Ein zauberhafter Liebesschwindel - The Importance of being Married / 01 The Wild Trilogy
kleinen Ecktisch gab. Meine Verlegenheit, die mich bereits beim Verlassen des Büros befallen hatte, erreichte eine neue Stufe. Der Tisch war so klein, dass sich unsere Knie beinahe berührten. Anthony Milton und ich.
Kaum hatten wir uns hingesetzt, zog Anthony ein Päckchen Zigaretten heraus.
»Hast du etwas dagegen?«, fragte er, als er meinen Blick bemerkte. »Ich muss nicht unbedingt rauchen.«
»Nein«, wiegelte ich eilig ab. »Nein, kein Problem.«
»Was für eine Erleichterung.« Anthony zündete zwei Zigaretten an, reichte mir eine davon und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Die Leute führen sich immer so auf wegen der Raucherei, oder? Ich meine, noch ein paar Monate, dann darf man das hier ohnehin nicht mehr. Niemand darf sich mehr irgendwo amüsieren. Ich meine, würde Pulp Fiction ohne Zigaretten etwas taugen? Hätte Camus so tolle Bücher geschrieben, wenn man ihm verboten hätte, in den Cafés am linken Seineufer zu sitzen und dem Nikotingenuss zu frönen?«
Die Erwähnung von Camus verblüffte mich ebenso wie die Zigarette, die ich sofort wieder ausdrückte.
»Du magst Camus?«
Seine Mundwinkel hoben sich leicht. »Kommt drauf an. Und du?«
Ich nickte. »Ja, sogar gern. Ich halte De r Fremde für einen der besten existenzialistischen Texte überhaupt.«
»Verstehe. In diesem Fall muss ich zugeben, dass ich noch nie eine Seite von ihm gelesen habe. Ich hatte gehofft, du auch nicht. Dann wäre ich davongekommen mit meiner kühnen Behauptung.«
Er grinste, worauf ich ihn verunsichert ansah. »Und Pulp Fiction ?«
» Den habe ich gesehen. Und toll gefunden.«
»Ich auch.« Ich lächelte nervös.
»Tja, dann haben wir ja immerhin eine Gemeinsamkeit. Also, Jessica, was würdest du denn gern essen? Du bist doch nicht etwa Vegetarierin oder so was, oder?«
»Vegetarierin? Ich? Nein, bestimmt nicht.« Ich griff nach der Speisekarte und entspannte mich ein wenig.
»Das freut mich zu hören. Das Steak hier ist ein Gedicht, also, was meinst du?«
»Klingt toll!«
Anthony rief den Kellner und bestellte – einschließlich einer Flasche Rotwein. Dann wandte er sich mir wieder zu.
»Du wirst mir helfen müssen, die leer zu kriegen, das ist dir klar, oder?«, meinte er grinsend. »Wir wollen schließlich nicht dasselbe erleben wie am Freitagabend, oder?«
Ich lächelte. »Nein. Nein, das wollen wir nicht.«
Anthony nickte. Verlegene Stille senkte sich über den Tisch.
»Ich habe später einen Termin bei Max wegen des Jarvis-Projekts«, sagte ich nach ein, zwei Minuten. Brillante Gesprächsführung. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie aufregend ich es finde, dieses Projekt zu betreuen. Es ist wirklich eine tolle Gelegenheit für mich.«
»Ja, ist es«, bestätigte Anthony. »Aber das ist Arbeit, und wir sind hier beim Mittagessen, also werden wir uns erst darüber unterhalten, wenn wir wieder im Büro sind. Okay?«
»Okay«, stimmte ich zu. »Nichts über die Arbeit.«
Wieder entstand eine bedeutungsschwangere Pause.
»Es war heute ganz schön kalt, was?«, hörte ich mich fragen.
»Ehrlich?«, erwiderte Anthony stirnrunzelnd. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
Ich schluckte verlegen. Gott, ich war so langweilig. Aber wenn ich nicht über die Arbeit reden durfte, was gab es sonst für Themen?
Ich griff wieder nach der Speisekarte. Meine Augen flogen über die Worte, ohne ihren Sinn zu erfassen. Und dann hörte ich mit einem Mal eine Stimme in meinem Kopf. Du musst Fragen stellen. Du musst alles faszinierend finden, was er sagt.
Nervös blickte ich auf. Das würde nie im Leben funktionieren. Nicht in einer Million Jahren. Ich wollte nicht, dass es funktionierte – ich kam mir vor wie eine Stewardess aus den Sechzigern. Nicht, dass die Zahl meiner Alternativen so groß gewesen wäre. Ich räusperte mich erneut. »Du … äh … du musst sehr stolz auf das sein, was du mit Milton Advertising geschaffen hast«, sagte ich. »Ich würde gern mehr darüberhören, wiedueinesoerfolgreicheFirmaaufgebauthast.«
Anthony hob eine Braue. »Wirklich?«
»O ja.« Meine Stimme klang völlig aufgesetzt. Absolut lächerlich. Ich wusste es. Anthony würde mich für komplett irre halten, ganz schnell aufessen und …
»Tja, wenn das so ist … Mit dem größten Vergnügen.«
»Wirklich?«, fragte ich leicht erschrocken. »Ich meine … würdest du das wirklich tun?«
Anthony musterte mich fragend. »Interessiert es dich ernsthaft?«
»Klar. Und wie.«
»Tja, dann.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl
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