Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
jedenfalls«, fährt er fort, »habe ich dann meinen Abschluss gemacht und bin aus New York weg und wieder nach Hause gezogen. Am ersten Tag in Willow Grove spazierte ich nichtsahnend die Hauptstraße entlang und war überglücklich, als sie mir plötzlich entgegenkam. Ich dachte, nun würde alles gut. Aber dann merkte ich, dass sie in Begleitung eines Mannes war, mit dem sie Händchen hielt. Sie schaffte es kaum, mich anzuschauen, als ich stehen blieb und sie ansprach. Die beiden erzählten, sie seien nur übers Wochenende da. Sie waren auf dasselbe College in Florida gegangen, hatten sich im zweiten Studienjahr kennengelernt und waren seitdem zusammen. Ja, sie hatten sichsogar gerade verlobt, und sie war schon mitten in der Hochzeitsplanung. Zuerst wollten sie noch ein Jahr lang um die Welt reisen und dann in das Haus einziehen, das seine Eltern ihnen in Florida gekauft hatten. Sie sagte, sie könne sich gar nicht mehr vorstellen, in so einem kleinen Kaff wie Willow Grove zu wohnen. Ich wollte nicht zugeben, dass ich nach Hause gekommen war, um endlich all unsere Träume und Pläne in die Tat umzusetzen. Stattdessen erzählte ich ihr, mir ginge es genauso, und ich bliebe in New York, weil ich die Großstadt so liebte. Und in dem Moment beschloss ich, tatsächlich in New York zu bleiben, ein bisschen Erfahrung in anderen großen Kaufhäusern zu sammeln und sie zu vergessen. In Willow Grove waren all meine Erinnerungen mit ihr verknüpft, und ich wollte nicht wieder zurückgehen, bis ich über sie hinweg war.«
Plötzlich muss ich an Jamie denken. Wie gut ich nachvollziehen kann, was Joel da gerade erzählt. Mein Leben zuhause in Norwich war Jamie. Und er hat mich verlassen, weil er dieses Leben nicht mehr wollte, weil es ihm zu vorhersehbar erschien. Lieber Gott, Joel und ich sind uns so ähnlich.
Joel schüttelt den Kopf, offensichtlich etwas verlegen angesichts seines Gefühlausbruchs. »Mist, Carly. Das tut mir leid. Ich wollte Ihnen das nicht alles vor die Füße werfen.« Peinlich berührt reibt er sich die Stirn und wirkt auf einmal sehr verletzlich und so gar nicht wie der selbstsichere Geschäftsmann, der er eben noch war. Was ihn für mich nur noch liebenswerter macht.
»Keine Sorge«, sage ich und streiche sanft über seinen Arm. »Damit komme ich schon zurecht.«
Er dreht sich zu mir um und schaut mich mit seinen vergissmeinnichtblauen Augen durchdringend an. »Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie eine tolle Zuhörerin sind?«
Ich lächele bloß. Andauernd ,Joel, andauernd.
In gesprächigem Schweigen spazieren wir durch die geschäftigen Straßen der Stadt. Es könnte am Champagner liegen, aber ich schmelze förmlich unter der Wärme von Joels Arm, der auf meinen Schultern liegt, und muss mich aufs Atmen konzentrieren, während wir im gleichen Schritt nebeneinander hergehen. Wir passieren einen Laden nach dem anderen mit fröhlich-bunter Weihnachtsdekoration, und es kommt mir fast vor, als glitten wir durch einen ständig wechselnden Gletscher aus atemberaubenden blauen, silbernen und weißen Lichtern. Wir biegen in die Bond Street ein, und ich schnappe erstaunt nach Luft, als Joel mich unvermittelt in den Eingang eines kleinen unbesuchten Juweliers zieht. Die grandiose Weihnachtsbeleuchtung der Straße spannt sich über unseren Köpfen wie ein sternenbesetzter Baldachin, breite glitzernde Stoffstreifen funkeln wie Diamanten über uns und um uns herum. Es kommt mir vor, als sei ich mitten in einem Glasprisma, und ringsum sehe ich überall Joel, der sich in allem widerspiegelt. Er hat sich zu mir umgedreht, die Arme um mich geschlungen und schaut mir tief in die Augen, während er mit dem Daumen über meine Unterlippe streicht, die längst nicht mehr so schimmert wie vorhin. Verlegen angesichts dieses innigen Moments schaue ich zu Boden.
»Darf ich dich küssen?«, flüstert er.
Ich nicke wortlos, und sein Mund streift meine Lippen, und dann spüre ich nur noch seinen warmen Atem, seine weichen Lippen, seine feuchte Zunge, und ich schwebe, schwebe wie die Schneeflocken, die um uns herumwirbeln. Ich bin nicht mehr Carly. Ich bin nur noch ich. Und dieses neue, bessere Ich wird von einem Mann geküsst, der mich einfach wunderbar findet.
Sonntag, 4. Dezember
Noch einundzwanzig verkaufsoffene Tage bis Weihnachten
Dreizehntes Kapitel
A lso, er sagt, er findet dich wunderbar. Und dann?« Delilah sitzt vorne auf dem Beifahrersitz von ihrem und Wills Landrover und hat sich umgedreht, um sich mit
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