Ein Zirkus für die Sterne
dunkel sein, bis die Vorstellung vorbei ist. Ich hoffe, dieser Ahngarier aus dem Palast taucht demnächst hier auf.« O’Hara wandte sich zum Gehen.
»Mr. John, was soll ich machen?«
O’Hara blieb stehen, rieb sich das Kinn und ließ die Hand seitlich herabsinken: »Nimm dir einfach einen von Entenfuß’ Zahnstochern und halte dich mit der Irischen Brigade bereit – die brauchen dich vielleicht.«
Rattenmann und die Zirkusarbeiter standen in der Dunkelheit bei den Artisten, die ihren Auftritt hinter sich hatten. Alle waren mit einem von Entenfuß’ Zahnstochern ausgerüstet, den mehr als einen Meter langen Pfählen aus Hartholz. Ein Clown in voller Maske näherte sich der Gruppe, nahm sich einen Zeltpfahl vom Wagen und trat zu Rattenmann. Der Clown murmelte leise vor sich hin.
Rattenmann nickte zum Hauptzelt hin. »Begeistertes Haus, Cholly?« Der Clown zog ein finsteres Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich habe schon vor besseren Zuschauern gespielt, das kann ich dir sagen.« Der Clown lehnte die Stange gegen sein Bein und streckte die Hände aus. Sie zitterten. »Sieh dir das an, Ratte. Sieh dir’s an!« Cholly ließ die Hände sinken. »Es war schrecklich, dieses Publikum, still wie der Tod – sie starren von ihren Plätzen auf dich runter und zucken nicht mal mit der Wimper.« Der Clown schlug die Stange in seine linke Handfläche. »Ich hoffe, daß sie irgendwas anfangen, Ratte, ich muß Dampf ablassen.«
»Wie steht’s mit den andern?«
Cholly schüttelte den Kopf. »Ein paar sind gerade im Clownszelt – sie weinen! Stenny, der den August am Anfang macht, hat versucht, sich ein Loch ins Hirn zu schießen.« Cholly zuckte mit den Schultern: »Stenny konnte im Zelt nur eine Wasserpistole finden. Wir lassen ihn von Knochenbrecher bewachen.«
»So was hab’ ich noch nie erlebt«, seufzte Rattenmann.
»Du weißt doch, daß Sam immer zu den Zuschauern sagt, sie müßten ganz still sein, wenn die Riettas ihre Pyramide auf dem Hochseil machen?«
»Ja.«
»Es war schon so totenstill, daß Sam sich die Mühe gespart hat. Aber die Stille war so schwer, daß Paul – der Alte selbst! – dermaßen nervös wurde, daß er beinahe vom Seil gefallen wäre.« Cholly knallte die Stange in seine offene Hand. »Sie sollen nur anfangen!«
Sie hörten alle, wie das Orchester das Tempo wechselte, und Entenfuß baute sich vor ihnen auf und schwang einen seiner Zahnstocher. »Ihr alle! Die Kapelle macht Schluß, also haltet euch bereit.«
Rattenmann trat vor. »Entenfuß, ist dieser Kerl aus dem Palast hier aufgetaucht?«
Der Zeltboß nickte. »Vor ein paar Minuten.« Er deutete auf die Lichter am Haupteingang. »Ist mit dem Direktor da reingegangen.« Entenfuß lauschte auf die Melodie. »Okay, es geht los!«
Jeder ergriff fest seine Stange und spannte erwartungsvoll alle Kräfte an. Die Musik hörte auf, und Totenstille folgte. Rattenmann spürte, wie ihm der Schweiß auf der Stirn stand. Dann folgte das Geräusch vieler Füße, die sich aus den Sitzreihen wegbewegten. Der Direktor erschien mit einem Ahngarier im Haupteingang, winkte zum Abschied und wandte sich der Gruppe bewaffneter Zirkusleute zu, die im Dunkel wartete. »Ihr alle geht jetzt ins Spielzelt – und laßt die Zahnstocher draußen!« Verwirrtes Blickewechseln. »Los! Bewegt euch! Wir haben nicht die ganze Nacht!«
Rattenmann ließ die Stange fallen, die andern taten es ihm gleich. Er schritt neben dem Direktor einher, der die ganze Prozession in das große Zelt führte. »Mr. John, was bedeutet das?«
»Rattenmann, du wirst es erst glauben, wenn du es siehst.«
Als sie bei den untersten Sitzreihen angelangt waren, sah Rattenmann, daß die stocksteifen Ahngarier noch die hinteren Reihen und eine ganze Seite der Galerie besetzt hielten, während
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