Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
Schaufenster hat die Belegschaft verschiedene Weihnachtsszenen aus unterschiedlichen Jahrzehnten nachgestellt: aus den dreißiger, vierziger, fünfziger und sechziger Jahren. Im ersten sind Bernie und Susan zu sehen, die Kurzwarenschwestern, die gemütlich in breiten Ohrensesseln sitzen und sich feierlich Präsente überreichen, umgeben von Wollknäuel in weihnachtlichem Grün und Rot. Das ganze Zimmer drumherum ist im Stil der dreißiger Jahre eingerichtet, und sowohl der Raum als auch der Christbaum sind mit einem zuckersüßen Wimpelband aus festlichem Stoff geschmückt. Mein Blick wandert zum nächsten Fenster, in dem Carly neben Iris steht. Sie schaut mich an und zwinkert mir verschwörerisch zu. Beide Frauen tragen die Originaluniformen der Landfrauen, und es sieht aus, als seien siemitten beim Marschieren erstarrt, bloß zittert Iris das erhobene Bein so sehr, dass sie es schließlich abstellen muss. Beide tippen mit der Hand salutierend an die Stirn, und hinter ihnen steht der Pappaufsteller mit den Damen des Frauenvereins, sodass es aussieht, als führten sie eine Parade an. Ringsum sind britische Fahnen drapiert, und das Fenster ist voller Kunstschnee. Auf der anderen Seite des Ladens sind Jane, Becky und die Mädels aus der Kosmetikabteilung bei einem Weihnachtsball zu sehen, allesamt in verschwenderische, figurumschmeichelnde Fünfziger-Jahre-Roben in satten Edelsteinfarben gekleidet und mit altmodischen Cocktailgläsern in der Hand. Und im mittleren, dem zentralen Schaufenster schließlich steht ein Backsteinkamin, in dem sogar ein unechtes Feuer lodert. Auf dem Sims sieht man einen liebevoll arrangierten Teller mit Keksen und einem Glas Brandy für den Weihnachtsmann, und drumherum hängen an einer Kordel aufgereihte Weihnachtskarten. Felix, Lily, Sam, Jan Baptysta, Velna und Justyna stehen links und rechts des Kamins und tragen urkomische grüne Wichtelkostüme mit spitzen Elfenschuhen, enger Hose und kleinem Hütchen. Lily und Felix halten außerdem ein Schild in die Höhe, auf dem zu lesen ist: »Wir sind Hardy’s Weihnachtswichtel«.
Beim Anblick meiner wunderbaren Freunde muss ich lachen, und dann klatsche ich, ebenso wie Hunderte anderer Menschen, die an diesem eisigen Dezembermorgen sechs Tage vor Weihnachten hier draußen stehen, begeistert Beifall.
»Ziemlich beeindruckend, was?«, meint Joel leise.
Den hatte ich völlig vergessen. Beinahe jedenfalls. Ich nicke, sage aber nichts.
»Soll ich dir was sagen, ähm … Evie, richtig? Ich habe mich nicht mit dem falschen Mädel verabredet.«
»Hast du wohl«, sage ich, ohne mich umzudrehen. »An dem Tag hatte ich das gleiche Top an wie Carly, die du kurz vorherim Laden gesehen hast, und sie hat mir gesagt, sie sei sich sicher, du würdest sie ansprechen und dich mit ihr verabreden wollen. Und eine halbe Stunde später bin ich dir direkt vor der Einkaufsberatung in die Arme gelaufen, und … na ja, kann ja jedem mal passieren.«
»Das habe ich aber ganz anders in Erinnerung«, entgegnet Joel. Ich drehe mich zu ihm um und schaue ihn fragend an. »In der Woche, bevor wir uns kennengelernt haben, war ich im Laden und habe mich mit Rupert getroffen. Da habe ich dich das erste Mal gesehen, wie du mit dem Arm voller Ware durch das Haus geflitzt bist.« Sein Blick geht in die Ferne. »Ehrlich gesagt hast du mich an meine Exfreundin erinnert. Es war frappierend.« Mein Magen zieht sich zusammen, aber Joel fährt fort: »Ich habe mich gefragt, wer du wohl bist, und wollte dich ansprechen, aber obwohl ich von da an jeden Tag im Laden war, habe ich dich nicht mehr gesehen. Aber ich konnte dich einfach nicht vergessen. Ich meine, du hattest irgendwas, das mir nicht mehr aus dem Kopf ging …«
Ungläubig schüttele ich den Kopf und will mich abwenden, doch Joel packt mich an den Armen.
»Es stimmt, das musst du mir glauben. Ich habe sogar einige Verkäufer nach dir gefragt. Ich habe dich ganz genau beschrieben, Länge und Farbe deiner Haare, dein süßes Outfit mit schwarzer Hose und weißer Bluse, bis hin zu deinem Teint.«
»Blass wie ET?«, frage ich und muss an den Spitznamen denken, den mein Bruder mir verpasst hat, worauf Joel mich befremdet anschaut. »Im Film«, murmele ich, »als er so fahl und krank ist?«
»Nein«, meint er und schüttelt energisch den Kopf, »wie eine makellose weiße Schneedecke.« Ich wische mir mit der Hand über die Augen, die wohl von der Kälte tränen. »Ich war so glücklich, als wir uns zufällig in der
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