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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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hatte, auch wenn sie nicht das Geld hatte, dorthin zu fahren. Es folgten ein paar Einzelheiten über sein Privatleben, die Patricia eigentlich schon bekannt waren, eine Anekdote über die Aufzeichnung seines letzten Hits, einige Indiskretionen über seine Sammlungen, seinen neuen Schlagzeuger, seine Kindheit und schließlich die Aufzeichnung eines seiner Songs, die mindestens drei Minuten fünfundvierzig Sekunden dauerte. Letztendlich war Patricia, die von der Stimme des Anrufbeantworters aufgefordert wurde, bald wieder anzurufen, um das Neueste über ihren Star zu erfahren, etwas enttäuscht. Zumindest aber hatte sie das prickelnde Gefühl, zehn Minuten mit ihrem Star, der ihr nachts den Schlaf raubte und den sie gerne in die Arme genommen hätte, verbracht zu haben.
    Schließlich war das ja nicht so schlimm. Das einzige Problem bestand darin, dass die Angestellten dieses Telefonservices alles so organisiert hatten, dass es sich für sie lohnte. Ihre Hauptservicestelle befand sich deshalb in England, also außerhalb des französischen Vorwahlnetzes. Die Leute vom Hitservice hatten sich mit der Telefongebührenstelle darauf geeinigt, dass bei allen Anrufen, die auf die Annoncen folgten, eine stattliche Provision gezahlt wurde. Und schließlich, und das war das Raffinierteste an der Geschichte, installierten sie ihren freundlichen Anrufbeantworter auch in Australien und in Neuseeland. Wenn Patricia, Josy und andere Jugendliche am elterlichen Telefon die entsprechenden Nummern wählten, waren sie, ohne es zu wissen, mit dem anderen Ende der Welt verbunden und verbrachten am Telefonhörer die teuersten zehn Minuten ihres Lebens.
     

Die Loire-Schule
     
    Was die Kunstfertigkeit angeht, so gibt es keinen Unterschied zwischen einer Fälschung und einer Kopie. Beide geben das Werk eines verstorbenen Künstlers getreu wieder. Nur ist ein Kopist ehrlich, während ein Fälscher unehrlich ist, da er seine Tätigkeit verheimlicht. Zwischen beiden gibt es außerdem noch André Mailfert, der sich nicht richtig einordnen lässt. Der Schwindel, den er in den Dreißiger Jahren aufgezogen hat, ist in der ganzen Geschichte sicher einzigartig. Er hat zwar gemogelt und gelogen, dies aber mit großer Intelligenz und viel Talent getan. Und weil es für einen guten Zweck war, verdient er im Grunde unsere Bewunderung.
     
    Der aus Orléans gebürtige André Mailfert übte Ende des 19. Jahrhunderts den Beruf eines Aquarellmalers aus. Er war vernarrt in antike Möbel, nur besaß er nicht genug Geld, um sich welche leisten zu können. Die schönsten Stücke waren unerschwinglich. Da kam ihm eine Idee, die ihn zu einem reichen Mann machen sollte.
    Bestimmt gab es viele Gleichgesinnte, denen es genauso erging wie ihm. Warum sollte man für sie keine Kopien schaffen? Allerdings echte Kopien. Keine billigen Imitationen, sondern völlig identische Reproduktionen. Die würden genauso aussehen wie Originale und wären in einer Wohnung genauso dekorativ, nur würden sie sehr viel weniger kosten.
    Damit hatte André Mailfert eine Marktlücke entdeckt. In seiner Heimatstadt Orléans gründete er 1904 eine kleine Fabrik für antike Möbelkopien. Und er sollte Recht behalten. Es klappte und die Bestellungen strömten nur so herein. 1913 musste er sich deshalb bereits vergrößern. In Orléans bezog er ein Wohnhaus aus der Renaissance und stellte weiter herrliche Kopien her: Renaissancesessel, Barockkommoden, venezianische Spiegel, Biedermeiertische und Frisiertischchen aus dem Rokoko.
    Dieser Erfolg war kein Zufall, sondern allein der Detailversessenheit, die bis zur Perfektion getrieben wurde, zu verdanken. Abgesehen vom anfänglichen Zersägen der Holzblöcke benutzte Mailfert genau dieselben Techniken wie in der jeweiligen Stilepoche. Insbesondere das Rezept für die Lacke wurde genauestem eingehalten. Gealtert wurden die Möbel sehr trickreich durch Brennen, Vergilben, Schläge, Farbrisse und Einreiben mit Staub. Das Ergebnis waren Möbel von unvergleichlicher Qualität, die oft teurer verkauft wurden als Originale in schlechtem Zustand. Übrigens zögerten manche gewissenlose Antiquitätenhändler nicht, diese Möbel als echte Stücke zu verkaufen, wofür Mailfert jedoch nichts konnte. Sein Betrieb florierte so, dass er bald zweihundertfünfzig hoch qualifizierte Leute beschäftigte.
    Da kam es 1931 plötzlich zur Krise. Nach dem Börsenkrach im Jahr 1929 an der New Yorker Börse machten sich die Folgen auch in Frankreich bemerkbar und trafen

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