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Ein Winter mit Baudelaire

Ein Winter mit Baudelaire

Titel: Ein Winter mit Baudelaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Cobert
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bemerkt der Tierarzt, während er Baudelaire streichelt.
    Er kritzelt etwas in ein kleines Heft, das er Philippe aushändigt.
    »Hier, sein Impfpass. Den sollten Sie immer dabei haben, für den Fall, dass ein Polizist Sie danach fragt. Haben Sie einen Maulkorb und eine Leine?«
    »Nein. Warum?«
    »Für die Metro, das ist vorgeschrieben. Wir haben welche im Lager, ich gebe sie Ihnen gleich.«
    »Die Leine, na gut, warum nicht, aber der Maulkorb … Ich bin mir nicht sicher, ob ihm das gefällt …«
    Baudelaire leckt ihm übers Gesicht.
    »Selbst wenn Sie ihm den Maulkorb nicht anziehen, sollten Sie ihn bei sich haben, für alle Fälle, das kann Ihnen ein Bußgeld ersparen.«
    »Er hat recht«, schaltet sich Franck ein. »Ich bin einmal kontrolliert worden, und wenn ich Dalidas Maulkorb nicht dabei gehabt hätte, wäre ich dran gewesen. Und das bei ihrer Größe!«
    Philippe und der Tierarzt wechseln einen Blick.
    »Gut, jetzt noch schnell ein paar kleine Untersuchungen, und wir sind fertig …«
    Der Tierarzt wendet sich wieder zu Baudelaire und fängt an, seinen Hals abzutasten, dann den Rumpf, die Flanken, den Bauch, die Pfoten.
    »Ah …«
    »Was ist denn?«, fragt Philippe mit gerunzelter Stirn.
    Der Tierarzt beendet seine Untersuchung.
    »Kommt es manchmal vor, dass er hinkt?«
    »Ich … vielleicht, darauf habe ich noch nie geachtet. Warum?«
    »Einige Lymphknoten sind leicht entzündet.«
    Philippe starrt ihn an.
    »Auf den ersten Blick nichts Schlimmes, seien Sie un besorgt. Die Lymphknoten reagieren als Abwehr auf alles Mögliche. Aber wenn Ihnen auffällt, dass er hin und wieder hinkt, sollten Sie sofort mit ihm zum Tierarzt gehen.«
    »Warum?«
    »Es könnte ein Hinweis auf beginnenden Lymphknotenkrebs sein.«
    Philippe, Serge und Franck sehen sich an. Baudelaire wedelt hechelnd mit dem Schwanz.
    »Aber machen Sie sich keine Sorgen, im Anfangsstadium ist auch diese Krankheit sehr gut behandelbar.«

Gesellschaft
    Ein Dutzend ehrenamtliche Helfer sind in der Küche und im Speiseraum aktiv. An jedem Tisch sitzt außerdem ein ehrenamtlicher Mitarbeiter und regt die »Passagiere« zu Gesprächen an.
    Vor ein paar Minuten saß Philippe noch bei Laurence Apitz, einer temperamentvollen Frau in den Dreißigern, Sozialarbeiterin, deren Behördenjargon Maschinengewehrqualität hat, und David Kolubbi, Anwalt, ebenfalls in den Dreißigern, Typ verschmitzter Dandy.
    »Aber ja doch«, versicherte ihm die Sozialarbeiterin, »natürlich haben Sie Anspruch auf Sozialhilfe, mit Ihrer Kontosperrung hat das überhaupt nichts zu tun. Außerdem darf dieses Geld keinesfalls gepfändet werden, auch wenn Sie Schulden haben, einen Kredit abbezahlen oder, wie in Ihrem Fall, Unterhaltszahlungen leisten müssen.«
    »Gut, aber wie komme ich an das Geld – ohne Bankkonto?«
    »Ganz einfach: Entweder eröffnen Sie bei der Post ein kostenloses Konto, oder Sie bekommen einen Scheck zugeschickt, den Sie in jeder Poststelle gegen Bargeld einlösen können. Da Sie keinen festen Wohnsitz haben, müssenSie sich nur eine Poststelle in dem Stadtteil aussuchen, in dem Sie sich am häufigsten aufhalten, und dort Ihre Post lagern lassen, dann ist das dortige Sozialamt für Sie zuständig.«
    »…«
    »Kommen Sie«, sagte die Frau und legte energisch einen Stoß Papiere auf den Tisch. »Wir füllen die Formulare zusammen aus. Und da wir schon dabei sind, beantragen wir auch gleich die Krankenversicherung für Bedürftige, dann sind Sie im Krankheitsfall abgesichert.«
    Nachdem sie ihm eine Reihe von Fragen gestellt hatte, rief sie aus: »Aber das ist doch verrückt! … Warum haben Sie nicht schon früher einen Antrag gestellt? Dem Datum nach, an dem Ihre Erwerbstätigkeit geendet hat, hätten Sie seit September Sozialhilfe bekommen können! Plus Weihnachtsgeld!«
    »Na ja, ich habe immer gearbeitet, ich wusste gar nicht, wie … also, worauf ich Anspruch hatte, keinen Anspruch, aber … wie ich überhaupt vorgehen sollte …«
    »Gut, leider lässt sich die Sozialhilfe nicht rückwirkend geltend machen, nur für den laufenden Monat …«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, dass Sie zum Monatsende 454,63 Euro erhalten – und fragen Sie mich bitte nicht, wie die 63 Cent zustande kommen, das macht den Charme unserer Behörden aus –, jedenfalls bekommen Sie das Geld entweder bar oder per Überweisung, je nachdem, wie Sie sich entscheiden. Diesen Betrag erhalten Sie für einen Zeitraum von drei Monaten, danach bekommen Sie eine

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