nein, was wirklich weh tat und seine Knie zum Zittern brachte, war die Frau, die der gute alte Stone heiratete, die Frau, die auf dem Foto lächelnd neben ihm stand – mit diesem Lächeln, das Myron nur zu gut kannte.
    Einen Moment lang starrte Myron sie nur an. Er streckte den Finger aus und streichelte der zukünftigen Braut übers Gesicht. Im Artikel stand, dass sie Bestseller-Autorin war und sowohl für den PEN/Faulkner als auch für den National Book Award nominiert
worden war. Sie hieß Jessica Culver, und auch wenn es im Artikel nicht erwähnt wurde, war sie doch mehr als zehn Jahre lang Myron Bolitars große Liebe gewesen.
    Er saß nur da und starrte auf die Zeitung.
    Jessica, die Frau, bei der er sicher gewesen war, dass sie seine Seelenverwandte war, heiratete einen anderen Mann.
    Er hatte sie seit ihrer Trennung vor sieben Jahren nicht mehr gesehen. Für ihn war das Leben weitergegangen. Für sie natürlich auch. Warum war er jetzt so überrascht?
    Er legte die Zeitung zur Seite, dann griff er wieder danach. In einem anderen Leben hatte Myron um Jessicas Hand angehalten. Sie hatte abgelehnt. Danach waren sie – wenn auch mit Unterbrechungen – die nächsten zehn Jahre lang zusammengeblieben. Aber am Ende wollte Myron heiraten und Jessica nicht. Sie hatte sich über seine spießbürgerlichen Ideen lustig gemacht – die Vororte, die Palisadenzäune, die Kinder, die Grillabende, die Kinder-Baseballspiele der Little League. Sie hatte ihm vorgeworfen, das Leben führen zu wollen, das seine Eltern geführt hatten.
    Nur dass jetzt Jessica den großen Stone Norman heiratete und in den Mega-Vorort Scarsdale, New York, zog.
    Behutsam faltete Myron die Zeitung zusammen und legte sie auf den Kaffeetisch. Er stand seufzend auf und ging den Flur entlang. Auf dem Weg schaltete er das Licht aus. Er kam am Schlafzimmer seiner Eltern vorbei. Die Nachttischlampe war noch an. Sein Vater hüstelte, um Myron zu zeigen, dass er noch wach war.
    »Ist alles okay?«, sagte er laut.
    Sein Vater antwortete nicht, und dafür war Myron ihm dankbar. Der Mann war wie ein Hochseil-Artist, dem der unmögliche Spagat gelang, einerseits zu zeigen, dass er zur Stelle war, und gleichzeitig den Eindruck zu vermeiden, dass er sich einmischen würde.
    Jessica Culver, die Liebe seines Lebens, die Frau, von der

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