Ein Versprechen aus Afrika
alles.
Folglich war Karl Zeller etwas überrascht, als er Anfang September 1963, einem Sonntag, einen Anruf von John Schmidt erhielt.
»Mein lieber Zeller, ich bin heute den ganzen Tag nicht da, weil ich Geschäfte in Montreal zu erledigen habe. Ich rechne mit Ihnen und damit, dass Sie mich unterdessen in Hogeville vertreten werden.«
Zeller protestierte zuerst ein wenig, aber Schmidt fand die richtigen Worte, um ihn zu beruhigen: »Es ist wirklich nicht schwierig. Sie sorgen nur dafür, dass es niemandem an irgendetwas fehlt, und Sie holen die Tiere heraus, um sie den Besuchern zu zeigen, wenn diese es wünschen. Sie werden sehen, es ist ganz einfach. Auf jeden Fall bin ich morgen zurück.«
Leicht missgelaunt fuhr Zeller zu der vorbildlichen Farm. Als er in seinem dicken amerikanischen Wagen über die geraden Landstraßen Torontos fuhr, kehrte seine gute Laune zurück. Im Grunde war er gar nicht so unglücklich über diesen unerwarteten Ausflug. Bisher war er nur zwei Mal in Hogeville gewesen, sozusagen als Besucher, denn Schmidt war hier der Alleinherrscher, der alles kannte und dafür sorgte, dass alles funktionierte.
Und jetzt würde er sich mit eigenen Augen davon überzeugen, wie alles lief, würde höchstpersönlich erkunden, was es mit der Gesellschaft »Vereinigter kanadischer Züchter« auf sich hatte.
Nach einer viertelstündigen Fahrt parkte Karl Zeller seinen Wagen auf dem hervorragend angelegten Parkplatz. Hogeville besaß Gebäude, die funktional ausgestattet und zugleich gemütlich waren. Er lächelte zufrieden. Das Restaurant, das Hotel, das Tanzlokal und der Pool waren sehr hübsch. Hier war wirklich gute Arbeit geleistet worden. Lediglich die Gebäude, in denen die Schweine untergebracht waren, erstaunten ihn ein wenig. In seiner Erinnerung waren sie viel größer. Er würde sie sich anschauen. Dafür war er ja hier.
Wo waren die Schweine? Er müsste sich einfach nur genau erkundigen, sagte sich Karl Zeller und machte sich gleich auf die Suche nach einem Angestellten. Doch auch das Personal erschien ihm heute viel weniger präsent zu sein, als er erwartet hatte. Kaum jemand schien sich um Hogeville zu kümmern, das doch mit zwanzigtausend Schweinen eine der größten Schweinezuchten des Umkreises darstellen sollte. Aha, da war ja ein Farmjunge, der auf einem Schubkarren Streu geladen hatte. Zeller sprach ihn mit einem freundlichen Lächeln an: »Sag mal, mein Junge, wie viele Tiere sind hier?«
Der Junge erwiderte, ohne stehen zu bleiben: »Zweitausend. Vielleicht auch ein paar mehr oder weniger... Ich rate Ihnen, sich an Herrn Schmidt zu wenden.«
Karl Zeller überlegte. Aber ja, Schmidt hatte ihm doch irgendwann erzählt, dass das Unternehmen noch drei weitere Farmen besaß. Die anderen Schweine befanden sich sicherlich dort und man musste sie wahrscheinlich jedes Mal, wenn es ihre Eigentümer wünschten, nach Hogeville bringen.
Karl Zeller ging immer noch neben dem Jungen mit der Schubkarre her. »Kommen häufig Schweine von den anderen Farmen hierher?«
Der Junge zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, ich bin darüber nicht auf dem Laufenden. Sie sollten besser Herrn Schmidt fragen.«
Karl Zeller schwor sich, diesen Herrn Schmidt sofort nach seiner Rückkehr zu fragen, und zwar spätestens in aller Frühe am nächsten Morgen. Inzwischen erforschte er weiterhin die Farm. Er stieß auf ungefähr zweitausend Schweine, doch zu seinem Erstaunen trugen sie nicht ihr berühmtes Identitätsschild um den Hals. Und noch seltsamer war, dass Karl Zeller diese Schilder, alphabetisch geordnet, in einem kleinen Nebengebäude fand. Es waren um die zwanzigtausend, also eines pro verkauftem Schwein.
Der unglückselige Vorsitzende der deutschen Gemeinde von Toronto hatte alles durchschaut. Es hatte nie eine andere Farm als Hogeville gegeben. Die »Vereinigten kanadischen Züchter« hatten alles in allem zweitausend Schweine, zweitausend Schweine und... zwanzigtausend Identitätsschilder gekauft. Er schickte die Sonntagsbesucher, die ihn ansprachen, ob sie ihren kleinen Helmuth oder ihre kleine Frida sehen könnten, auf einen Spaziergang. Was konnte er jetzt tun? Es war Sonntag, alles war geschlossen, vor allem die Banken. Er musste den folgenden Tag abwarten.
Nachdem er am Montag vergeblich versuchte, Schmidt telefonisch zu erreichen, rief er die Bank an und erkundigte sich nach dem neuesten Kontostand. Man erwiderte ihm höflich: »Tausend Dollar.«
Karl Zeller rang nach Atem.
»Aber es müssten
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