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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Schauspieler behaupten, es ginge ihnen nur um die Arbeit.«
    Rex verzog höhnisch das Gesicht. »Was für ein Humbug. Aber die können nichts dafür, Myron. Ruhm ist eine Droge. Wahrscheinlich die stärkste, die es gibt. Man wird süchtig danach, aber man will es nicht zugeben.« Rex sah ihn mit dem berüchtigten verschmitzten Lächeln an, bei dem die Mädchen früher reihenweise schwach geworden waren. »Und was ist mit Ihnen, Myron?«
    »Was soll mit mir sein?«
    »Prominente stehen also im Rampenlicht, ja? Bei mir ist es mit der Zeit immer schwächer geworden. Aber bei Ihnen, dem Spitzen-Nachwuchsbasketballspieler im Land? Sie sind auf dem Weg zur großen Profi-Karriere gewesen …«
    Myron wartete.
    »… und dann …«, Rex schnippte mit den Fingern, »… standen Sie im Dunkeln. Und Sie waren damals erst, na ja, einundzwanzig oder zweiundzwanzig Jahre alt?«
    »Zweiundzwanzig«, sagte Myron.

    »Und wie sind Sie damit zurechtgekommen? Und ich liebe Sie auch, mein Süßer. Also sagen Sie mir die Wahrheit.«
    Myron schlug die Beine übereinander. Er spürte, dass er rot wurde. »Gefällt Ihnen die neue Show?«
    »Was, das Dinner Theater?«
    »Ja.«
    »Das ist Hundekacke. Es ist schlimmer als eine Striptease-Show an der Route 17 in Lodi, New Jersey.«
    »Und das wissen Sie aus persönlicher Erfahrung?«
    »Versuchen Sie nicht, das Thema zu wechseln. Wie sind Sie damit zurechtgekommen?«
    Myron seufzte. »Die meisten Menschen würden wohl sagen, erstaunlich gut.«
    Rex hob die offene Hand und winkte lockend mit dem Zeigefinger.
    »Was wollen Sie jetzt hören?«
    Rex dachte darüber nach. »Was haben Sie als Erstes gemacht?«
    »Nachdem ich verletzt wurde?«
    »Ja.«
    »Reha. Jede Menge Reha.«
    »Und als Ihnen klar wurde, dass Ihre Tage als Basketballspieler vorbei sind …?«
    »Bin ich wieder auf die Uni gegangen und habe Jura studiert.«
    »Wo?«
    »Harvard.«
    »Sehr beeindruckend. Und als Sie da Ihren Abschluss gemacht hatten?«
    »Das wissen Sie doch, Rex. Ich habe eine Agentur für Profi-sportler gegründet, die sich dann auf andere Bereiche ausgeweitet hat und jetzt auch Schauspieler und Schriftsteller vertritt.« Er zuckte die Achseln.
    »Myron?«

    »Was ist?«
    »Ich wollte die Wahrheit hören.«
    Myron spießte mit der Gabel etwas vom Teller auf und kaute bedächtig. »Bei mir sind nicht nur die Lichter ausgegangen, Rex. Das war ein alles umfassender Stromausfall. Ein Jahrhundert-Blackout.«
    »Ich weiß.«
    »Also musste ich das Ganze hinter mir lassen.«
    »Und?«
    »Und das ist alles.«
    Rex schüttelte den Kopf und lächelte.
    »Was ist?«
    »Nächstes Mal«, sagte Rex. Er nahm seine Gabel. »Sie können es mir nächstes Mal erzählen.«
    »Sie sind eine Nervensäge.«
    »Aber Sie lieben mich, vergessen Sie das nicht.«
    Als sie fertig gegessen und getrunken hatten, war es spät geworden. Der zweite Abend hintereinander, an dem er was getrunken hatte. Myron Bolitar, der Saufkumpan der Stars. Er begleitete Rex noch ins Hotel, bevor er mit dem Taxi weiter zur Wohnung seiner Eltern fuhr. Er hatte einen Schlüssel. Er schloss leise auf, als bemühe er sich, Mom und Dad nicht zu wecken. Dabei wusste er ganz genau, dass das nichts nützte.
    Der Fernseher lief. Sein Vater saß im Wohnzimmer. Als Myron eintrat, tat Dad so, als wäre er gerade aufgewacht. Das stimmte nicht. Dad wartete immer, bis Myron nach Hause kam. Wie spät es war, spielte dabei keine Rolle. Und dass Myron schon mitten in seinem vierten Lebensjahrzehnt stand, auch nicht.
    Myron trat hinter den Sessel seines Vaters. Dad drehte sich um und empfing ihn mit dem Lächeln, das er sich nur für Myron aufsparte und mit dem er ihm versicherte, dass er das Größte war, was die Augen dieses Mannes je erblickt hatten. Wie sollte man das übertreffen?
    »Hattest du einen schönen Abend?«

    »Rex ist ziemlich cool«, sagte Myron.
    »Ich mochte seine Filme.« Sein Vater nickte ein paar Mal zu oft. »Setz dich doch noch einen Moment.«
    »Was ist los?«
    »Setz dich einfach, okay?«
    Er setzte sich. Myron legte die Hände in den Schoß. Wie ein Achtjähriger. »Geht’s um Mom?«
    »Nein.«
    »Ihr Parkinson wird schlimmer.«
    »So ist das mit Parkinson, Myron. Das wird immer schlimmer.«
    »Kann ich irgendwas tun?«
    »Nein.«
    »Vielleicht kann ich wenigstens was dazu sagen.«
    »Tu’s nicht. Das ist besser so. Außerdem kannst du ihr nichts sagen, was deine Mutter nicht längst weiß.«
    Jetzt war es an Myron, ein paar Mal zu oft zu nicken.

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