Ein weißes Land
entlang, doch das Herz schlug mir im Hals.
»Gut«, erwiderte Malik und wandte sich an die Übrigen: »Ihr wartet hier und behaltet die Gegend im Auge.«
Wir zogen uns die Schuhe aus, und als ich Malik vor mir die Mauer hinaufklettern sah, hatte ich innerlich bereits Abschied von ihm genommen. Was immer geschehen würde, ich durfte ihn nicht wieder hinaus zu den anderen lassen. Meine Finger und Zehen tasteten über den warmen Stein, und wie in alten Zeiten atmete ich tief ein, presste die Wange gegen die Hauswand, verharrte, um meine Muskeln zu spüren und war kurz noch einmal frei.
»Es ist gut, wieder zu klettern«, stieß ich übermütig hervor.
»Sch«, machte Malik, zog sich vorsichtig über den Mauerrand und gab mir ein Zeichen; das Dach war leer.
Ich folgte ihm und setzte mich in alter Gewohnheit auf, schaute mich um und begriff, dass nichts mehr so war wie früher. Inzwischen hatten sich Dutzende von Rauchsäulen über der Stadt erhoben, an vielen Stellen waren sogar die Feuer und rußgeschwärzte Gebäude zu erkennen. Ich dachte an meinen Vater, doch hatte keine Angst um ihn. Ich stellte mir nur vor, wie er das, was vor seinen Augen geschah, kommentieren würde. Sicherlich würde er die Ziegelei schützen und die Jungen dort selbst an diesem Tag zur Arbeit prügeln.
Ich folgte Malik auf das Dach und übernahm die Führung, als wir vorsichtig die Tür des Treppentürmchens inspizierten. Diesmal war sie verschlossen. Malik nahm sogleich sein Messer zu Hilfe, arbeitete geduldig und so leise wie möglich. Ich beobachtete ihn dabei und überlegte, ob ich wirklich in der Lage sein würde, ihn zu überwältigen. Sobald die Tür offen war, musste ich eine Waffe finden, irgendetwas, und ich musste schnell sein.
Als hätte der Kletterer meine Gedanken gelesen, sagte er beiläufig:
»Du gehst zuerst, immer schön vor mir.«
»Was hast du mit ihnen vor?«
Malik stieß einen leisen Pfiff aus.
»Deine Juden interessieren mich nicht, die überlassen wir den anderen.«
Mit einem Klicken sprang die Tür auf, ich schlüpfte durch den Spalt und schlich die Treppe hinunter, immer Ausschau haltend nach den Golans. Das Haus schien verlassen, doch sicherheitshalber warf ich einen Blick in jeden Raum des Obergeschosses, bevor ich Malik heranwinkte.
Am unteren Treppenabsatz angekommen, blieben wir stehen und lauschten auf verräterische Geräusche. Ich machte mich vom Geländer los und ging hinüber in Salomons Arbeitszimmer. Sicher war ich nicht, doch ein paar Dinge auf dem großen Schreibtisch schienen zu fehlen, ansonsten war alles, wie ich es kannte. Auch in der riesigen Küche fand sich niemand, daher war der letzte Ort, an dem sie sein konnten, das Halbparterre im Innenhof.
Mir blieben nur Sekunden, bevor Malik misstrauisch werden würde, mit schweißnassen Händen fingerte ich zwischen Töpfen und Pfannen herum, schob beiseite, was beweglich war und suchte ein Messer. Ich blickte in jeden Winkel, drehte mich einmal um mich selbst, doch fand nichts, was als Waffe taugte. Nur ein kurzes Rührholz lag wie versehentlich zu Boden gefallen in der Asche der Kochstelle. Ich hob es auf, ließ es in der Hosentasche verschwinden und ging hinaus.
Malik winkte mich mit dem Messer zu sich. Als ich auf ihn zuging, wurden meine Schritte schwer. Ich werde es nicht schaffen, dachte ich, in einem offenen Kampf, noch dazu mit dem Messer, ist er mir überlegen – vielleicht werde ich sterben in einem der Häuser, in die ich immer hineinwollte, um darin zu leben. Schon plante ich für den Fall, die anderen hereinlassen zu müssen und Malik weiterhin ausgeliefert zu sein, da erschien Ezra im Gästesaal. Er ging sofort in Deckung, als er Malik sah, doch es war zu spät.
»Hol die anderen«, sagte Malik und stürzte voran.
Ohne zu zögern, rannte ich los, erreichte vor ihm den Gästeraum und stieß Ezra zurück. Nie werde ich dessen Gesichtsausdruck vergessen, seinen Ekel vor der Berührung des Freundes, der den Feind in sein Haus gebracht hatte. Ich zerrte Ezra bis hinaus zur Balustrade, die den Innenhof umlief, und schrie ihn an:
»Wo sind die anderen?«
Dabei gab ich mir alle Mühe, wütend zu wirken, schlug Ezra sogar mit der flachen Hand, damit es noch überzeugender aussah.
Ezra sagte kein Wort, doch ich hatte sie bereits gesehen.
»Sie sind im Keller«, rief ich Malik zu.
»Geh jetzt endlich zum Tor«, erwiderte Malik, packte Ezra und hielt ihm das Messer an den Hals.
Ich schritt langsam rückwärts und sah die beiden
Weitere Kostenlose Bücher