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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gesucht, falls du das meinst.«
    »Mein Kollege hier behauptet, daß
Mitarbeiter von ihm die Hotels nach euch abklappern.« Ich berichtete ihm von
meinem Gespräch mit Maynard und dessen derzeitigen Aktivitäten. »Er kennt
deinen Namen nicht, aber er hat wahrscheinlich deine Personenbeschreibung, also
paß auf.«
    »Woher wußten sie, daß wir auf den Keys
waren?«
    »Ein geldgieriger Taxifahrer, nehme ich
an. Aber das ist jetzt egal. Was soll ich mit Maynard machen?«
    »Glaubst du, er hat wirklich so viele
Leute, wie er behauptet?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Kannst du ihn abhängen?«
    »Das bezweifle ich. Er kennt sich hier
aus; ich nicht.«
    »Okay, laß mich ein paar Telefonate
führen. Ich rufe dich schnellstens zurück.«
     
    »McCone? Beobachtet Maynard dich noch?«
    »Hm.«
    »Okay, ich habe einen Plan. Ich habe
alles vorbereitet, mit meinem Kumpel — du weißt schon, der, bei dem wir
übernachtet haben; er ist wirklich ein sehr hilfsbereiter Mensch. Das Problem
ist nur, daß du die Nacht dort auf dem Flughafen verbringen mußt.«
    »Ich habe schon Nächte an schlimmeren
Orten zugebracht. Und du weißt ja...«, sagte ich leise lächelnd zu Maynard
hinüber, »...geteiltes Leid ist halbes Leid.«
    »Und du wirst dein Bestes tun, daß er
einen ordentlichen Teil abkriegt. Okay, morgen früh um sieben geht ein
Vanguard-Air-Flug nach Fort Myers. Den habe ich für dich gebucht, und von dort
einen Anschlußflug nach Tampa.«
    »Was soll das bringen? Maynard wird
sich am Abfertigungspodium ein Ticket kaufen und mitfliegen.«
    »Genau das soll er auch. Paß auf, wenn
du in Fort Myers bist, tust du folgendes...«
     
    Der Name Vanguard Air war, gelinde
gesagt, ein wenig hochgegriffen. Unser Avantgarde-Transportmittel war eine
uralte vierundzwanzigsitzige Turboprop, die Art Maschine, in der Passagiere,
die kleine Flugzeuge nicht gewohnt sind, zu stammelnden, zitternden
Nervenbündeln werden. Der Pilot sah aus, als wäre er etwa zwölf Jahre alt;
durch die offene Cockpit-Tür konnte ich ihn im Bedienungshandbuch lesen sehen.
Ein paar Minuten später verkündete er, unser Start werde sich verzögern, da
niemand dahinterkomme, warum sich die Gepäckraumluke nicht schließen lasse.
    Mich kümmerte das alles nicht weiter.
Wenn man in Rückenlage über die Sierra Nevada geflogen ist, kann einen nicht
mehr viel schrecken, und man weiß, daß man in dem Moment, in dem man ein
Flugzeug besteigt, sein Leben dem Zufall, dem Schicksal oder einer höheren
Macht überantwortet — je nachdem, woran man glaubt. Kent Maynard teilte meinen
Stoizismus offensichtlich nicht; in dem Augenblick, da er sich auf seinem Sitz
auf der anderen Seite des Gangs anschnallte, nahm sein Gesicht einen wenig
vorteilhaften Grauton an. Unser rumpelnder, stotternder Start bleichte es
endgültig weiß.
    Das hat er von seiner Sturheit, dachte
ich, während ich mir Habibas Hut in die Stirn zog und die Augen schloß. Hy und
ich hatten richtig kalkuliert: Als Maynard mich mein Ticket am Gate hatte
vorzeigen sehen, hatte er sich unverzüglich selbst eins am Abfertigungspodium
gekauft. Beim Betreten der Kabine hatte er ein bißchen unsicher geguckt: Sie
war zu klein, als daß er die vorgeschriebene Distanz hätte halten können; würde
ich den Piloten alarmieren, so wie ich gedroht hatte, den
Flughafen-Sicherheitsdienst zu rufen? Ich hatte ihm die Sorge genommen, indem
ich freundlich auf den Sitz jenseits des Gangs gedeutet hatte.
    Wohl wissend, daß Maynards Blick auf
mir ruhte, ließ ich die Augen geschlossen. Als ich sie schließlich öffnete,
wirkte er irritiert. Wahrscheinlich dämmerte ihm allmählich, daß ich es ihm
allzu leicht gemacht hatte, mir auf den Fersen zu bleiben. Bald würde ihm
aufgehen, daß ich ihn in eine Situation gelockt hatte, in der es ihm
fünfundvierzig Minuten lang unmöglich war, jemanden von seinen Leuten zu
kontaktieren. Fünfundvierzig Minuten, die Hy und Habiba nutzen konnten, um sich
davonzumachen.
    Fort Myers war wieder ein typischer
Provinzflughafen und ruhig zu dieser frühen Stunde, da kaum Flüge ankamen. Ich
sichtete die Damentoilette, ging hinüber und folgte einer Frau mit einem langen
geblümten Flatterrock, einer dünnen pinkfarbenen Bluse und einem absurden
Schlapphut nach drinnen. Sie nahm sofort den Hut ab, drehte sich um und
streckte mir die Hand hin. »Edie Rosen.«
    »Sharon McCone.«
    Edie Rosen war ungefähr so groß wie ich
und hatte schulterlanges schwarzes Haar, das ähnlich frisiert war wie meins.
Sie

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