Ein Versprechen aus Afrika
Werke.«
Nach den vielen Einzelheiten, die sich schließlich keiner ausgedacht haben konnte, folgten Abbildungen mit den Möbelentwürfen des Meisters in diesem einzigartigen ländlichen Rokokostil, insbesondere ein Bücherschrank, ein Sekretär und ein Schlafzimmer. Darüber hinaus war die Broschüre mit einem Porträt illustriert, das den Kunsttischler in voller Größe vor einer Meereslandschaft mit einem Schiffbruch in der Ferne zeigte. Dieses seltsame Motiv ließ sich auf ein Ereignis in Jean-François Hardys Leben zurückführen. Auf der Rückfahrt von Holland nach Frankreich wurde sein Schiff vom Blitz getroffen und sank vor Nantes. Allerdings konnte er sich an einen Balken aus Zitronenholz klammern und dadurch sich und seine ganze Familie retten.
Darüber hinaus erwähnte der Text noch eine Einzelheit, die Mailferts größter Geniestreich war. Zurück in Frankreich fand Jean-François Hardy ein Land vor, das durch den Law-Bankrott ruiniert war. Darum hatten die Mitglieder der guten Gesellschaft zu der Zeit für Dinge, die nicht gerade unentbehrlich waren, kein Geld. Hardy beschloss deshalb, aus preiswertem Holz einfache, aber geschmackvolle Möbel herzustellen. Wundersamerweise waren die Erzeugnisse des unbekannten Meisters aus dem 18. Jahrhundert wie geschaffen für den Markt nach der Krise des Jahres 1929. Man konnte sich praktisch schon auf den Andrang der Kunden gefasst machen.
Zunächst einmal wurde André Mailfert jedoch mit Fragen zu seiner Entdeckung bestürmt. Wie waren Jean-François Hardys Zeichnungen in seinen Besitz gelangt und warum hatte er sie ausgerechnet jetzt veröffentlicht? Dies erklärte er auf einem Empfang, den er wenig später gab und zu dem nicht nur die Honoratioren von Orléans, sondern auch Kunstliebhaber aus ganz Frankreich erschienen.
»Am 1. August 1914 habe ich allen Angestellten, die an die Front geschickt wurden, ein Glas Champagner spendiert. Einer meiner Kunsttischler, Simon Hardy, gab mir eine alte Truhe in Verwahrung, die seinem Ahnen gehört hat. Er sagte, ich könne sie öffnen, falls er nicht zurückkehren sollte.«
»Und dieser Simon Hardy ist im Krieg gefallen?«
»Ja, 1916 beim Piton de Vauquois.«
»Warum haben Sie die Kiste nicht schon damals geöffnet?«
»Von seinem Tod habe ich erst spät erfahren. Ich hatte die Kiste auf den Dachboden gestellt und muss gestehen, dass ich sie dort völlig vergessen hatte. Erst als ich Anfang des Jahres ein bisschen aufräumen wollte, bin ich zufällig auf sie gestoßen.«
Es war ein voller Erfolg, ein echter Triumph! Von einem Tag auf den anderen sprach man in Fachkreisen nur noch von Jean-François Hardy. Eine Kunstzeitschrift widmete ihm ihre Weihnachtsnummer. Ein Postkartenverlag verdiente ein nettes Sümmchen mit einer Abbildung, die das Porträt des Kunsttischlers mit dem Schiffbruch in der Ferne zeigte. Unter der Schirmherrschaft des Kultusministeriums hielt André Mailfert einen Vortrag im Nationalen Radio, was damals ein höchst selten gewährtes Privileg war.
Vor allem aber machte er sich an die Arbeit. Wundersamerweise liefen die Geschäfte nämlich wieder. Nach der Veröffentlichung seiner Broschüre erhielt er Aufträge für drei Millionen Franc. So verließen die ersten »Kopien« nach den in der Kiste gefundenen Zeichnungen die Werkstatt. Wie vorhergesehen verkaufte er sie teurer als gewöhnliche Kopien, weil keine Originale bekannt waren. Und seine Angestellten mussten nicht mehr um ihren Arbeitsplatz fürchten, sondern waren sogar gezwungen, Überstunden zu machen.
Alle fielen auf den Schwindel herein. Ein Experte griff Mailfert sogar in einer Fachzeitschrift an mit dem Vorwurf, er habe die Zeichnungen des Meisters nicht exakt genug kopiert. In diesem Artikel erklärte er: »Sie haben das Werk von Jean-François Hardy vernichtet!« Als ein Reporter der Zeitung Figaro das Geburtshaus von Jean-François Hardy in Tours in der Rue de la Sellerie entdeckte, wurde gleich eine Gedenktafel bestellt. Derselbe Journalist erklärte sich bereit, die Leitung eines »Comité Jean-François Hardy« zu übernehmen. Das Museum von Blois machte einen ganzen Saal frei, um seine Erzeugnisse auszustellen.
Doch wenn Sie heute durch die Rue de la Sellerie in Tours spazieren, werden Sie keine Marmortafel mit dem Namen des Kunsttischlers finden, und das Museum von Blois konnte seinen guten Ruf gerade noch rechtzeitig retten. Nachdem André Mailfert sein Personal endgültig versorgt hatte, beschloss er 1935, in den
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