Ein verwegener Gentleman
sich als Günstling des Königs seinen Weg zu ebnen. Ich fürchte, ich muss Sie enttäuschen. Ich habe schon weit bessere Offerten erhalten. In den vergangenen zehn Jahren haben mich zwei Dukes und zwei Earls hofiert, daneben zahlreiche weniger bedeutende, aber oftmals wohlhabendere Gentlemen. Ein Kohlehändler hat mir einmal das Eigentumsrecht an einem Haus in der Park Lane angeboten, dazu Dienerschaft, Kleidung und Kutschen, alles, was ich benötigen könnte. Oh, und eine Zuwendung von zweitausend Pfund pro Jahr.“
Mit flammendem Blick fuhr sie fort: „Der Earl of Cadmore ist nicht so großzügig, aber dafür hartnäckiger. Er hat mir erst kürzlich wieder geschrieben, wie sehr ich von seinen leidenschaftlichen Aufmerksamkeiten profitieren würde.“ Sie reckte das Kinn und blickte ihren Peiniger an. „Und Sie … ein armseliger Viscount … glauben, Sie könnten mich zu Ihren Mätressen mit hinzunehmen? Sind Sie wirklich so dumm und so eitel zu glauben, die Tochter eines Marquess, auch wenn es sich um die kompromittierte Tochter eines Marquess handelt, würde je eine Verbindung mit einem walisischen Räuber in Betracht ziehen? Wenn meine törichte Großmutter diese Situation nicht heraufbeschworen hätte, dann versichere ich Ihnen, ich würde mich über Ihre erbärmlichen Fantasien totlachen …“
Weiter kam sie nicht. Mit seinen Händen packte er sie hart an den schlanken elfenbeinfarbenen Oberarmen. Er hob sie hoch, und für einen Moment glaubte sie, er würde sie an sich drücken, doch dann stellte er sie direkt vor sich abrupt ab, als ob sie ihm zu heiß geworden wäre. Ihr seidiges Haar streifte sein Kinn, als sie ein Stück zurückwich.
„Seien Sie still! Oder ich zeige Ihnen, was für erbärmliche Fantasien ich habe … nur so zum Vergnügen. Ich verspreche Ihnen, Sie werden nicht lachen“, fügte er eine Spur bedauernd hinzu, sodass sie fröstelte.
„Oh, das glaube ich Ihnen. Ich habe das natürlich ironisch gemeint. Ich kann mir niemanden vorstellen, der weniger anregend wäre als Sie“, höhnte sie mit einem verächtlichen Blick.
„Nun, ich wüsste da jemanden“, gab er mit seidenglatter Stimme zurück. „Oder wie anregend fanden Sie Lieutenant Havering? War es seine oder Ihre erbärmliche Fantasie, dass Sie für einige Gentlemen der Straße die Metze spielen?“
Elizabeths Gesicht verlor alle Farbe. So war das also. Er musste sie wissen lassen, dass er über ihre ganze Schande Bescheid wusste. Über jede peinliche Einzelheit. Mit zitternder Hand hielt sie sich an der Lehne des Sofas hinter ihr fest, als ihre Beine nachzugeben drohten. Langsam hob sie das Kinn. „Ich habe darüber nachgedacht. Nein, ich kann mir immer noch niemanden vorstellen, der weniger anregend ist als Sie“, flüsterte sie.
In seinem spöttischen Blick lag eine Androhung von Vergeltung, der sie so schockierte, dass sie stotternd den Rückzug antrat. „Ich muss Sie noch einmal um Geduld bitten, Sir“, brachte sie mühsam hervor. „Bitte warten Sie hier. Es ist in Ihrem Interesse zu bleiben, denn ich hoffe gleich mit etwas zurückzukommen, das dafür sorgt, dass wir beide nie wieder die Gesellschaft des anderen ertragen müssen.“ Ohne auf seine Zustimmung zu warten, wirbelte Elizabeth herum und eilte hinaus.
Ross sah ihr nach und starrte dann eine Weile die Tür an, bevor er die Augen schloss. Er war vollkommen erschöpft. Er war schon mit mehr Energie und in besserer Stimmung vom Schlachtfeld gehumpelt. Ein raues Lachen entrang sich seiner Kehle, als er sich in dem ruhigen, gemütlichen Salon umsah. Dies war wahrlich ein Kriegsschauplatz. Und obwohl er ihr überlegen war, hatte er das Gefühl, er hätte soeben einen Kampf verloren und sich einen unversöhnlichen Feind geschaffen. Und aus irgendeinem Grund traf ihn das bis ins Mark.
Und dann kam ihm ein Gedanke, der sich nicht mehr verscheuchen ließ. Sie hatte nichts mit Edwinas Plan, sie zu verheiraten, zu tun. Sie war gegangen, um etwas Wertvolles zu holen, das sie ihm als Beute anbieten würde, damit er auf seine Rache verzichtete. Er lächelte reuevoll und hoffte, sie würde sich nicht mit einem Sack voll Familiensilber herbemühen. Verrückterweise wünschte er sich nicht einmal, dass sie mit einem Bankwechsel wiederkommen würde … noch nicht. So viel zu verletzenden Worten, um den Abstand zwischen ihnen zu wahren. Er hatte der Verlockung ihres sinnlichen Körpers nicht widerstehen können. Er hatte seine Hände nicht bei sich behalten können. Der
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