Ein wilder und einsamer Ort

Moment lauschend stehen. Aus einem der
Häuser weiter hangabwärts kam Fernsehgemurmel; oben auf dem Hügelkamm bellte
ein Hund monoton vor sich hin. Ich steckte die Pistole in den Bund meiner
Jeans, schlug den Jackenkragen gegen die Kälte hoch und schlitterte hinunter in
den Graben, wo ein kleines Rinnsal über moosglatte Steine floß. Ich ging den
Graben entlang, wobei ich mich an der Böschung abstützte. Als ich die
Plankenbrücke sah, krabbelte ich hinauf und schlug mich in das Wäldchen.
    Bald schon sah ich zwei Lichtrechtecke;
das Frontfenster des Bungalows und ein kleineres Fenster hinten in der
Seitenwand. Ich blieb am Rand des Wäldchens stehen und musterte die
erleuchteten Scheiben; beide waren wie Leinwände in Erwartung des Films. Ich
verharrte ein paar Minuten, roch das ferne Meer unter dem durchdringenderen
Katzenspraygeruch des Eukalyptus.
    Der schwarze Citroen stand vor dem
Bungalow, und das Gerümpel auf der Veranda war ein dunkler Verhau, wo jeder und
alles lauern konnte. Die schwarzen Silhouetten der Pick-ups sahen auch nicht
gerade einladend aus, boten aber ein gutes Versteck, um die Fenster zu
beobachten. Ich sah mich um, sprintete dann zum nächststehenden Pick-up
hinüber, duckte mich in seinen Schatten und musterte abermals das Frontfenster.
    Newton hatte mir gesagt, er benutze
diesen Raum kaum, außer wenn er Besuch habe.
    Nach etwa zehn Minuten glitt ein langer
Schatten von rechts nach links über das heruntergelassene Rollo. Er schien
kleiner zu werden, wuchs dann wieder in die Länge und wanderte in umgekehrter
Richtung zurück. Der Geruch von Holzrauch wehte zu mir herüber.
    Ich sah zum Dach des Bungalows empor.
Über der Stelle, wo der Holzofen sein mußte, befand sich ein metallener Kamin,
aus dem jetzt eine Rauchwolke kam. Jemand hatte das Feuer geschürt. Wer? Und
was hatte das Licht auf der Rückseite zu bedeuten?
    Der andere Pick-up stand näher beim
hinteren Fenster. Ich rannte in seinen Schatten.
    Hinten war ebenfalls das Rollo
heruntergelassen, und das Fenster war vergittert. Ich starrte hin, mußte immer
wieder meine Augen ausruhen, wenn die Schatten der Gitterstäbe mir Streiche zu
spielen begannen. Fünf Minuten. Zehn. Vierzehn...
    Jemand bewegte sich in dem Raum, war
vermutlich gerade hereingekommen. Ein diffuser Schatten wanderte am Fenster
vorbei. Kreuzte es wieder und noch ein drittesmal. Dann tauchte eine zweite
Gestalt auf—größer und weiter links. Die erste Gestalt drehte sich um, und ich
hatte den Eindruck, daß zwischen beiden ein Wortwechsel stattfand. Keine Minute
darauf erlosch das Licht im Raum.
    Ich sah zur Frontseite des Bungalows
hinüber. Im Wohnzimmerfenster schimmerte immer noch Licht. Ich flitzte geduckt
zu dem anderen Pick-up. Erreichte ihn gerade rechtzeitig, um dieselbe lange
Gestalt am Frontfenster vorbeiwandern zu sehen.
    Eine Person, die zu Bett ging, und eine
zweite, die noch aufblieb. Auf jeden Fall zwei Leute im Haus.
    Ich schlich rasch zu meinem MG zurück.
     
    »Was gefunden?« fragte ich Mick
abermals.
    »Ja, aber ich glaube nicht, daß es dir
gefallen wird. Diese Analyse bringt nicht das, was sie soll.«
    »Schieß los.«
    »Okay, ich bin von den Variablen
ausgegangen, die du mir genannt hast: Aufenthalt in San Francisco
neunundachtzig; Aufenthalt in Washington neunzig bis zwoundneunzig; Aufenthalt
in New York neunzig bis zwoundneunzig; Aufenthalt irgendwo im Ausland
dreiundneunzig bis Ende vierundneunzig. Auf dieser Basis kommen nur zwei von
den Leuten, die in den Fall verwickelt sind, in Frage.«
    »Wer?«
    »Der eine ist Langley Newton.«
    Newton der Diplobomber? Nicht besonders
wahrscheinlich, wenn man bedachte, daß er im Moment gerade den Mann bei sich
beherbergte, auf den es der Bomber vorrangig abgesehen hatte.
    »Nein, das gefällt mir allerdings
nicht«, beschied ich Mick, »aber gib mir trotzdem die Details.«
    »Okay, er fing Mitte der achtziger
Jahre an, im Glücksspiel zu arbeiten, und war dort, bis der Laden im
Herbst neunundachtzig verkauft wurde; blieb im Urlaub immer hier in San
Francisco. Nahm dann einen Job bei einer Firma an, die die Essensversorgung auf
Militärbasen managt. War bis einundneunzig in Washington, von einundneunzig bis
zweiundneunzig einschließlich in New Jersey. Verließ dann die Firma und ging zu
einem Franchise-Unternehmen, das sich in Europa etablieren wollte. War
dreiundneunzig und Anfang vierundneunzig in europäischen Ländern, aus denen er
keine Bombenpäckchen hätte schicken können. Paßt