Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
möchte, dass du die Stellung bekommst, dann werden sie jemanden schicken, um dich zu holen.“ Frank trat unruhig von einem Bein aufs andere. Das lag aber weniger an der Bewegung des Schiffes, als vielmehr an seiner Nervosität. „Es geht mir nicht ums Geld, Millie. Der Herr weiß, dass wir es gut gebrauchen könnten, aber das ist nicht der Grund. Isabelle macht sich Sorgen um dich. Wenn sie wüsste, dass du besser untergebracht bist, dann hätte sie eine Sorge weniger.“
„Ma’am, wenn Sie das da nicht mehr essen, dann tue ich es.“ Ein hochgewachsener Junge starrte auf die zwei Schüsseln in Isabelles Hand.
„Natürlich essen die Damen ihre Suppe noch!“ Frank nahm eine der Schüsseln und drückte sie Millicent in die Hand. „Sie ist warm und sättigend.“
Doch die Suppe war mittlerweile bestenfalls lauwarm.
Isabelle klopfte neben sich auf das Bett, damit Millicent sich wieder zu ihr setzte. „Die Suppe ist nicht mehr heiß, aber ich nehme an, dass wir trotzdem satt werden. Du kennst doch Frank.“ Isabelle schaute ihren Mann bewundernd an. „Er findet in jeder Situation etwas Gutes.“
Millicent musste lachen. „Selbst wenn der Teufel höchstpersönlich hier vorbeikäme, würde Frank noch etwas Gutes an ihm finden.“
„Das habe ich gehört.“ Spielerisch drohte Frank ihr mit dem Finger.
„Es tut mir leid, Frank.“ Millicent versuchte erst gar nicht, ihr Grinsen zu unterdrücken. „Du hättest ihm wahrscheinlich gesagt, dass wir nicht genug Besteck haben, und ihm seine Forke abgeschwatzt.“
Der große Junge lachte. Einige andere um sie herum kicherten.
Keine Privatsphäre. Millicent dachte an Isabelles Bedenken. Gute Manieren und Anstand schrieben vor, dass man die Unterhaltung anderer nicht belauschte. Doch das war in ihrer Situation hier lächerlich und völlig unmöglich.
„Fairweather!“, bellte ein Mann von der Tür aus. Millicent drehte sich zu ihm um. Doch Frank stand direkt vor ihr, deshalb konnte sie nur die Manschetten seiner Uniform und ihr Empfehlungsschreiben in seiner Hand erkennen.
* * *
Arthurs Windel hing ihm lose um die Hüften. Wie ein kleiner Wilder im Dschungel hatte er sonst keine Kleider mehr an. Das Hemdchen, das er getragen hatten, lag jetzt zusammen mit Davids durchnässtem und stinkendem Hemd in der Badewanne. Daniel trug mittlerweile ein sauberes Hemd, traute sich aber nicht mehr, seinen Sohn auf den Arm zu nehmen. Wenn das so weiterging, musste er Mr Tibbs fragen, ob er ihre Wäsche nicht vielleicht doch gleich waschen lassen könnte. Sonst müssten Arthur und er ab morgen Abend nackt wie Eingeborene herumlaufen. „Sohnemann, komm her!“
Arthur nahm das Hasenohr aus dem Mund. „Nein!“ Als Daniel aufstand, lief Arthur auf seinen kleinen Beinchen schnell wie ein Pfeil davon und verschwand unter dem Tisch. Daniel versuchte, ihn zu fangen.
Miss Fairweather wusste, wie man mit seinem Sohn umgehen musste. Ihr letzter Arbeitgeber hatte sie in seinem Empfehlungsschreiben außerordentlich gelobt – vor allem ihren liebevollen und fürsorglichen Umgang mit seinen Töchtern. Trotzdem war sie immer noch jung und hübsch und unverheiratet – alles große Nachteile in seiner Situation. Doch Arthur brauchte ein gutes Kindermädchen, und das war jetzt wichtiger als alles andere. Ganz offensichtlich war er unfähig, sich allein um seinen Sohn zu kümmern. Und die Sicherheit und das Wohlergehen des Kindes sollten ihm doch viel mehr am Herzen liegen als die anzüglichen und grundlosen Verdächtigungen, die die anderen Passagiere über ihn und sein Kindermädchen hegen könnten.
„Arthur, komm sofort wieder heraus!“ Daniel kniete sich hin, hob ärgerlich das Tischtuch hoch und tastete auf gut Glück unter dem Tisch herum. Schon nach so kurzer Zeit liebte Arthur seinen Stoffhasen so sehr, dass Daniel eigentlich nur den Hasen zu fassen bekommen musste. Dann konnte er ihn zusammen mit seinem Sohn unter dem Tisch hervorziehen.
Die Tür ging abrupt auf. Daniel schlug vor Schreck mit dem Hinterkopf gegen die Tischkante, aber seine Finger bekamen im selben Moment ein Stück Stoff zu fassen.
„Ich bitte um Entschuldigung, Sir. Sie hatten mich gebeten, Miss Fairweather ohne anzuklopfen sofort zu Ihnen zu bringen.“
Daniel kroch unter dem Tisch hervor, stand auf und unterdrückte das Bedürfnis, sich den Hinterkopf zu reiben. Wenigstens hatte er Arthur überlistet und sich den Hasen geschnappt. Jeden Moment würde Arthur unter dem Tisch hervorkommen und seinen
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