Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
„Nimm den Kopf hoch.“ Das brachte ihm einen verwirrten Blick von Wally ein, aber dennoch straffte der kleinere Mann neben ihm die Schultern und ging aufrechter.
Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, ließ sich Wally auf das Sofa fallen, als hätte man ihm die Luft rausgelassen. „Es tut mir leid.“ Er sah todunglücklich aus. Dakotas Herz flog ihm zu.
„Nicht nötig.“ Dakota sah wie Wally den Blick hob. „Ich habe nur eine Frage an dich.“
„Was? Wie schnell ich meine Koffer packen kann?“
Verdammt, der Mann hatte wirklich und wahrhaftig ein schlechtes Gewissen. „Nein. Wo hast du gelernt, so zu kämpfen?“
Wally sah ihn aus weit aufgerissenen, ungläubigen Augen an. „Du bist nicht wütend?“
„Himmel, nein. Du hast dich nur gewehrt.“
„Aber ich habe dir Ärger bereitet.“ Da, er tat es schon wieder. Er kaute an seiner Unterlippe. Scheiße, war das süß.
„Nein, hast du nicht. Diese Art von Ärger hätte es so oder so irgendwann gegeben. Ich bin nur froh, dass du dich verteidigen konntest.“ Hätte Dakota den Kampf nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte er niemals geglaubt, dass Wally mit seinen gerade mal sechzig Kilo, einen Kerl auf die Matte geschickt hatte, der fast doppelt so schwer und einen ganzen Kopf größer war.
„In der Highschool und im College habe ich Kampfsport gemacht. Nur weil du klein bist, denken alle, sie könnten auf dir herumhacken … “ Die Andeutung eines Lächelns erschien auf Wallys Gesicht. „Du bist wirklich nicht böse?“
„Gott, nein.“ Dakota lehnte sich zu ihm. „Irgendwie war es sexy.“ Wally riss die Augen auf; Dakota sah es gerade noch, bevor er Wallys Lippen in Besitz nahm. Sobald sie sich berührten, ging Dakotas Körper auf Hochtouren. Die ganze Nacht über hatte er Wally berührt und ihn in den Armen gehalten und jede Faser seines Körpers schrie nach mehr. Dakota vertiefte den Kuss und spürte Wallys Zunge, die seinen Mund erkundete.
„Das reicht, ihr zwei.“ Phillips Stimme klang durch das Zimmer. „Macht wenigstens die Vorhänge zu – ihr zieht hier vor aller Welt eine Show ab.“
Wally fuhr zurück, während Dakota durchs Fenster spähte. „Da ist doch gar niemand.“
„Dieses Mal.“ Phillip zwinkerte den beiden zu. „Ich gehe Mario suchen, damit ich beim Reiten und Lassowerfen zuschauen kann.“ Er kicherte, als er nach draußen ging.
„Ja“, äußerte Wally, stand auf und nestelte an seinem Hosenschlitz herum. „Ich suche besser nach Dr. Hastings. Vermutlich sieht er sich gerade die Pferde an. Dann fahren wir noch zu ein paar anderen Ranches. Er meinte, dass er mich am späten Nachmittag wieder hierher zurückbringen würde.“
Dakota stand ebenfalls auf und zog Wally an sich. „Letzte Nacht war etwas ganz Besonderes.“
„Und ziemlich unerwartet.“
Mit dem Daumen fuhr Dakota über Wallys Unterlippe. „Ich mag Überraschungen, besonders so hinreißend draufgängerische.“ Er beugte sich vor und küsste die Lippen, die er gestreichelt hatte. „Würdest du nach dem Abendessen noch mit mir spazieren gehen?“
Wally erwiderte den Kuss und wich dann zurück. Seine Augen waren dunkel von etwas, das Dakota nur als leidenschaftliches Verlangen beschreiben konnte. Dieser Blick allein ließ Dakota vor Erregung zittern.
„Ich muss gehen.“
Dakotas Augen hielten Wallys fest. „Ich auch.“ Keiner der beiden rührte sich, bis ein Geräusch im Hof sie dazu brachte, ihren Blickkontakt zu unterbrechen. Sie lösten sich voneinander; Wally drehte sich um und ging hinaus und Dakota sah ihm durchs Fenster hindurch nach, bis der kleinere Mann den Stall erreicht hatte. Dann verließ er den Raum und ging den Flur entlang, um nach seinem Vater zu sehen.
Heute war kein guter Tag und Dakota blieb fast den ganzen Morgen bei ihm, bis die Krankenschwester kam. Er hatte eigentlich gehofft, seinen Vater aus dem Bett holen und ihn vielleicht sogar nach draußen bringen zu können. Jefferson war immer sehr gern zum Rodeo gegangen, aber heute konnte er allenfalls noch den Jungs beim Üben zusehen. Und so wie es ihm heute ging, war selbst das nicht möglich. „Die Jungs üben gerade.“ Dakota redete wie ein Wasserfall, während er arbeitete, die Haut seines Vaters nach wunden Stellen untersuchte und mit einem Waschlappen über die jetzt gespenstisch weiße Haut fuhr. Schon lange war jegliche Sonnenbräune verblasst. „Ich weiß, du kannst nicht nach draußen. Wie wäre es mit der nächstbesten Lösung?“ Dakota
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