Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
»Aus Angst, des Mordes beschuldigt zu werden.«
»Wer immer es war, er muss aus einem bestimmten Grund zur Hütte geritten sein«, überlegte Jarret laut. »Vielleicht hat er gewusst, dass Mutter und Vater dort waren – möglicherweise wollte er sich zu ihnen gesellen. Wir sollten herausfinden, wer es war.«
»Das wird nicht leicht werden«, bemerkte Giles. »Jeder, der auf der Wochenendgesellschaft zu Gast war, hätte sich das Pferd aus dem Stall holen können.«
»Aber da so viele Leute auf dem Gut waren«, warf Minerva ein, »hätte sich auch ein völlig Fremder das Pferd nehmen können, weil die Stallburschen ihn für einen Gast hielten.«
»Oder
sie
«, sagte Jarret. »Wir können nicht ausschließen, dass es eine Frau war. Es läuft also einmal mehr darauf hinaus, dass wir die Stallburschen befragen müssen. Vorausgesetzt, Pinter kann sie alle ausfindig machen.«
Ned stöhnte, und Minerva mahnte die anderen zur Eile. »Darüber können wir später noch reden. Jetzt müssen wir Ned erst einmal zum Haus bringen und einen Arzt rufen. Ich möchte nicht, dass mein Mann am Ende doch noch einen Mordprozess durchmachen muss, auch wenn er mich eindeutig verteidigt hat.«
Das machte ihren Brüdern Beine. Sie hievten Ned auf Desmonds Pferd, und Stoneville führte es zum Gutshaus. Giles hielt die ganze Zeit über seine Pistole auf Desmond gerichtet, während die Brüder ihren Vetter weiter dazu befragten, was er in der Jagdhütte gesehen hatte.
Bedauerlicherweise hatte er nichts zu sagen, was sie weiterbrachte. Also berichtete Minerva davon, dass sie mit Giles in der Hütte gewesen war, und trotz Stonevilles Gemurre über ihre Einmischung schilderte Giles den Brüdern alles, was ihm aufgefallen war. Natürlich führte das zu weiteren Diskussionen über den Tod ihrer Eltern.
Stoneville versprach, Pinter gleich am nächsten Morgen nach Halstead Hall zu bestellen, um ihn über den neuesten Stand der Dinge zu informieren und nachzuhören, was er inzwischen in Erfahrung bringen konnte.
Als sie endlich im Gutshaus eintrafen, liefen ihnen zwei höchst besorgte Ehefrauen und die Großmutter entgegen.
Während Minerva einen Diener nach einem Arzt für Ned schickte, verlangte Hetty Plumtree die ganze Geschichte zu erfahren. Nachdem sie ihr alles erzählt hatten, ging sie mit dem Zorn einer Löwin, die ihre Jungen beschützen will, auf Desmond los. »Wie kannst du es wagen, das Land meines Enkels zu betreten und zu versuchen, etwas an dich zu bringen, das dir nicht gehört! Das ist Diebstahl.«
»Es gab doch nichts zu stehlen!«, rief Desmond. »Du hast es gehört, es war ein Irrtum, ein Missverständnis.«
»Der einzige Irrtum war, dass sie nicht als Erstes zu mir gekommen sind, um mich von ihrem Verdacht gegen dich in Kenntnis zu setzen. Hätte ich davon gewusst, hättest du es mit mir zu tun gekriegt. Zum Teufel, ich hätte dir den Kopf abgerissen!«
»Sie waren krank, Mrs Plumtree«, warf Giles ein. »Ihre Enkel wollten Sie nicht beunruhigen.«
Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Und du, junger Mann, hast ihnen noch dabei geholfen, es mir zu verheimlichen! Ich dachte, du wärst auf meiner Seite!«
»Bin ich auch«, entgegnete Giles kleinlaut. Als Minerva eine Augenbraue hochzog, schob er nach: »Mehr oder weniger.«
»Dann nenn mich Großmutter, wie die anderen!«, sagte sie. »Du gehörst schließlich jetzt zur Familie.« Dann marschierte sie auf Ned zu, den man auf ein Sofa gelegt hatte. »Aber
du
, mein eigener Großneffe! Wie kannst du es wagen, deine Cousine mit einem Messer zu bedrohen!«
»Ich musste es tun«, verteidigte er sich. »Sie war im Begriff, alles zu verderben – sie und ihr verdammter Ehemann.«
»Du sollst nicht fluchen! Und jammere hier nicht herum! Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand, um deinem Vater zu helfen, und er dankt es mir, indem er deine Gedanken vergiftet und dich lehrt, deine Vettern zu hassen. Er hatte alle Möglichkeiten, als er angefangen hat: Mein Bruder hat ihm eine florierende Baumwollspinnerei vermacht, die er jedoch dank seines Unvermögens heruntergewirtschaftet hat. Er beschäftigt ja sogar Kinder dort!«
»Nur so rentiert sich der Betrieb«, klagte Desmond.
»Unfug! Ich habe es geschafft, dass die Brauerei floriert, und dort arbeiten keine Kinder«, blaffte sie ihn an und nahm Vater und Sohn ins Visier. »Was soll ich nun mit euch machen? Ich kann nicht zulassen, dass ihr weiterhin solchen Unsinn anstellt, nur weil ihr euren Vettern
Weitere Kostenlose Bücher