Ein zauberhafter Liebesschwindel - The Importance of being Married / 01 The Wild Trilogy
Feier zu Ehren von Oma zu verwandeln. Sie erschien in einem blassrosa Kostüm, lächelte und sagte, dass niemand bei einem Begräbnis Schwarz tragen sollte. Sie hielt die ganze Zeit über meine Hand und reichte mir ein Taschentuch, als ich zu meinem Erstaunen in Tränen ausbrach. »Sie hat dich geliebt«, flüsterte Grace, als der Sarg mit Omas sterblichen Überresten in das offene Grab hinuntergelassen wurde. »Wenn du nicht da warst, hat sie ununterbrochen von dir geredet. Sie war so stolz auf dich.«
Ich war zwar nicht sicher, ob das stimmte, aber es war so nett zu hören.
Natürlich bot ich Grace an, die Schulden zurückzuzahlen. Aber sie lehnte immer ab. Geld spiele keine Rolle, sagte sie. Das Einzige, was zähle, seien die Menschen, ihre Gesellschaft, gemeinsam lachen zu können und die Liebe. Und sie betonte, wie schön sie es fände, wenn ich sie ab und zu besuchen käme, sofern ich nicht zu beschäftigt wäre. Also beteuerte ich, dass ich natürlich nicht zu beschäftigt wäre und gern käme.
Das war auch der Grund, weshalb ich nur wenige Tage nach Omas Begräbnis nach Sunnymead fuhr. Und in der Woche darauf ebenfalls.
Sie müssen wissen, dass Grace ganz anders war als Oma und ich einen Besuch bei ihr keineswegs als lästige Pflicht empfand, sondern eher als einen Abstecher, um eine Freundin zu sehen. Irgendwann fiel mir auf, dass ich mich darauf freute, durch die Flure in Sunnymead zu gehen, neben Grace zu sitzen und fernzusehen, gemeinsam mit ihr eine Zeitschrift durchzublättern oder über ihre Lieblingsbücher zu plaudern. Sie erzählte mir von ihrer Kindheit – von Sudbury Grange, dem Haus, in dem sie aufgewachsen war und das sich seit Generationen im Besitz ihrer Familie befand. Es war ein weitläufiges Anwesen auf dem Land, erzählte sie, voll enger Flure und Nischen und von einem riesigen Garten umgeben, wo sie und ihre Brüder im Sommer immer spielten.
Ich lauschte gespannt und fragte mich, wie es gewesen sein mochte, an einem solchen Ort zu leben, mit Brüdern und Hunden und Freunden, mit Versteckenspielen und Bäumen, auf die man klettern konnte. Selbst ohne Opa war Omas Haus klein und eng gewesen (Opa verschwand eine Woche nach meinem Einzug – er hatte eine Affäre, erzählte Oma mir später bei seinem Begräbnis. Gerade mal ein Jahr hätte er ohne sie gelebt, betonte sie spitz, so dass es klang, als hätte er seine Krebserkrankung selbst heraufbeschworen, aber mein Eintreffen hätte ihn endgültig vergrault). Meine wenigen Spielsachen durfte ich nicht aus dem Kinderzimmer nehmen, damit sie den wenigen Platz nicht mit Beschlag belegten. Dies sei kein Haus für ein Kind, erklärte Oma stets in einer Art, die mir unmissverständlich klarmachte, dass ich ein Eindringling war. Es war kein Haus, in dem Platz für schallendes Gelächter, Freudenschreie, Spiele oder laute Musik war. Omas Haus war ein Ort zum Nachdenken, zum Stillsitzen. Stille, sagte Oma immer, sei etwas überaus Wertvolles. Freunden könne man nicht über den Weg trauen, Männer ließen einen sowieso nur im Stich, aber auf sich selbst könne man jederzeit zählen. Wenn man sich selbst genug sei, garantiere dies ein zufriedenes Leben. Und Zufriedenheit sei ein guter Daseinszustand, fügte sie hinzu. Zufriedenheit, mehr könne man sich nicht erhoffen vom Leben.
Grace hingegen hatte mit Einsamkeit nichts am Hut. Sie liebte Menschen, Trubel und Klatsch. Und ich entwickelte im Lauf der Zeit ein Gefühl liebevoller Vertrautheit für sie. Wann immer ich sie besuchte, war ich ein wenig glücklicher, fühlte mich ein wenig wohler in meiner Haut. Sie schien sich sehr dafür zu interessieren, was ich zu sagen hatte, erinnerte sich an Dinge, die ich in der Vorwoche erzählt hatte, und gab mir nie das Gefühl, ich sei unmöglich oder eine Versagerin. Stattdessen vermittelte sie mir das Gefühl, dass alles grundsätzlich möglich ist. Sie war die geborene Optimistin - ganz im Gegensatz zu Oma, die stets davon ausging, dass alles ein Misserfolg war. Und auch wenn Grace ein wenig zu fixiert auf mein Liebesleben (beziehungsweise den Mangel daran) sein mochte, war das nicht weiter schlimm. Dachte ich zumindest.
Normalerweise zeigte sich Graces Fixierung etwa nach der ersten Hälfte meines Besuchs, wenn sie fragte, ob es jemand Bestimmtes in meinem Leben gäbe. Dann zauberte ich ein leicht ungläubiges Lächeln auf mein Gesicht, ehe ich rasch das Thema wechselte, weil ich sie nicht mit einer Bemerkung, ein Mann sei im Moment so ziemlich das
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