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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Morland: »Ich schaue jetzt besser mal zu
ihr rein.«
     
    Sie lag bäuchlings unter einer
Bettdecke mit einem knalligen Dschungelmuster, den Kopf unter den orange-grünen
Kissen vergraben. Als ich die Tür schloß, spannte sich ihr Körper ein wenig an.
Ich ging an ihr Bett und deponierte Charley in ihrem Kreuz.
»Katzenzustelldienst«, sagte ich. »Macht elf Dollar fünfzig, plus Trinkgeld.«
    Sie schob langsam die Kissen weg und
sah über ihre Schulter. »Ist er weg?«
    »Morland? Nein, er sitzt noch dort
draußen. Vielleicht lockert er demnächst sogar seine Krawatte.«
    »Scheiße.« Sie drehte sich um, und
Charley kugelte von ihr herunter. Er grub die Krallen in die Steppdecke, um
nicht vom Bett zu fallen.
    »Ich habe alles versucht, McCone, aber
er geht einfach nicht. Ich habe ihn angeschrien. Er hat mir Tee gemacht. Ich
habe so getan, als würde ich heulen. Er hat mir eine Schachtel Kleenex
gebracht. Ich habe ihm gesagt, ich würde jetzt eine Schlaftablette nehmen. Er
hat die Packung konfisziert und mir meine Achtunddreißiger weggenommen. Ich
habe gesagt, ich möchte dich sehen. Er hat dich angerufen und ist dann überall
herumgeschlichen. Inzwischen dürfte er die Automatik wohl auch beschlagnahmt
haben. Ich habe mich schlafend gestellt und gebetet, daß du bald kommst.«
    »Er hat angedeutet, du hättest
Selbstmordgedanken.«
    »Ich habe in der Tat mit dem Gedanken
gespielt, mich aufzuhängen, wenn er nicht verschwindet.«
    »Er hat mir auch gesagt, was gestern
abend passiert ist.«
    »Ach, ja?« Sie packte den Kater, der an
der Bettdecke zerrte, und stopfte ihn darunter. Er robbte an ihre Füße und
blieb dort reglos und laut schnurrend liegen.
    »Was hat dich so zum Ausrasten
gebracht?« fragte ich.
    »Was bringt einen schon zum Ausrasten,
verdammmt noch mal?« Sie funkelte mich wütend an, mäßigte sich dann. »Okay, der
Streß ist mir über den Kopf gewachsen. Vielleicht kann ich nicht mehr so gut
damit umgehen. Vielleicht brauche ich Hilfe. Aber um Himmels willen, McCone,
hilf du mir erst mal, indem du Craig hier rausschmeißt! Und bitte, laß ihn
nicht mit meinen Pistolen abhauen.«
    Ich musterte Adah. Sie wirkte sehr cool
für jemanden, dessen Karriere sich gerade in nichts aufgelöst hatte. Schock?
Nein, wohl eher Erleichterung, weil sie endlich mal Dampf abgelassen hatte.
»Okay«, sagte ich.
    Aber ihre Waffen würde ich an mich
nehmen.
     
    Morland wollte nicht gehen. Ich müsse
doch müde sein, meinte er. Ich solle ruhig erst mal heimgehen und Adah seiner
Obhut überlassen. Ich könne ja morgen mit ihr reden, wenn sie sich ebenfalls
ein bißchen erholt habe. Als ich ihm schließlich beigebogen hatte, daß er hier
nicht gebraucht wurde, wollte er die Pistolen in Gewahrsam nehmen. Ich mußte
ihm meine Berechtigung zum Tragen einer Waffe zeigen, ehe er befand, daß er sie
mir anvertrauen konnte. Endlich zog er ab.
    Ich ging wieder ins Schlafzimmer. Adah
lag jetzt auf dem Rücken, einen Charley-großen Huppel auf dem Bauch. Als ich
ihr mit erhobenem Daumen den erfolgreichen Vollzug meiner Mission
signalisierte, setzte sie sich auf, und der Kater rutschte unter der Decke
hervor und landete mit einem Plumps auf dem Fußboden. »Großer Gott, bin ich
froh!« rief sie aus. »Craig hat mich heute ausgiebiger bemuttert als Barbara in
meiner gesamten Kindheit.« Sie stieg aus dem Bett, glättete ihren zerknitterten
Kaftan, stapfte ins Wohnzimmer und sah sich um, als erwartete sie, irgendwelche
lästigen Relikte des FBI-Agenten vorzufinden. »Möchtest du einen Drink?«
    »Ja.«
    »Bier, Wein oder was Härteres?«
    Einen Moment lang erwog ich ernsthaft,
einen Doppelten vom Härtesten, was sie da hatte, zu ordern. Aber dann rief ich
mich zur Ordnung; die Situation war schon bizarr genug. Also schraubte ich
meine Bestellung auf Weißwein herunter. Adah ging, einen optimistischen Charley
auf den Fersen, in Richtung Küche, blieb dann aber kurz stehen und sagte:
»Setzen wir uns raus auf die Terrasse, okay? Ich brauche ein bißchen frische
Luft.«
    Ich nickte, machte kehrt und ging
durchs Schlafzimmer hinaus auf die Dachterrasse, die Adah mit den Bewohnern des
Nachbarapartments teilte. Von hier aus sah man auf einen kleinen Verbindungsweg
und den Garten eines eigentümlichen Hauses in pseudo-bayerischem Stil. Es
gehörte zur Fillmore Street, die rechtwinklig von Adahs Straße abging. Ein
Gewirr von Wein und alten Kletterrosen rankte sich sonnenhungrig über den hohen
Zaun und hing diesseits auf einen

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