Ein zauberhafter Liebesschwindel - The Importance of being Married / 01 The Wild Trilogy
von Männern abhängig machten, so konnte ich den Reiz inzwischen jedoch durchaus nachvollziehen.
»Tja, ich hoffe, du hast Hunger. Hier ist es nämlich«, sagte Anthony und hielt mir die Tür auf.
Ich ging ihm voraus und sah mich neugierig um. Das Restaurant war winzig, höchstens zehn oder zwölf dicht gedrängte Tische, zwischen denen die Kellner umherjonglierten. Und es schien allen Ernstes mehr Personal zu geben als Gäste.
Ein kleiner stämmiger Mann kam sofort auf uns zu.
»Ich fürchte, wir haben keine Reservierung«, sagte Anthony mit einem entwaffnenden Lächeln. »Aber ich habe Jess die ganze Zeit von Ihrem wunderbaren Restaurant vorgeschwärmt – ich war vor etwa einem Jahr das letzte Mal hier –, und wenn Sie uns irgendwo reinquetschen könnten, würden Sie uns den Abend retten.«
Der Mann lächelte und ließ den Blick durchs Restaurant schweifen. »Das wird nicht einfach werden«, erklärte er mit unüberhörbarem italienischen Akzent. »Aber ich schaue einmal, was ich tun kann, ja?«
»Habe ich es dir nicht gleich gesagt? Das beste Restaurant in ganz London«, sagte Anthony laut und zwinkerte mir zu. Sekunden später wurde ein weiterer Tisch hereingetragen und Platz am Fenster gemacht.
»Bitte«, sagte der Oberkellner und rückte meinen Stuhl zurecht. »Bitte sehr.«
Ich setzte mich, während mir Ivanas Ratschlag wieder in den Sinn kam. Zeig dich beeindruckt. Gib ihm das Gefühl, ein ganz toller Hecht zu sein . »Das war unglaublich«, schwärmte ich deshalb pflichtschuldigst.
Anthony grinste. »Mit ein wenig Schmeichelei erreicht man eine ganze Menge bei den Leuten«, erklärte er wissend. »Das darfst du nie vergessen.«
»Das werde ich nicht.« Ich gestattete mir den Anflug eines Lächelns. »Ganz bestimmt nicht.«
Während Anthony die Speisekarte inspizierte, ließ ich den Blick durch den Raum statt über das Menü schweifen. Es war eines jener Restaurants, in dem man nachgeschenkt bekam, sobald man auch nur an seinem Weinglas genippt hatte. Wo man mit »Sir« und »Madam« angesprochen und für die ausgezeichnete Wahl des Weins gelobt wurde, auch wenn man ihn nur genommen hatte, weil einem der Name so gut gefiel.
»Tja«, meinte Anthony, nachdem wir bestellt hatten. »Erzähl mir ein bisschen mehr von Jessica. Der richtigen Jessica, meine ich. Nicht von dem braven, scheuen Reh – das kenne ich ja schon aus dem Büro.«
»Reh?« Ich runzelte die Stirn.
»Das wie gebannt in die Scheinwerfer starrt«, erklärte er. »Du wirkst immer so ernst und sorgenvoll. Aber jetzt lerne ich deine andere Seite kennen und muss sagen, sie gefällt mir.«
»Meine … andere Seite?«, wiederholte ich verunsichert. »Jessica, die Wilde.« Anthony grinste. »Die Jessica, die bei Präsentationen so richtig auf den Pudding haut, die zum Mittagessen eine ganze Flasche Wein trinken kann und so tut, als wäre sie kein Partytier, dann aber die angesagtesten Bars von Islington kennt. Erzähl mir mehr von ihr.«
»Oh, ja, tja, ich weiß nicht …« Ich wurde rot. Ich musste dringend das Thema wechseln – auf diesem Terrain wimmelte es nur so von Landminen. Rede auf keinen Fall über dich selbst. Widersprich ihm nicht . »Ich meine, da gibt es nicht viel zu erzählen. Aber du … Bestimmt hast du eine Menge Geschichten zu erzählen. Über all deine Freundinnen zum Beispiel.«
Ich sah ihn hoffnungsvoll an, worauf er lachte. »Du willst dir nicht wirklich Geschichten meiner Freundinnen anhören, oder?«
Eigentlich nicht, dachte ich.
»Doch«, sagte ich. »Das möchte ich.«
»Wirklich?« Er sah mich ungläubig an, dann zuckte er die Achseln. »Also gut.« Seine Mundwinkel hoben sich, und ein Funkeln erschien in seinen Augen. »Aber das bestärkt mich nur noch in meinem Eindruck von dir, Jessica Wild. Du bist ganz anders als all die Frauen, mit denen ich bisher das Vergnügen hatte. Also, soll ich ganz von vorne anfangen und mich dann langsam bis heute Abend vorarbeiten? Oder hättest du das Pferd gern von hinten aufgezäumt? Soll ich lieber mit der letzten anfangen und dann rückwärts erzählen?
»Was dir lieber ist«, antwortete ich und lächelte strahlend, ohne dabei zu viele Zähne zu entblößen. »Mir ist es völlig egal.«
Es dauerte das gesamte Abendessen, die Liste seiner Verflossenen durchzukauen. Am Ende war ich bei zweiundvierzig, aber möglicherweise war mir die eine oder andere entschlüpft.
»Und du wolltest nie mit einer länger zusammenbleiben?«, fragte ich, mittlerweile aufrichtig
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