Ein Versprechen aus Afrika
an diesem schönen Julitag des Jahres 1962 geschwommen waren.
Ja, ihr Gastgeber, John Schmidt, hatte alles wunderbar organisiert. Er war übrigens ein charmanter Mann, der sich trotz der vielen Gäste rührend um sie kümmerte. Dieser Mann wirkte so schlicht in seiner Bauernlatzhose und war doch so beeindruckend. Man spürte, dass er ein Gentleman war.
Und dann kam der heiß ersehnte Augenblick, der eigentliche Anlass für ihre Anwesenheit in Hogeville. Herr und Frau Müller gingen Arm in Arm auf ein kleines, etwas abseits gelegenes Gebäude zu. Endlich würden sie Hans, ihren kleinen Hans, ihren lieben kleinen Hans wiedersehen...
John Schmidt erwartete sie in dem Gebäude, erhaben und freundlich wie zuvor. Und neben ihm stand Hans. Herr und Frau Müller stießen unwillkürlich Worte der Bewunderung aus: »Wie hübsch er ist, wie niedlich und schon so groß für sein Alter!«
Hans selbst nahm diese rührenden Zärtlichkeitsbezeugungen relativ gelassen entgegen. Er begnügte sich damit, ein paar Grunzlaute auszustoßen, was eigentlich auch nicht erstaunlich war, da Hans ein reizendes Schweinchen von sechs Monaten war.
Um diese Geschichte zu verstehen, muss man etwas zurückgreifen. Es war zu Beginn des Jahres 1962 in einem Kinosaal in Toronto. An jenem Abend hatten sich etwa hundertfünfzig Angehörige der deutschen Kolonie der Stadt eingefunden, meist einfache Leute, Arbeiter aus der Metall-, Automobil- und Chemieindustrie.
Ein Mann ergriff das Wort. Es war Karl Zeller, Inhaber eines Kaufhauses in Toronto und der Vorsitzende der deutschen Kolonie. Er war klein, rotgesichtig und etwas zu elegant gekleidet.
»Meine lieben Freunde, heute will ich euch einen unserer Landsleute vorstellen, der euch hochinteressante Dinge zu erzählen hat. Hier ist John Schmidt!«
Ein neugieriges Gemurmel ging durch den Saal, während sich der rote Vorhang hob und ein etwa vierzigjähriger Mann mit dem Verhalten eines Playboys erschien. Er hatte blaue Augen, blonde Haare und ein fotogenes, selbstsicheres Lächeln. Mit geschmeidigen Schritten näherte er sich dem Mikrofon. Die Zuhörer hingen bereits wie gebannt an seinen Lippen. Sie wurden nicht enttäuscht, denn John Schmidt kam direkt zur Sache.
»Meine Freunde«, fing er in perfektem Deutsch an, »ich kenne eure Probleme. Ihr habt eure Heimat unter schwierigen, oft schmerzlichen Umständen verlassen, und hier habt ihr schwierige Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne vorgefunden...«
Eifriges Kopfnicken bewies die vollkommene Zustimmung der Anwesenden.
»Ich bin seit 1952 in Kanada und habe die Chance erhalten, die ihr alle verdient. Ich hatte Erfolg. Aber ich habe nicht das Recht, den Reichtum, den ich meiner Arbeit verdanke, für mich zu behalten. Ich sehe mich gezwungen, habe die moralische Pflicht, sie mit meinen ehemaligen Landsleuten, mit euch, zu teilen...«
Dieses Mal verwandelte sich die Neugier, vermischt mit Sympathie, in wahre Begeisterung. Viele Ohs und Ahs wurden laut und der Redner erhielt spontanen Beifall. John Schmidt, der wusste, wie man damit umging, wartete ein paar Augenblicke, dann fuhr er in vertraulichem Ton fort:
»Wisst ihr, Freunde, vor einiger Zeit habe ich ein Grundstück in Hogeville, zwanzig Kilometer von hier entfernt, gekauft. Ich möchte dort eine Farm für die Schweinezucht einrichten. Eine Art von Zucht jedoch, die es noch nie gegeben hat. Ich habe eine Gesellschaft, die >Vereinigten kanadischen Züchter<, gegründet. Ich bin der Präsident und Herr Zeller, der hier ist, fungiert als Generalsekretär. Doch eine Gesellschaft kann ohne Gesellschafter nicht funktionieren und diese Aktionäre werdet ihr sein.«
John Schmidt legte den immer aufgeregter werdenden Zuhörern den Mechanismus seines Unternehmens dar. Die Gesellschaft würde sich auf Aktien aufbauen, wobei jede Aktie im Wert von hundert kanadischen Dollar zum Besitz eines Schweins berechtigte. Nach sechs Monaten könnte der Eigentümer das Schwein mit einem Gewinn von vertraglich festgelegten vierzig Prozent verkaufen oder es in der Zucht lassen und stattdessen seine Nachkommen erwerben. Ein bescheidener Beitrag würde für die Nahrung erhoben und tote Tiere würden automatisch ersetzt werden. Man könne ein oder mehrere Schweine kaufen, aber, so schloss Schmidt mit Nachdruck, der Besitzer eines einzigen Tieres würde genauso viel Achtung genießen wie alle anderen Teilnehmer.
Dieses Mal tobte der ganze Saal. Alle Zuhörer sprangen gleichzeitig von den Sitzen auf und
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