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Ein Versprechen aus Afrika

Ein Versprechen aus Afrika

Titel: Ein Versprechen aus Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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und nie aufgespürt werden konnte, konnte Monsieur René in Nîmes verhaftet werden, wo er sich versteckt hielt. Mit Rücksicht auf sein hohes Alter ließ man ihn jedoch vorläufig auf freiem Fuß.
    Der Prozess begann im Dezember 1992 vor der 12. Pariser Strafkammer. Obwohl nach den Worten des Staatsanwaltes »die Opfer kaum Beachtung verdienen«, wurden harte Strafen beantragt. Nach eingehender Beratung sprach man im Februar 1993 das Urteil: für Camille Moreau drei Jahre Gefängnis, von denen sechs Monate auf Bewährung ausgesetzt wurden, und 1 300 000 Franc (fast 200 000 Euro) Strafe; für René Degros drei Jahre Gefängnis, davon dreißig Monate auf Bewährung, und 1 000 000 (150 000 Euro) Strafe. Gegen die Helfershelfer, Camille Moreaus Werber, wurden leichte Haftstrafen, die mit der Untersuchungshaft abgebüßt waren, und schwere Geldbußen verhängt. Acht Personen, denen keine Verantwortung nachgewiesen werden konnte, wurden freigesprochen.
    So endete der letzte bekannte Schneeball-Schwindel. Doch wird es garantiert noch eine Menge anderer geben, weil die Habgier bei vielen Leuten den Verstand und jeden Sinn für Moral ausschaltet.
    Man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Hinter einer Geldanlage, die zehn Prozent im Monat oder eine ähnlich traumhafte Rendite bringt, muss einfach ein Schwindel stecken. Man kann sogar noch weiter gehen: Eine solche Anlage zu tätigen ist, zumindest vom moralischen Standpunkt aus gesehen, reiner Betrug.
     

Alles über Patrick
     
    Frankreich, 1992.
    »Patricia, komm mal her! Was soll denn das bedeuten? Mit wem hast du eigentlich telefoniert? Schau dir mal die Rechnung an.«
    Monsieur Dumontier, Patricias Vater, schäumte vor Wut, während er die Telefonrechnung hin und her schwenkte. »Das kann doch nicht wahr sein, achttausendsiebenhundertvierzig Franc (etwa eintausendvierhundertneunzig Euro) in zwei Monaten.«
    Patricia, die sechzehn Jahre alt und ein paar Kilo zu schwer war, schwieg. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ja, sie hatte mit ihren Freundinnen telefoniert. Ja, die Gespräche waren etwas länger gewesen als sonst. Aber sie begriff wirklich nicht, weshalb die Telefonrechnung so hoch war.
    Am nächsten Tag begab sich Monsieur Dumontier, der einen Fehler der Telefongesellschaft vermutete, zur Telefondienststelle, um Einspruch zu erheben. Man bat ihn, zuerst die Rechnung zu bezahlen, dann erst würde man Nachforschungen anstellen können, um das Problem zu lösen. Monsieur Dumontier drohte, sein Telefon abzumelden oder es abzuschließen, aber er zahlte und wartete auf eine ausführliche Erklärung. Als diese Erklärung eintraf, wäre er fast aus der Haut gefahren und Patricia erhielt eine väterliche Strafpredigt. Unter Tränen begriff sie, worin das Problem bestand.
    Schuld war die unbändige Leidenschaft, die Patricia für die Sänger empfand, die gerade ganz oben auf den Hitlisten standen — wie Patrick, Rocky oder Johnny. Diese Leidenschaft, die täglich durch das Radio, das Fernsehen und die Jugendzeitschriften geschürt wurde, hatte in den Köpfen einiger internationaler Betrüger eine Idee entstehen lassen. Warum sollten sie sich nicht mit wenig Kostenaufwand eine Einkommensquelle verschaffen? Die Idee war einfach. Man fügte in die Jugendzeitschriften kleine Annoncen ein, die vertrauliche Informationen über jene Stars enthielten, die zurzeit besonders gefeiert wurden. Außerdem war darin zu lesen: »Wenn ihr alles über Patrick, Rocky, Johnny oder Frédéric erfahren wollt, dann wählt folgende Nummer...«
    Für Patricia war das Telefonieren ein ganz normaler Vorgang wie für jedes andere junge Mädchen zu dieser Zeit. Sie notierte die erstaunlich langen Nummern in ihr Tagebuch. Sie würde außergewöhnliche Auskünfte über ihre Idole erhalten und ihre Freundinnen beeindrucken, wenn sie die vertraulichen Informationen brühwarm an sie weitergab.
    Patricia wählte also die entsprechende Nummer. Sie tippte die Vorwahl ein, wartete auf den Ton, wählte eine Nummer und vernahm das Rufzeichen; es klickte in der Leitung, der Anschluss schien weit entfernt zu sein, sogar sehr weit. Schließlich hörte sie einen Anrufbeantworter, der munter drauflosplapperte: »Guten Tag, willkommen bei der Spezialleitung, die euch das Neueste über euren Star, den supersympathischen Sänger Patrick verrät...« Das war toll, wenn auch ziemlich weitschweifig. Nach einigen Minuten Blabla freute sich Patricia, weil sie jetzt alles über die Sommertournee ihres Idols erfahren

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