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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Das ärgerte mich, weil es durchblicken ließ, dass er mir den Job nicht zutraute. Und es erschütterte mich etwas, weil in seiner Weigerung, sich bei seinen Ermittlungen mit irgendwelchem »magischem Scheiß« zu befassen, immer etwas Tröstliches gelegen hatte. Wenn er erst anfing, mich ernst zu nehmen, würde mich das ziemlich unter Druck setzen, seine Erwartungen zu erfüllen.
    »Hab gehört, Lesley ist eurem Verein beigetreten«, sagte er.
    Ganz klassischer Polizeitrick – die 90-Grad-Wendung im Gespräch. Aber er funktionierte nicht, weil ich die Antwort auf diese Frage geübt hatte, seit Nightingale und der Commissioner ihre jüngste »Abmachung« geschlossen hatten.
    »Nicht offiziell. Sie ist auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben.«
    Seawoll schüttelte den Kopf. »Was für eine Verschwendung. Zum Heulen, das.«
    »Na gut, Sir, wie sollen wir es bei dem Fall hier halten?«, fragte ich. »AB übernimmt den Mord und ich die … anderen Sachen?« AB ist der Funkcode für die Polizeistation von Belgravia, wo Seawolls Mordkommission ihren Sitz hatte. Wir von der Polizei benutzen niemals ein normales Wort, wenn es dafür auch einen unverständlichen Jargonausdruck gibt.
    »Nach dem, wie das letztes Mal gelaufen ist?«, fragte er. »Oh nein. Sie kommen als Mitglied unseres Ermittlungsteams zu uns in die Zentrale, damit ich ein verdammtes Auge auf Sie haben kann.«
    Ich sah Stephanopoulos an.
    »Herzlich willkommen«, sagte sie.

3
Ladbroke Grove
    Bei Mordermittlungen geht die Metropolitan Police sehr geradlinig vor – sie hat’s nicht so mit dem Bauchgefühl des Privatschnüfflers oder den komplizierten logischen Schlussfolgerungen des brillanten Detektivs. Nein, die Met wirft lieber die Höchstzahl an verfügbaren Leuten ins Gefecht, und die verfolgen jede mögliche Spur, bis diese vor Erschöpfung zusammenbricht, der Mörder gefasst ist oder der leitende Ermittler an Altersschwäche stirbt. Daher werden Mordermittlungen nicht von eigenwilligen Detective Inspectors mit Drogen-/Beziehungs-/sonstigen psychosozialen Problemen durchgeführt, sondern von einer Horde wahnsinnig ehrgeiziger Detective Constables im ersten wilden Karriererausch. Sie sehen, ich passte da sehr gut rein.
    Um zwanzig nach fünf waren mindestens dreißig von uns in der Station Baker Street versammelt. Aus diesem Massenauflauf nahm ich zwei DCs in meinem Auto nach Ladbroke Grove mit. Stephanopoulos wollte nachkommen. Eine der beiden Detectives in meinem Auto war Sahra Guleed, mit der ich über einer Leiche in Soho Freundschaft geschlossen hatte. Da sie auch bei der Razzia im Strip Club des Dr. Moreau dabei gewesen war, schien sie mir eine gute Wahl für jeglichen abstrusen Scheiß zu sein.
    »Ich bin bei der Angehörigenbetreuung«, erklärte sie, als sie sich auf den Beifahrersitz setzte.
    »Besser Sie als ich«, gab ich zurück.
    Auf den Rücksitz quetschte sich ein fülliger blonder DC. »David Carey. Auch Angehörigenbetreuung.«
    »Falls es eine große Familie ist«, fügte Guleed hinzu.
    Es ist immer wichtig, so schnell wie möglich die Angehörigen des Opfers aufzusuchen, teils weil es eine Sache des Anstands ist, ihnen die Nachricht mitzuteilen, ehe sie sie aus dem Fernsehen erfahren, teils weil es einen Eindruck von Effizienz vermittelt, aber hauptsächlich deshalb, weil man ihnen ins Gesicht sehen will, wenn sie die Nachricht bekommen. Wirkliche Überraschung, Entsetzen und Trauer lassen sich nämlich nur schwer spielen.
    Besser Guleed und Carey als ich.
    Notting Hill liegt etwa drei Kilometer westlich von Baker Street. Wir waren in einer knappen Viertelstunde dort und wären noch schneller gewesen, hätte ich mich nicht kurz vor der Portobello Road verfahren. Zu meiner Verteidigung: Bei Nacht sehen all diese spätviktorianischen Kopien von Regency-Stadtvillen genau gleich aus, und außer zum Karneval bin ich kaum jemals in Notting Hill. Es war auch nicht gerade hilfreich, dass sowohl Guleed als auch Carey ihre Handys auf GPS-Empfang geschaltet hatten und mir abwechselnd widersprüchliche Fahranweisungen gaben. Endlich erblickte ich einen bekannten Orientierungspunkt und parkte vor der Notting Hill Community Church – einer dieser überschäumend ekstatischen Pfingstkirchen, die meine Mum zu den seltenen Gelegenheiten besuchte, wenn ihr mal wieder einfiel, dass sie ja eigentlich Christin war.
    Mein Dad betrat nur dann eine Kirche, wenn er die Worship-Band gut fand – Sie können sich vorstellen, wie oft das vorkam. Als ich noch

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