Ein zahnharter Auftrag
Schokopuder. Dirk van Kombast runzelte die Stirn. Er setzte das Fernglas ab und putzte es mit dem Ärmel seines flauschigen cremefarbenen Bademantels. Er sah erneut hindurch. Die Flecken waren verschwunden. Dafür huschte ein schwarzer Punkt vorbei. Schnell stellte Dirk van Kombast das Fernglas scharf. Der schwarze Punkt war ein Vogel. Welcher, wusste Dirk van Kombast nicht genau. Ein Pinguin und ein Flamingo waren es nicht. Da war er sich sicher.
Dirk van Kombast verfolgte den Vogel mit dem Fernglas. Plötzlich schob sich ein entsetzliches Gesicht vor die Linse. Beinahe ließ Dirk van Kombast das Fernglas fallen. Es wackelte bedrohlich. Doch er umklammerte es mit feuchten Händen und hielt dem schauerlichen Anblick stand. Das grobe, kantige Gesicht war von einer enormen Lockenmähne umrahmt, die wie ein Helm aussah. Die Wangen waren leicht eingefallen, die Stirn hoch. Die Augen standen dicht beieinander und lagen tief in den Augenhöhlen. Ein Auge war grün, das andere orange.
Vor dem grünen Auge klemmte ein Monokel. Der Mund war groß und halb geöffnet. Zwei gigantische, spitze Eckzähne ragten heraus. Zwischen den Vorderzähnen klemmte eine Fliege. Sie zappelte. Auf einmal schoss eine spitze dunkelrote Zunge aus dem Mund und fuhr über die Vorderzähne. Die Fliege war weg.
In Dirk van Kombasts Hals krabbelte es. Er musste würgen. Er setzte das Fernglas ab und nahm schnell einen Schluck Wohlfühltee, der zum Eistee abgekühlt war. Dann sah er sofort wieder in den Himmel. Jetzt konnte er das schaurige Flugobjekt auch ohne Fernglas deutlich erkennen. Es gab keinen Zweifel. Das war einer der seltsamen Besucher der Nachbarn. Neben ihm flog Mihai Tepes. Zwischen ihnen saß ein Mädchen auf einer Klobrille. Kurz dahinter flogen die Nachbarstöchter. Sie hatten einen Jungen als Fluggast zwischen sich. Er sah sehr blass aus.
Dirk van Kombast legte das Fernglas zur Seite und rieb sich die Hände. Er verharrte auf der Campingliege, bis die bizarre Flugmannschaft gelandet war. Leider nicht auf der Terrasse, sondern auf dem Dach des Reihenhauses Nummer 23.
Er stellte sich hinter einen Säulenwacholder. Sie hatten ungefähr die gleiche Figur. Dirk van Kombast grub mit den Händen ein Guckloch durch das Grün. Wie durch ein Bullauge spähte er hinauf aufs Dach der Nachbarn. Er sah, dass Dakaria Tepes eine durchsichtige Box aus der Kängurutasche ihres Sweatshirts zog. In der Box lag eine dunkelgrüne Pflanze mit spitzen schwarz-roten Blättern. Dakaria winkte mit der Box Elvira Tepes zu, die ihren Kopf durch die Dachluke steckte.
»Die Germania Dracona«, flüsterte Dirk van Kombast. Die Mädchen hatten es also tatsächlich geschafft.
Dakaria Tepes verschwand nach ein paar Minuten samt Box und Germania Dracona in der Dachluke. Vor Dakaria ging Mihai Tepes. Hinter Dakaria ging Vlad Tepes. Das Nachbarsmädchen war wie von Bodyguards umgeben.
Dirk van Kombast schlug sich mit der Faust in die flache Hand. Er fluchte leise. Er kam nicht an die Germania Dracona heran. Nicht jetzt. Doch das würde sich ändern. Die Tepes wussten nichts von Dirk van Kombasts Plan. Sie würden unvorsichtig sein. Sie würden einen Fehler begehen. Die Gelegenheit würde kommen. So sicher wie der nächste Morgen. Dann würde Dirk van Kombast seinen Plan umsetzen: Er würde die Germania Dracona zerstören. Und somit alle Vampire auslöschen. Für immer.
Ausgekocht
M einst du, es ist fertig?«, fragte Daka. Sie hing den Kopf über den großen Kochtopf und roch. Im Topf schwammen die Überreste der Germania Dracona. Die einst gewaltigen Wurzeln sahen aus wie labberige Algen. Der Pflanzensaft war gelblich-grün. Er roch nicht gut. Aber immerhin besser als die Pflanze selbst.
Silvania betrachtete den Inhalt des Kochtopfs kritisch. »Sieht ziemlich zerkocht aus«, urteilte sie schließlich. »Füllen wir den Pflanzentrunk um.« Sie holte eine große Karaffe und stellte sie auf den Küchentisch.
Daka und Silvania zogen sich jeweils einen Topfhandschuh an. Vorsichtig gossen sie den heißen Pflanzensaft in die Karaffe. Dampf stieg auf. Die Karaffe beschlug.
Silvania drehte den Kopf zur Seite.
Daka kräuselte die Nase.
Der Pflanzentrunk war nichts für Feinschmecker. Zum Glück mussten die Vampire nur damit gurgeln.
Daka und Silvania hatten sich nach drei Stunden Schlaf sofort an die Arbeit gemacht. Als Halbvampire waren sie die Einzigen, die die Germania Dracona zerkochen konnten. Unter Einhaltung höchster Sicherheitsvorschriften.
Helene und
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