Ein weißes Land
schläfst hier bei mir«, sagte Malik. »In zwei Stunden brechen wir auf.«
Augenblicklich ließ ich mich zu Boden sinken und rollte mich zusammen wie ein Kind. Meine Müdigkeit war grenzenlos, und doch hielt mich die Furcht wach, der Plan, an dem mein Leben hing, könnte misslingen. Glück, dachte ich verzweifelt, ich muss Glück haben, ich brauche es mehr als jemals. Hinter mir hörte ich die Schritte und das Atmen Maliks und obwohl dieser nun mein Todfeind war, beruhigte mich seine Anwesenheit.
8.
E in Fußtritt weckte mich. Geblendet vom hellen Sonnenlicht, das durch die Schilfhalme fiel, öffnete ich die Augen und erhob mich. Die Bande war schon zum Aufbruch bereit, alle hatten sich bewaffnet. Malik schob mich aus dem Verschlag und stieß mich in Richtung der Gruppe. Dann erklärte er uns, was wir vorhatten.
»Entweder«, sagte er, »ist das Haus leer, dann haben wir leichtes Spiel, oder sie sind dort, dann wird es auch nicht viel schwieriger, denn heute kann ihnen niemand helfen. Aber der Weg dorthin ist ganz sicher gefährlich. Wir müssen zusammenbleiben und jeder Meute ausweichen. Achtet auch auf die Polizei, wer weiß, was die tun. Wir setzen direkt über zum anderen Ufer, auf dem Fluss sind wir Zielscheiben. Und du«, er wies auf mich, »bleibst immer schön bei mir. Wenn du etwas tust, das mir nicht gefällt, töte ich dich oder Abdel übernimmt das.«
Alle blickten mich an, als hätte ich die Gruppe bereits verraten, ich aber hob nur scheinheilig die Hände und machte ein unschuldiges Gesicht.
Wir verteilten uns auf zwei Boote und alle, bis auf Abdel, duckten wir uns während der Überfahrt nieder. Als wir die Mitte des Flusses erreichten, ertönten die Sirenen des Fliegeralarms. Bashir knetete unaufhörlich seine Hände und schnitt dabei furchteinflößende Gesichter, während Abdel aufrecht und schweigend wie immer den Himmel nach Flugzeugen absuchte. Malik blickte geradeaus, als könne ihn nichts beirren, obwohl niemand wusste, was uns am Ufer erwartete.
Vorsichtig, nach allen Seiten Ausschau haltend, stiegen wir die Böschung hinauf. Die Gegend war menschenleer, allem Anschein nach hatte der Aufruhr die Vororte noch nicht erreicht.
»Das ist gut«, brummte Malik, »sehr gut. Wir gehen hinein, holen uns, was sie haben, und verschwinden wieder ins Lager.«
»Es könnten Wachen vor dem Haus stehen«, gab ich zu bedenken.
Malik wiegte nur den Kopf.
»Du gehst voran«, sagte er.
Es war ein friedlicher Sommermorgen in Bataween, sanft ging der Wind durch die Feigenbäume, Vogelgesang lag in der Luft, und prächtige Schmetterlinge taumelten an uns vorbei. Doch alle Wege lagen so verlassen da, dass die Männer unwillkürlich nervös wurden und immer wieder stehen bleiben wollten. Sie waren nahe daran, mich für die unheilvolle Ruhe verantwortlich zu machen. Erst als Malik eingriff, beruhigten sie sich.
Hinter einer dicht bewachsenen Anhöhe kam das Haus der Golans in Sicht und ich blieb stehen.
»Gut«, sagte Malik. »Du gehst allein hinüber und schaust nach den Wachen. Du kommst aber sofort zurück.«
Ich tat, wie befohlen, und spürte die mit jedem Schritt wachsende Anspannung. Jetzt, dem Ziel so nah, stellte sich mein Plan plötzlich komplizierter dar. Wie sollte ich es bewerkstelligen, dass Malik mich für wenigstens zwei Minuten aus den Augen ließ? Und würde er überhaupt mit mir hinaufklettern oder nicht doch gleich das Tor aufbrechen?
Vor dem Haus erblickte ich die Wachen, mit denen ich bereits Bekanntschaft gemacht hatte, und zog mich sofort wieder zurück. Auf dem Weg zu den anderen suchte ich den Boden unentwegt nach einer brauchbaren Waffe ab, doch fand nichts, nicht einmal einen Stein, der geeignet gewesen wäre.
»Es sind zwei«, sagte ich zu Malik, der daraufhin Abdel und Jussuf losschickte.
Sie zückten die Messer und schlichen geduckt die Anhöhe hinauf. Kurz hielten sie inne und blickten wie wir alle nach oben, denn jetzt standen zwei riesige Rauchsäulen über der Stadt. Schüsse fielen und sogar Schreie waren hörbar, weit entfernt und vom Wind zerdehnt.
»Es geht los«, flüsterte Malik und gab den beiden Zeichen.
Sie brauchten nur wenige Minuten, dann kamen sie zurück, grinsend und außer Atem. Malik schritt voran und die Bande folgte ihm bis vor das Hoftor. Ich zitterte vor Aufregung.
»Das Tor ist sehr stabil«, keuchte ich. »Wenn sie da sind, werden sie uns sehen und gewarnt sein. Wir sollten sie überraschen.«
Ich tat abgelenkt und blickte die Straße
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