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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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Gesicht, »wie willst du jemals einen Mann kennenlernen, wenn du so herumläufst?«
    Aus dem Wohnzimmer ist schnaubendes Gelächter zu hören; Jonah und Noah verfolgen offensichtlich amüsiert unser Gespräch.
    »Mu-um!«, rufe ich empört und scheuche sie ärgerlich weg. Sie schüttelt nur den Kopf und verschwindet wieder in der Küche, um die Arbeitsplatte noch einmal abzuwischen und dann einen Blumenstrauß auf dem Tisch zu arrangieren. Das Haus ist bereits üppig mit entzückendem Weihnachtsschmuck, Tannenzweigen und anderen festlichen Kleinigkeiten dekoriert. Martha Stewart wäre stolz auf meine Mutter. An der Haustür hängt beispielsweise Mums traditioneller, alljährlich liebevoll von Hand gebundener Weihnachtskranz. Dieses Jahr hat sie ihn aus getrockneten Orangen, Stechpalmenzweigen und Cranberrys geflochten. Im Wohnzimmer finde ich Noah und Jonah ausgestreckt auf den beiden ausladenden Chesterfield-Sofas vor dem prasselnden Kamin (an dem natürlich die Weihnachtssocken am mit Efeu und Stechpalmen umwundenen Kaminsims hängen), wo sie den Wirtschafts- und Immobilienteil der Zeitungen lesen.
    Jonah schaut als Erster auf. »E.T.!«, ruft er, entknotet seine Arme und Beine, um dann aufzustehen und mich zu umarmen. Das war einer von vielen Spitznamen, die ich als Kind hatte, und zwar, weil mein fahler Teint sie angeblich an den Außerirdischen erinnerte, als der todkrank wurde und fast gestorben wäre. Ich verpasse Jonah einen Boxhieb gegen den Oberarm, und er tut, als zucke er vor Schmerz zusammen. Wobei ich genau weiß, dasser nur so tut, denn Jonah hat die Statur eines neuseeländischen Rugbyspielers. Er besteht nur aus Körpermasse und Bizeps, hat dichtes dunkles Haar wie unser Dad, Oberschenkel wie Baumstämme, ein großes Mundwerk und ein mindestens genauso großes Herz.
    Dann nimmt Noah die Nase aus der Zeitung, springt auf und umarmt mich wie ein Grizzlybär. Er ist Jonahs Flügelmann. Er ist ein Jahr jünger als Jonah und drei Jahre älter als ich und eine etwas filigranere Ausgabe unseres großen Bruders; weniger Masse, weniger Haare, weniger Wucht. In jeder Hinsicht sanfter. Er ist mir ein bisschen näher als Jonah, aber die beiden gibt es eigentlich nur im Doppelpack. Selten sieht man einen von ihnen allein. Ich winde mich aus seiner Umarmung und ziehe eine alberne Grimasse, aber die beiden lassen sich einfach zurück auf die Couch fallen und vertiefen sich wieder in die Zeitung, während ich mich gemütlich ans Ende des Sofas setze und vor dem prasselnden Kaminfeuer mit den Zehen wackle.
    Mums und Dads unter Denkmalschutz stehendes Haus ist riesengroß und steht am Stadtrand von Norwich. Es ist wunderbar eingerichtet, Mums – und Laura Ashleys – hohem Standard entsprechend. Es ist irgendwie putzig mit den vielen Blümchenmustern und Pastellfarben, aber ich glaube, als Kind wusste ich das gar nicht recht zu schätzen. Manchmal fand ich es erdrückend, von so, nun ja, so viel Vollkommenheit umgeben zu sein. Und Stille. Dad arbeitete ständig, und Mum war dauernd damit beschäftigt, das Haus zu verschönern oder sich für wohltätige Zwecke zu engagieren. Delilah war längst ausgezogen und studierte an der Uni, als ich alt genug war, es überhaupt mitzubekommen, und als ich ein Teenie war, waren die Jungs ständig unterwegs zum Football- oder Rugbyspielen, oder sie waren im Pub oder mit Mädels verabredet oder mussten für irgendwelche Prüfungen pauken. Normalerweise in dieser Reihenfolge. Für sie war ichbloß ein Ärgernis. Meistens nahmen sie gar keine Notiz von mir. Ich meine, sie hatten mich lieb – das wusste ich ganz sicher; sie passten immer auf mich auf, wie große Brüder eben –, aber abgesehen davon interessierten sie sich nicht die Bohne für mich. Bei Delilah war das ganz anders. Mit ihren angesagten College-Freunden, ihrem schicken Job in der Medienbranche und dem abgefahrenen Lebensstil fand ich sie immer höchst spannend. An dieser Dynamik hat sich bis heute nichts geändert. Ich bin immer noch die kleine Schwester, die von allen verhätschelt, aber nicht ganz für voll genommen wird. Aber das ist halb so schlimm. Ich habe mich mit meiner Position in der Familienhierarchie abgefunden.
    Delilah kommt mit Will hereingeweht, und sofort springen die Jungs auf und ringen sich beinahe gegenseitig zu Boden, weil jeder der Erste bei der Begrüßung sein will. Die zwei verehren Will, den erfolgreichen Star-Hedgefondsmanager aus der großen Stadt, ebenso sehr wie meine Schwester.

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