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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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würde seine Tochter suchen. Rund um den Erdball.
    So hatte sie es nie gewollt, aber scheinbar ging es nicht anders. Es brach ihr das Herz, wenn sie daran dachte, was sie Melody damit antat. Und obwohl sie es sich nicht gerne eingestand: Es brach ihr ebenfalls das Herz, Jack diese Trennung anzutun.

Dreißigstes Kapitel
    Unruhig ging Jack in seinem Wohnzimmer auf und ab, hilflos seinen verwirrenden, widersprüchlichen Gefühlen ausgeliefert. Alle im Club schliefen – nur er hielt sich wach, wehrte sich gegen die Müdigkeit, weil er seine Träume nicht ertrug. Er lehnte eine Schulter gegen den Fensterrahmen und starrte in den mondbeschienenen Garten hinab. Was sollte er tun?
    Wenn er ihr Melody nicht gab, würde sie ihm nie vertrauen. Und im anderen Fall lief sie mit ihr davon, um nie wieder zurückzukehren. Er steckte in einer Zwickmühle, denn so oder so hatte er das Nachsehen. Er fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und dachte krampfhaft über eine Lösung dieses Dilemmas nach. Wie konnte er die Familie bekommen, die er wollte? Wie ihr verständlich machen, was sie ihm bedeutete – was sie beide ihm bedeuteten?
    Sein Blick fiel auf ein Stück Leinen, das unter dem Vorhang hervorlugte. Er bückte sich und griff nach dem schmuddeligen, verknoteten Ding. Gordy Annes schwarze Augen schauten ihn fragend an, als er sie mit in seinen Ohrensessel am Kamin nahm. » Was meinst du? « , sagte er. » Was soll ich tun? « Erst vor Kurzem hatte er die Lumpenpuppe als gute Zuhörerin betrachtet, um Meldody einen Gefallen zu tun, jetzt musste sie es beweisen. Außer ihr stand schließlich niemand zur Verfügung, der seine Sorgen teilen könnte.
    Schlaff hing Gordy Anne in seinem Griff, und ihr Knotenkopf fiel nach hinten. Er schüttelte sie sacht. » Komm schon! Ich brauche ein bisschen Hilfe. « Keine Antwort. Na ja, das konnte er kaum erwarten, wenn er selbst schon keine wusste. » Du brauchst dringend ein Bad, altes Ding « , sagte er und warf sie hinüber in Melodys kleinen Sessel.
    Gordy Anne. Von seinen Freunden wusste er, welche Bewandtnis es mit ihr hatte. Eigentlich wollte Colin das kleine Mädchen, das da wie vom Himmel gefallen auf den Stufen des Clubs saß, bloß ein wenig ablenken, indem er ihm mit einem weißen Halstuch das Binden von Knoten vorführte. Wie Melody dann in dem gordischen Knoten eine Puppe erkannte, würde wohl immer ihr Geheimnis bleiben. Jedenfalls wurde Gordy Anne ihr Ein und Alles, und jeder im Brown’s hütete sich, sie als schmutziges Halstuch oder als alten Lumpen zu bezeichnen.
    Jack seufzte und schaute nachdenklich hinüber zu Gordy Anne. » Und Alexander der Große sah den Gordischen Knoten « , zitierte er murmelnd, » den nicht einmal die klügsten Köpfe seiner Welt lösen konnten. Er hob sein Schwert und zertrennte den Knoten mit einem großen Aufschrei … «
    Langsam verebbte seine Stimme zu einem Flüstern. » Zertrennen … «
    Was machte man, wenn sich ein Knoten nicht mehr lösen ließ? Man nahm ein Schwert und schlug ihn entzwei.
    Und wenn es sich um das eigene Herz handelte?
    In der blauen Stunde vor der Morgendämmerung schlüpfte Laurel aus Jacks Gästezimmer, um in ihr eigenes Schlafzimmer zurückzukriechen. Sie war kaum in der Lage zu gehen nach dieser unglaublichen Nacht …
    Es war kein ungefährliches Unterfangen, im Nachthemd durchs Haus zu schleichen. Einige der Diener waren bestimmt schon auf, denn im Haus hielten sich viele Gäste auf.
    Als sie endlich unbemerkt dort anlangte, wo sie sein sollte, lehnte sie sich mit dem Rücken von innen gegen die geschlossene Tür und holte tief Luft.
    Der Raum kam ihr mit einem Mal merkwürdig vor. Es war das Zimmer eines Kindes, voller Bücher und Zeichnungen und Haarbänder. Es fühlte sich irgendwie falsch an.
    Die Welt würde nie wieder so sein wie früher – und sie auch nicht. In dieser Nacht hatte sie einen Teil ihrer Persönlichkeit entdeckt, von dessen Existenz sie bis zu diesem Moment nichts ahnte.
    Sie erinnerte sich an ihre alte Gouvernante. Einen der wenigen Menschen in ihrer Umgebung, der Amaryllis nicht vorzog und Laurel lieber mochte, weil sie Bücher liebte und neugierig und wissensdurstig war. Stille Wasser gründen tief, erklärte sie einmal, als Laurel sich darüber beklagte, von ihrer Schwester ständig in den Schatten gestellt zu werden.
    » Stille Wasser « , flüsterte Laurel jetzt vor sich hin. Wie wahr. In diesem Haus, in dem niemand an etwas anderes als an Wohlstand und gesellschaftliches Ansehen

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