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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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weiterzuschlafen. Er war ja schon dankbar, wenn er nicht schreiend erwachte.
    Als er aufstand, kühlte die Luft seine nackte Haut. Er hatte es sich angewöhnt, ohne Nachtwäsche zu schlafen. Um sich nicht zu seinen beängstigenden Träumen zusätzlich eingeengt zu fühlen. Er fürchtete sich etwa gelegentlich davor, der Kragen könnte sich unversehens zu einer Schlinge verwandeln, und seit sein zusammengeknäueltes Nachthemd ihn einmal beim erschreckten Aufwachen an einen Leichenhaufen erinnert hatte, schlief er ausschließlich nackt. Inzwischen fand er diese Angewohnheit überaus angenehm. Noch schöner wäre es allerdings, wenn Laurel ebenso nackt neben ihm liegen würde, dachte er.
    Vom Garten drangen die Geräusche des Frühlingsmorgens mit lustigem Vogelgezwitscher zu ihm herauf. Er zog seinen Morgenmantel an und trat ans Fenster. Der lange Jahre vernachlässigte Garten begann sich positiv zu verändern, vermutlich ein Werk der Damen. Draußen entdeckte er eine anmutige Person mit Hut, die sich über ein Blumenbeet beugte und enthusiastisch, wenngleich amateurhaft darin herumhackte. Der rote Zopf, der ihr über den Rücken fiel, verriet ihm, dass es sich um Pru handelte. Nicht lange, und Madeleine eilte ebenfalls herbei, redete freundlich auf die Jüngere ein. Vielleicht verfügte sie ja über größere Kenntnisse in puncto Gartenarbeit als Colins Frau.
    Als die beiden einen auffliegenden Vogel beobachteten, entdeckten sie ihn am Fenster und winkten ihm strahlend zu. Plötzlich überkam ihn ein warmes Gefühl. Er fühlte sich willkommen, als sei er nach langer Irrfahrt endlich angekommen. Dieser Club war sein Zuhause, denn schließlich gehörten die Redgraves einst zu den Gründungsmitgliedern, und außer ihm gab es nur noch wenige direkte Nachfahren der alten Garde. Er selbst bewohnte genau jene Zimmerflucht, die der erste Redgrave für sich gewählt hatte.
    Früher schien ihm das nichts Besonderes, weil er nicht viel auf Traditionen gab. Erst das strahlende Lächeln der beiden jungen Frauen, die jetzt ebenfalls hier zu Hause waren und das alte Gebäude mit neuem Leben füllten, erinnerte ihn wieder daran.
    Unten im Garten schaute Pru nachdenklich zu dem Mann am Fenster hoch, während sie ihm lächelnd zuwinkte. » Irgendetwas Merkwürdiges geht in ihm vor « , murmelte sie.
    » O ja « , bestätigte Maddie. » Ich habe ihn noch nie so warm gesehen, so … «
    » Menschlich? « , fragte Pru trocken.
    Madeleine drehte sich überrascht zu ihr um. » Exakt! «
    » Colin ist ganz aus dem Häuschen. Er findet, wir sollten die Suche nach dieser Pflegemutter für eine Weile aufgeben. Er möchte, dass Jack erst ganz zurück ins Leben findet. «
    » Das ist gefährlich, meinst du nicht? Je mehr Zeit er mit Melody verbringt, desto schlimmer wird ihn der Verlust treffen. Wir alle werden am Boden zerstört sein, doch Colin und Aidan haben uns. Jack hingegen wird dann wieder schrecklich einsam sein. «
    Pru zog die Brauen zusammen und schaute weiter zu dem Gebäude hinüber. » Ich weiß nicht genau, was es ist, aber irgendwas geht mit dem Mann vor … «
    Maddie nickte. » Es scheint, als würde er die Tatsache einfach ignorieren, dass sie uns vielleicht verlässt. Weißt du, dass ich ihn gestern habe lachen hören? «
    » Wirklich? «
    » Na ja, fast. «
    » Vielleicht vergisst er es, oder … Ist dir eigentlich aufgefallen, wie er in letzter Zeit manchmal einfach aufsteht und den Raum verlässt? Als könnte er es nicht ertragen, still zu sitzen. « Pru wischte sich mit dem Unterarm über die Stirn, weil ihre behandschuhten Hände zu schmutzig waren.
    » Oder als müsste er dringend irgendwohin. «
    » Und dann ist er stundenlang verschwunden. «
    Maddie beugte sich dicht zu ihr, obwohl weit und breit keine Menschenseele außer ihnen zu sehen war. » Neulich hat er eine Schachtel von Lementeur zum Müll getragen « , flüsterte sie. » Eine sehr große. «
    Prus Augen weiteten sich. » Es kann eigentlich nur eine von unseren gewesen sein, eine alte. Meinst du nicht? «
    Die Freundin schüttelte den Kopf. » Nein. Eine so große hatte ich nie – und du meines Wissens auch nicht. «
    Es dauerte eine Weile, bis Pru die Bedeutung von Madeleines Beobachtung begriff. Sobald der Groschen gefallen war, begann sie glucksend zu lachen und steckte die andere mit ihrer Heiterkeit an.
    Wenn Jack in diesem Moment aus seinem Fenster geblickt hätte, wäre er überaus verwirrt gewesen: zwei reizende, vornehme Damen, die im Garten von

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