Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
Gefühl, dass sich Mario darum kümmert.“
Dakota beugte sich vor und gab ihm einen kurzen Kuss. „Wenn du fertig bist, treffen wir uns in der Küche.“ Dann zog er die Tür zu. Nachdem sich Wally erleichtert hatte, duschte er sich und zog sich an.
Als er abfahrbereit war, ging er in die Küche. Dort erwartete ihn ein leichtes Frühstück und eine Tasse Kaffee. Mario und Phillip waren auch da, wobei Phillip so aussah, als sei er noch im Tiefschlaf. Wallys Aufregung hatte inzwischen alle Reste seiner Müdigkeit vertrieben.
„Abfahrt in fünf Minuten“, rief Dakota, gerade als Wally den letzten Bissen hinunterschluckte und seinen Kaffee austrank.
„Großer Gott.“ Phillip schlug seine Augen auf und sah aus dem Fenster zu der leeren Koppel. „Noch nicht einmal die Pferde sind um diese Zeit schon wach.“
„Hör auf, dich zu beschweren. Wir sind hier, um Spaß zu haben. Du kannst ja im Auto weiterschlafen, du Morgenmuffel.“ Wally boxte Phillip auf den Arm, dann schnappte er sich seine Tasche und folgte Dakota zu seinem riesigen Truck.
„Ich dachte, dich und Phillip verfrachte ich auf die Rückbank“, sagte Dakota. Woraufhin Wally seine Augenbrauen hob und seinen Kopf leicht neigte. „Mario und Phillip“, berichtigte Dakota.
Wally grinste. „Gute Entscheidung.“ Mit einer Hand strich er über Dakotas Hüfte. „Außerdem sabbert Phillip im Schlaf.“
Da musste Dakota lachen. „Dann soll Mario sich ansabbern lassen – ist es das?“
„Logo.“
Die anderen beiden gesellten sich zu ihnen. Phillip kletterte auf den Rücksitz, gefolgt von Mario. Dakota war noch nicht ganz vom Hof gefahren, da lehnte sich Phillip schon gegen den Vormann. Als sie auf die Hauptstraße fuhren, war er schon eingeschlafen.
Während sie nach Norden fuhren, sah sich Wally alles mit gespannter Aufmerksamkeit an. Dakota zeigte auf Berggipfel und die Highlights der Landschaft, als sie tiefe Täler passierten, durch die sich Gebirgsbäche schlängelten. „Wow!“, rief Wally, der sich aus dem Fenster lehnte und links und rechts Fotos schoss.
„Du hast ja bald keinen Speicher für Parkbilder mehr frei“, schalt Dakota mit einem Lächeln.
Grinsend griff Wally in seine Tasche. „Ich hab noch ein paar Speicherkarten und drei Batterien zum Wechseln mit dabei.“ Na bitte.
Am Eingang zum Yellowstone Park fuhren sie durch das Tor und dann die Parkstraße entlang. „Wo soll es zuerst hingehen?“
„Du bist der Reiseleiter“, entgegnete Wally und drehte sich um. Phillip war wach, und Mario hatte tatsächlich einen feuchten Fleck an der Schulter. Wally stieß Dakota an, der in den Spiegel blickte und sein verstohlenes Grinsen erwiderte.
„Dann also zum Old Faithful.“ Dakota folgte den Schildern, die den Weg zu dem berühmten Geysir wiesen. Einige Zeit später bogen sie auf einen Parkplatz ein und gesellten sich zu den Menschenmassen auf dem gepflasterten Weg. Inmitten einer weißen Landschaft lag so etwas wie ein kleiner Hügel, und um das ganze Gebiet drängten sich die Menschen. „Alle neunzig Minuten oder so bricht der Geysir aus und schießt fast sechzig Meter in die Luft“, erklärte Dakota. „Laut der Tafel müsste er in fünf bis zehn Minuten ausbrechen.“
„Hast du das schon mal gesehen?“, fragte Phillip, der nahe bei Mario stand.
Dakota nickte mit dem Kopf. „Ist aber schon eine Weile her“, sagte er mit einem traurigen, sehnsüchtigen Ausdruck auf dem Gesicht.
Wally lehnte sich an ihn. „Das war mit deinem Vater, richtig?“ Die Antwort brauchte er gar nicht zu hören, Dakotas Gesicht sagte ihm alles, was er wissen musste. Ein Vibrieren unter seinen Füßen lenkte ihn ab; er konnte das tiefe Rumpeln im Boden in seinen Beinen spüren. Wally sah zu wie eine Wassersäule aus dem Hügel schoss und unter ohrenbetäubendem Lärm immer höher und höher wurde. Die Energie jagte durch Wallys Körper. Ein Kribbeln lief seine Wirbelsäule entlang. Unbewusst hielt er sich an Dakotas Arm fest und lehnte sich noch enger an ihn, gefesselt von dem überwältigenden Naturschauspiel, dessen rohe Kraft ihm durch und durch ging.
Das Schauspiel ging immer weiter. Als es sich seinem Ende näherte, wurde das Getöse leiser, die Wassersäule verlor an Höhe und krachte schließlich in sich zusammen, zerstob am Boden zu Tropfen, die vom Wind davongetragen wurden. Dann war alles vorbei und es herrschte Stille, bis sich die Umstehenden wieder aus dem Bann des Naturschauspiels gelöst hatten und sich zu bewegen
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