Ein wilder und einsamer Ort
befassen.«
»Hat sie auch, aber sie wird es
trotzdem tun.« Grimmig.
»Werden Sie sie anrufen und einen
Termin für mich vereinbaren?«
»Mehr als das — ich werde darauf
bestehen, daß sie Sie empfängt.«
»Gut. Da ist noch etwas, was ich mit
ihr klären muß: diese Schreiben, die sie von dem Bombenleger gekriegt haben —
die Heimlichtuerei muß ein Ende haben; sie muß die Dinger der Sonderkommission
zeigen.«
»Ich stimme Ihnen absolut zu«, sagte er
wieder.
Ich beäugte ihn mißtrauisch. Er schien
an diesem Morgen ungewöhnlich zahm, und ich konnte mich nicht erinnern, daß er
mir je im Lauf eines Gesprächs zweimal zugestimmt hätte. »Ist irgendwas
passiert, wovon ich nichts weiß?«
Er bedeutete der Bedienung, uns Kaffee
nachzuschenken. Als sie wieder ging, sagte er: »Innerhalb der letzten Stunde
ging je eine Bombe per Post bei der azadischen Botschaft in Washington und in
der Wohnung des UN-Botschafters in Manhattan ein. Zum Glück kamen die Dinger
nicht an unseren Leuten vorbei, und die Bombenkommandos konnten sie
entschärfen. Kurz bevor Sie hier ankamen, habe ich per Konferenzruf mit den
Leitern der Bombenkommandos gesprochen, das Signum C. L. befand sich auf beiden
Sprengsätzen. Ich vermute, das Folgeschreiben wird demnächst eingehen.«
Mein Frühstück kam. Ich guckte darauf
und fragte mich, wie ich auf den Gedanken gekommen war, ich könnte so etwas
essen. »Wo sind die Bomben abgeschickt worden?«
»San Francisco, Postamt in der Van
Ness.«
»Demnach hält er sich immer noch in der
Nähe des Konsulats auf.«
»So ist es. Wollen Sie nicht essen?«
»Bedienen Sie sich. Mir ist der Appetit
vergangen.«
Renshaw schaute auf den Teller, als
hätte ich ihm etwas Schimmliges angeboten.
»Und was tun wir jetzt — einfach nur
auf das Schreiben warten?« fragte ich. »Warten, daß er wieder und wieder
zuschlägt?« Renshaws Augen bewegten sich; er kalkulierte im stillen. Dann
nickte er ruhig und entschlossen. »Wann geht Ihr Rückflug?«
»Offen. Der nächste in zehn Minuten.«
»Nehmen Sie ihn.« Er öffnete die Aktenmappe,
die neben ihm lag, und nahm ein Handy heraus. »Ich rufe jetzt Mrs. Hamid an und
ebne Ihnen den Weg. Sobald Sie in San Francisco sind, tun Sie folgendes: Sie
fahren direkt zum Konsulat und sagen ihr, was sie zu tun hat. Wenn sie das Kind
nicht herausrückt, bestehen Sie darauf, es sehen zu dürfen. Spielen Sie das
Zwinker-Spielchen mit der Kleinen, und schaffen Sie sie dort raus. Unsere Leute
werden Ihnen helfen, und ich übernehme die volle Verantwortung. Falls Mrs.
Hamid sich weigert, die Drohbriefe der Sonderkommission zu übergeben, holen Sie
die Kopien aus den Akten in der Green Street und bringen Sie sie selbst hin.
Dann rufen Sie mich unter dieser Nummer an.« Er kritzelte etwas auf die
Rückseite einer seiner Geschäftskarten, die er mir anschließend hinschob.
Ich schlüpfte aus der Sitznische und
eilte in Richtung Boarding-Gate.
Malika Hamid war stinkwütend. Sie
stapfte in ihrer Bibliothek herum, beschwerte sich über Renshaws anmaßendes
Verhalten und untermalte ihr Geschimpfe mit Händeklatschen. Er habe kein Recht,
einfach anzurufen und Forderungen zu stellen. Sie habe ihm klar und deutlich
erklärt, daß sie keinerlei Einmischung meinerseits dulde, was ich also
überhaupt hier zu suchen hätte? Und wie ich es wagen könne, einfach zu
verlangen, ihre Enkeltochter zu sehen.
Ich ließ sie toben.
Ich solle auf der Stelle das
Konsulatsgelände verlassen. Sie werde ihren Vetter, den Botschafter,
benachrichtigen und verlangen, daß er RKI sofort den Auftrag entziehe. Sie
werde Gage Renshaw wegen Nötigung verklagen. Sie werde...
Ich sah zu Khalil Latif hinüber. Der
Handelsattaché hockte auf der Sofakante, und sein nervöser Blick folgte der
Konsulin. Sie hatte ihn schon zweimal mit irgendwelchen Anweisungen aus dem
Zimmer geschickt; er sah aus, als wäre es ihm sehr recht, wenn sie es ein
drittes Mal tun würde. Jedesmal, wenn sie in die Hände klatschte, hopste er vor
Schreck regelrecht in die Höhe. Das Klatschen häufte sich; Latif hopste immer
höher. Gleich würde er vom Sofa schnellen wie ein durchgedrehter Kistenteufel und
auf den Fluren des Konsulats Amok laufen.
Schließlich verstummte Mrs. Hamids
Stimme. Mir wurde klar, daß sie irgendein dramatisches Ultimatum gesetzt haben
mußte, aber ich hatte sie einfach ausgeblendet. Ich sagte: »Ehrlich gesagt, wir
verschwenden hier kostbare Zeit. Unterm Strich läuft das Ganze auf die Frage
hinaus:
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