Ein wilder und einsamer Ort
verlegen. Er hatte gedacht, ich meinte ihn. »Ich wußte nicht, ob
die Katze ins Schlafzimmer darf.«
»Dieses Tier ist so verwöhnt, daß es
auch noch am Tisch sitzen dürfte, wenn es Messer und Gabel handhaben könnte.«
Ich drückte Charley auf die Seite, damit er aufhörte, mein Bein zu betatzen.
»Was war mit Adah?«
Der FBI-Mann entspannte sich ein wenig
und legte den Kopf mit den kurzgeschnittenen Haaren an die hohe Rückenlehne;
offenbar beruhigte es ihn, sich offiziellen Dingen zuwenden zu können. »Gestern
abend hat Ed Parkhurst — der FBI-Beamte, der die Sonderkommission leitet — eine
Krisensitzung einberufen. Irgendwie war eine Information ins Techno Web
gesickert, die nur Mitglieder der Sonderkommission oder der Bombenleger selbst
kennen konnten. Sie sind doch ziemlich gut mit Adah befreundet, oder?«
Ich nickte.
»Tja, dann dürfte sie Ihnen ja wohl
erzählt haben, daß sie sich bei diesen Ermittlungen ins Abseits gedrängt fühlt.
Irgendwie kann ich ihr das auch nicht verdenken. Parkhurst meint, daß das FBI
die Sache durchziehen soll, und es hat ihm gar nicht gepaßt, daß das Department
auch in der Kommission vertreten sein wollte. Aber Adah ist nicht die einzige,
die sich ausgebootet fühlt; den Leuten vom ATF und von der Postbehörde geht es
genauso. Sie nimmt es nur persönlicher.«
»Sie ist in letzter Zeit ungewöhnlich
empfindlich«, gab ich zu.
»Und ein bißchen unbeherrscht. Na ja,
ziemlich unbeherrscht. Parkhurst hat sie schon länger im Auge. Also,
jedenfalls, bei dieser Sitzung hat Adah plötzlich festgestellt, daß sie von
diesem Detail, das da ins Web gedrungen ist, gar nicht in Kenntnis gesetzt
wurde. Ich bezweifle, daß das so stimmt. Alle Mitglieder der Sonderkommission
haben ein Info erhalten. Ich schätze, sie hat es nicht gelesen und irgendwie
verlegt. Aber sie ist ausgerastet und hat sich mit Parkhurst angelegt.«
»Oh.« Ich hatte Adah noch nie ausrasten
sehen, aber es überforderte meine Phantasie nicht, mir die Szene vorzustellen.
»Zuerst hat sie Parkhurst beschuldigt,
die Leute vom Department gezielt auszuschließen. Wells, der Mann vom
Bombenkommando, versuchte, ihr zu widersprechen, aber sie hat ihm gesagt, er
soll den Mund halten. Dann hat sie Parkhurst erklärt, er sei unfähig, eine
Sonderkommission zu leiten, er finde ja noch nicht mal seinen eigenen Hintern.
Und dann...« Morland schloß die Augen. »Dann hat sie ihn beschimpft, er sei ein
Macho und ein elitäres Arschloch.«
»Du lieber Gott!«
»Sie verstehen wohl, warum sie sie
suspendiert haben.«
Ich war erschüttert. Sie war über den
Rand gestürzt — und mit ihr ihre Karriere.
Morland erhob sich und tigerte auf und
ab, die Hände hinterm Rücken verschränkt. »Ich konnte es nicht glauben. Ich
habe einfach nur dagesessen und zugeguckt, wie sie ihr Leben in Scherben
gehauen hat. Ich war viel mit ihr zusammen; ich hätte es kommen sehen müssen.
Ich mag sie; ich schätze, ich hätte sie rausschaffen sollen. Aber verdammte
Scheiße, ich konnte es einfach nicht glauben.«
»Es ist nicht Ihre Schuld. Sie selbst
hat das verbockt. Besteht irgendeine Chance, es wieder hinzubiegen?«
»Wie ich Adah kenne, nicht. Sie werden
sie zu einem Psychiater schicken, und Sie können sicher sein, daß das nicht
gutgeht. Sie ist viel zu stolz und zu stur, um vor Parkhurst zu Kreuze zu
kriechen und sich zu entschuldigen, und selbst wenn — ich bezweifle, daß er
ihre Entschuldigung annehmen würde. Nein, diesmal sitzt sie wirklich in der
Tinte.«
Ich streichelte Charley, grub meine
Finger in sein Fell — und seinen Fettwanst. Adah gibt diesem Kater viel zuviel
zu fressen, dachte ich. Er ist wie ein Kind für sie, ein Liebesersatz.
Aber das war nur natürlich. In dieser
Hinsicht hatte meine Freundin Adah wenig genug bekommen. Ihre Eltern, Rupert
und Barbara, waren in Wahrheit ebenfalls ihre Kinder — und Problemkinder
obendrein: exzentrisch, ganz mit sich selbst beschäftigt, launisch. Sie hatte
keine Geschwister, die ihr einen Teil der Verantwortung hätten abnehmen können,
und seit ich sie kannte, war da keine Liebesbeziehung gewesen, die ihr Leben
ein bißchen hätte aufhellen können. Kein Wunder, daß sie Charley für sein
tröstliches Schnurren überreichlich belohnte.
Meine Finger sondierten die Fettpolster
des Katers, bis er sich entzog und einen Laut von sich gab, der eine Kreuzung
aus Fauchen und Rülpsen war. Ich stand auf, klemmte ihn unter den Arm wie einen
zappelnden Kartoffelsack und sagte zu
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